Nobi hat geschrieben: ↑Do 24. Okt 2019, 16:08
Hallo liebe Freunde der bizarren Missbildungen,
unter dem im Betreff genannten Thema hat ein Pilzfreund kürzlich in einem anderen Forum folgendes Bild eingestellt
Semmelstoppel.jpg
und schrieb dazu
"Heute im Buchenwald.....dachte erst an was vollkommen Unbekanntes.
Erst als ich ein Exemplar umdrehte , sah ich dass es Semmelstoppelpilze waren.
Die versuchen scheinbar , auf der Hutoberfläche Fruchtschicht zu bilden."
Mit seinem Einverständnis stelle ich Euch das gern in diesem Spezialforum vor.
Kann jemand vielleicht etwas näheres dazu sagen?
Viele Grüße
Nobi
Hallo Nobi,
herzlichen Dank, dass du diese „Missbildung“ hier zeigst.
Harry hat deine Missbildung bereits korrekt als "inverse Prolifikation" bezeichnet.
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[1] beschreibt die Prolifikation“ als eine +-exzessive Bildung von Hymenophoren (Lamellen, Stoppeln, Röhren) bei in "Hut und Stiel" gegliederten Pilzen. Er unterscheidet drei Ausprägungen, die er als nicht prinzipiell verschieden bewertet:
(a) "Pleurotoide Prolifikation"
- - -> lappig-gekräuselte Aufgliederungen des Hutrands mit zum Erdboden zeigendem Hymenophor.
(b) "Inverse Prolifikation "
- - -> Bildung von kleinen, stiellosen Hütchen (meist auf dem Hutscheitel, seltener am Hutrand) mit senkrecht oder schräg nach oben zeigendem Hymenophor bzw. direkt aus der Huthaut ohne Hutbildung herausbrechendem Hymenophor. Das Hymenophor kann mitunter auch gekräuselt sein und netzartig anastomosieren.
(c) "Morchelloide Prolifikation "
- - - > der Extremfall, bei dem die gesamte Hutoberfläche von mannigfach deformierten Hymenophoren überzogen wird. Die Lamellen sind oft wabenartig vernetzt, der Hut ist so weit nach unten gebogen, dass er eine Kugelform annimmt und sein Rand den Stiel berührt.
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Über die Ursache herrscht Unklarheit. Nach [1] werden folgende Ursachen diskutiert:
(1) Gendefekt oder Virusbefall
- Begründet wird diese Annahme damit, dass im Labor bei bestimmten Myzelien oder Kulturstämmen jahrelang diese Missbildung beobachtet wurde.
- - -> Ja, ein nachvollziehbares, überzeugendes Argument
(2) Witterungseinflüsse
- Z.B plötzlich einsetzende Regenfälle im Spätherbst, die eine randliche Wiederbelebung des Wachstums bereits vorhandener Fruchtkörper auslösen.
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Bei deinem Fund vermute ich (2) als Ursache
Grüße Gerd
Literatur:
[1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62; 108-124