Liebe Pilzfreunde,
in Österreich habe ich heute (20.05.2016) einen - wie ich finde - ganz spannenden Pilz an Holz gefunden. Es sind insgesamt 3 Fruchtkörper. So einen habe ich noch niemals gesehen und kann mich auch nicht an Fotos in Pilzbestimmungsbüchern erinner, die dem Fund ähneln.
Habitat: Holzlagerplatz in 1100 m Seehöhe
Substrat: Schalholz, höchstwahrscheinlich Nadelholz (nach Auskunft eines älteren Herren, der hier den Wegewart macht)
Konsistenz: sehr korkig
Ablösen vom Substrat: leicht
Geruch: leicht säuerlich
Beleg: vorhanden
Hier die drei FK auf dem Schalholz:
Der mit rotem Pfeil gekennzeichnete FK hat folgende Größe (gemessen): 3,8 cm lang x 2,0 cm breit x gut 1 cm hoch
Etwas näher heran:
Die Oberfläche ist rundum mit tiefgehenden Poren strukturiert, erinnert ein bißchen an Wirrling "verkehrtherum".
Der rund FK (Durchmesser 1,5 cm) in Nahansicht:
Schnittbild durch den runden FK (absichtlich etwas überbelichtet):
die wirre Porenschicht hat eine Dicke/Tiefe von 3 - 4 mm
Beim Schneiden war festzustellen, dass der FK sehr korkig war. Es war ein superscharfes Messer, aber ich musste mit der anderen Hand mitdrücken, um den Fruchtkörper durchzuschneiden.
Und nun noch der 3. FK in der Seitenansicht:
Das sieht ganz danach aus, als ob diese Art zunächst in einzelnen, rundlichen Fruchtkörpern wächst und dann zusammenwächst.
Ich habe blöderweise nur den GMINDER mit, den LAUX daheim vergessen . Die dunklen Stellen auf den Fk legen nahe, dass die Art auf Druck dunkelt, vermutlich mit größerer Zeitverzögerung? Beim Drucktest war jedenfalls keine Farbveränderung feststellbar.
Ich habe nicht den blassesten Schimmer, in welche Richtung oder gar Gattung das geht. Habt ihr eine Idee?
Ich bin sehr gespannt!
unbekannte Aphylloporales aus AT
Moderator: Harry
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unbekannte Aphylloporales aus AT
Liebe Grüße Sabine
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Der Mensch muss sich in die Natur schicken;
aber er will, dass sie sich in ihn schicken soll.
Immanuel Kant (1724 - 1804)
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- Harry
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Re: unbekannte Aphylloporales aus AT
Liebe Sabine,
puuh, das ist eine ziemlich harte Nuss. So was ist mir in unseren Wäldern noch nicht begegnet. In welche Richtung sucht man da am besten? Ich dachte da Androdia oder Androdiella. An Nadelholz kommt eine Androdia heteromorpha ( Vielgestaltige Tramete ) vor. Aber wie der Name schon erahnen lässt ist diese Art ein wahrer Verwandlungskünstler. Wenn man Bilder im Internet vergleicht soll man gar nicht meinen dass das alles nur eine Art ist. Am ehesten passen die Abbildungen hier oder hier. Androdia heteromorpha ist aber überall heller abgebildet. Für möglich halte ich es das deine Fruchtkörper schon älter und daher dunkler sind.
Das alles ist jetzt nicht viel mehr als mit einer langen Stange im Nebel herum gestochert, also reine Spekulationen. Möglicherweise liege ich mit der Gattung schon voll daneben.
Vielleicht meldet sich ja noch jemand der von Pilzen an Holz mehr Ahnung hat als ich. Bin auch schon sehr gespannt.
liebe Grüße
Harry
puuh, das ist eine ziemlich harte Nuss. So was ist mir in unseren Wäldern noch nicht begegnet. In welche Richtung sucht man da am besten? Ich dachte da Androdia oder Androdiella. An Nadelholz kommt eine Androdia heteromorpha ( Vielgestaltige Tramete ) vor. Aber wie der Name schon erahnen lässt ist diese Art ein wahrer Verwandlungskünstler. Wenn man Bilder im Internet vergleicht soll man gar nicht meinen dass das alles nur eine Art ist. Am ehesten passen die Abbildungen hier oder hier. Androdia heteromorpha ist aber überall heller abgebildet. Für möglich halte ich es das deine Fruchtkörper schon älter und daher dunkler sind.
Das alles ist jetzt nicht viel mehr als mit einer langen Stange im Nebel herum gestochert, also reine Spekulationen. Möglicherweise liege ich mit der Gattung schon voll daneben.
Vielleicht meldet sich ja noch jemand der von Pilzen an Holz mehr Ahnung hat als ich. Bin auch schon sehr gespannt.
liebe Grüße
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
Re: unbekannte Aphylloporales aus AT
Liebe Sabine,
in der Tat geben deine seltsamen Gebilde Rätsel auf, die aber zu lösen sind. Es handelt sich nämlich um die abnorme Fruchtkörperbildung einer relativ häufigen an Nadelholz vorkommenden Polyporacee. Der Name: Zaun-Blättling (Gloeophyllum sepiarium). Unter diesem Namen erwartet man normalerweise eine flache, filzig borstige Konsole mit lamellenartiger Hymeniumstruktur unterseits. Unter besonderen Bedingungen (z.B. bei lichtarmem Aufwuchs) kann es aber zu abnormen Fruchtkörperbildungen kommen, wobei auch das Hymenium untypisch und resupinat ausgebildet wird. Zu solchen Pilzen, die eine Neigung zu derartigen Fehlbildungen zeigen, gehören in besonderem Maße Blättlingsarten (nachzulesen in Michael//Henning/Kreisel, Handbuch für Pilzfreunde, Bd. 3). - Der Zaun-Blättling ist im übrigen ein übler Holzzerstörer, der lange Trockenzeiten überdauern kann und dann weiter wächst, wenn er wieder Feuchtigkeit aufgenommen hat. Er kommt daher auch an verbautem Nadelholz, lagerndem Schnittholz und natürlich auch im Wald an Kiefer- und Fichten-Stubben vor. Über die "Gefährlichkeit" des Pilzes haben wir kürzlich hier in Wolfenbüttel ein eklatantes Beispiel erfahren müssen. So ist ein Balkon mit 10 feiernden Studenten plötzlich in die Tiefe gekracht. Urheber: Zaun-Blättling.
Mit Grüßen aus dem eben genannten schönen Wolfenbüttel, Heinz
in der Tat geben deine seltsamen Gebilde Rätsel auf, die aber zu lösen sind. Es handelt sich nämlich um die abnorme Fruchtkörperbildung einer relativ häufigen an Nadelholz vorkommenden Polyporacee. Der Name: Zaun-Blättling (Gloeophyllum sepiarium). Unter diesem Namen erwartet man normalerweise eine flache, filzig borstige Konsole mit lamellenartiger Hymeniumstruktur unterseits. Unter besonderen Bedingungen (z.B. bei lichtarmem Aufwuchs) kann es aber zu abnormen Fruchtkörperbildungen kommen, wobei auch das Hymenium untypisch und resupinat ausgebildet wird. Zu solchen Pilzen, die eine Neigung zu derartigen Fehlbildungen zeigen, gehören in besonderem Maße Blättlingsarten (nachzulesen in Michael//Henning/Kreisel, Handbuch für Pilzfreunde, Bd. 3). - Der Zaun-Blättling ist im übrigen ein übler Holzzerstörer, der lange Trockenzeiten überdauern kann und dann weiter wächst, wenn er wieder Feuchtigkeit aufgenommen hat. Er kommt daher auch an verbautem Nadelholz, lagerndem Schnittholz und natürlich auch im Wald an Kiefer- und Fichten-Stubben vor. Über die "Gefährlichkeit" des Pilzes haben wir kürzlich hier in Wolfenbüttel ein eklatantes Beispiel erfahren müssen. So ist ein Balkon mit 10 feiernden Studenten plötzlich in die Tiefe gekracht. Urheber: Zaun-Blättling.
Mit Grüßen aus dem eben genannten schönen Wolfenbüttel, Heinz
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Re: unbekannte Aphylloporales aus AT
Lieber Harry und lieber Heinz,
mein herzlicher Dank geht zunächst an Harry für deine Recherche und die beiden Antrodia-Vorschläge. Ich hatte den Vorschlag heute früh kurz gesehen, aber weil wir eine Wanderung gemacht haben (endlich schönes Wetter!) kann ich erst jetzt antworten. Die Antrodia heteromorpha habe ich mal in die Google-Suche gegeben, aber rein optisch fand ich die paar Abbildungen, die ich angesehen habe (langsamer Surfstick) deutlich zu hell für diesen eher recht dunklen Fund.
Lieber Heinz,
die Antwort und Auflösung des Rätsels mit dem Zaun-Blättling Gloeophyllum sepiarium ist ebenso verblüffend wie einleuchtend gut erklärt. Dass es bei Blättlingen schon mal zu solchen Bildungsabweichungen kommen kann, diese sogar dazu neigen, das wusste ich natürlich nicht. Das Handbuch für Pilzfreunde besitze ich nicht. Als ich die Fruchtkörper fotografiert habe, ist tatsächlich der Zaunblättling kurz durch meinen Kopf "geblitzt" - ich weiß, das kann man im Nachhinein immer behaupten. Den Gedanken habe ich aber ganz schnell wieder verbannt, weil der mir durchaus bekannte Zaunblättling in Ober- und Unterseite gegliedert ist und nur die Fruchtschicht so aussieht. An eine Bildungsabweichung hätte ich im Leben nicht gedacht. Ich bedanke mich sehr herzlich für die Bestimmung und sende allerbeste Grüße aus Österreich ins schöne Wolfenbüttel.
Harry, die Fotos wären vermutlich für Gerd interessant, nur gucken, er muss das ja nicht mehr unbedingt kommentieren.
mein herzlicher Dank geht zunächst an Harry für deine Recherche und die beiden Antrodia-Vorschläge. Ich hatte den Vorschlag heute früh kurz gesehen, aber weil wir eine Wanderung gemacht haben (endlich schönes Wetter!) kann ich erst jetzt antworten. Die Antrodia heteromorpha habe ich mal in die Google-Suche gegeben, aber rein optisch fand ich die paar Abbildungen, die ich angesehen habe (langsamer Surfstick) deutlich zu hell für diesen eher recht dunklen Fund.
Lieber Heinz,
die Antwort und Auflösung des Rätsels mit dem Zaun-Blättling Gloeophyllum sepiarium ist ebenso verblüffend wie einleuchtend gut erklärt. Dass es bei Blättlingen schon mal zu solchen Bildungsabweichungen kommen kann, diese sogar dazu neigen, das wusste ich natürlich nicht. Das Handbuch für Pilzfreunde besitze ich nicht. Als ich die Fruchtkörper fotografiert habe, ist tatsächlich der Zaunblättling kurz durch meinen Kopf "geblitzt" - ich weiß, das kann man im Nachhinein immer behaupten. Den Gedanken habe ich aber ganz schnell wieder verbannt, weil der mir durchaus bekannte Zaunblättling in Ober- und Unterseite gegliedert ist und nur die Fruchtschicht so aussieht. An eine Bildungsabweichung hätte ich im Leben nicht gedacht. Ich bedanke mich sehr herzlich für die Bestimmung und sende allerbeste Grüße aus Österreich ins schöne Wolfenbüttel.
Harry, die Fotos wären vermutlich für Gerd interessant, nur gucken, er muss das ja nicht mehr unbedingt kommentieren.
Liebe Grüße Sabine
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Der Mensch muss sich in die Natur schicken;
aber er will, dass sie sich in ihn schicken soll.
Immanuel Kant (1724 - 1804)
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- Harry
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Re: unbekannte Aphylloporales aus AT
Hallo Heinz,
da lag ich ja mit meiner Vermutung so was von daneben.
Obwohl ich den Zaunblättling eigentlich gut kenne wäre ich bei Sabines Fruchtkörper niemals auf diese Art gekommen. So eine Bildungsabweichung ist mir bislang noch nicht begegnet. Man lernt halt nie aus und ist immer wieder fasziniert mit welchen Überraschungen und Rätseln Mutter Natur aufwartet. Das ist das schöne an diesem Hobby, es wird nie langweilig. Danke für deine Aufklärung und deine tolle Erklärung zu dieser Missbildung.
@ Sabine
Gerade weil die Fruchtkörper von Antrodia heteromorpha überall heller abgebildet war habe ich schon an meinen Vorschlag gezweifelt. Dank Prof. Heinz Butin ist das Rätsel um deinen Pilz ja doch noch gelöst worden und ich habe wieder was dazugelernt. Da du uns hier an dieser ungewöhnlichen Fehlbildung teilhaben lässt gebührt auch dir mein Dank.
Ich wünsche dir weiterhin einen schönen Aufenthalt in deiner zweiten Heimat.
Euch beiden wünsche ich noch einen schönen Restsonntag.
Harry
da lag ich ja mit meiner Vermutung so was von daneben.
Obwohl ich den Zaunblättling eigentlich gut kenne wäre ich bei Sabines Fruchtkörper niemals auf diese Art gekommen. So eine Bildungsabweichung ist mir bislang noch nicht begegnet. Man lernt halt nie aus und ist immer wieder fasziniert mit welchen Überraschungen und Rätseln Mutter Natur aufwartet. Das ist das schöne an diesem Hobby, es wird nie langweilig. Danke für deine Aufklärung und deine tolle Erklärung zu dieser Missbildung.
@ Sabine
Gerade weil die Fruchtkörper von Antrodia heteromorpha überall heller abgebildet war habe ich schon an meinen Vorschlag gezweifelt. Dank Prof. Heinz Butin ist das Rätsel um deinen Pilz ja doch noch gelöst worden und ich habe wieder was dazugelernt. Da du uns hier an dieser ungewöhnlichen Fehlbildung teilhaben lässt gebührt auch dir mein Dank.
Ich wünsche dir weiterhin einen schönen Aufenthalt in deiner zweiten Heimat.
Euch beiden wünsche ich noch einen schönen Restsonntag.
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
Re: unbekannte Aphylloporales aus AT
Halo Sabine,
@Heinz, danke für deine Aufklärung (*), die ich allerdings nur in [Michael-Hennig Kreisel, Band 2,5] gefunden habe.
(*) Da war ich schlicht überfordert und hätte resigniert gepasst.
Frage: Wo in Band 3 wird das erwänt?
Grüße
Gerd
- Falsch, wenn du die im "Gruselforum" einstellst, werde ich die natürlich auch kommentieren.mykologicus hat geschrieben:... lieber Heinz,
die Antwort und Auflösung des Rätsels mit dem Zaun-Blättling Gloeophyllum sepiarium ist ebenso verblüffend wie einleuchtend gut erklärt.
...
Harry, die Fotos wären vermutlich für Gerd interessant, nur gucken, er muss das ja nicht mehr unbedingt kommentieren.
@Heinz, danke für deine Aufklärung (*), die ich allerdings nur in [Michael-Hennig Kreisel, Band 2,5] gefunden habe.
(*) Da war ich schlicht überfordert und hätte resigniert gepasst.
Frage: Wo in Band 3 wird das erwänt?
Grüße
Gerd
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- mykologicus
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Re: unbekannte Aphylloporales aus AT
Hallo Gerd,
dass du mal nicht weiter gewusst hättest ist ja doch eher selten.
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Liebe Grüße Sabine
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