Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr. Chr.

hier kann alles gepostet werden was mit Pilzen zu tun hat. Forumsstart - 22.12.2004

Moderator: Harry

Armin
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Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr. Chr.

Ungelesener Beitrag von Armin »

Hallo zusammen,
trotz beengten Verhältnissen an unserem Wochenende im Naturfreundehaus Finsterbrunnertal bei Kaiserslautern, haben wir durch die Mitwirkung von Dr. Christoph Hahn einiges dazugelernt. Sein Vortrag über die Gattung der Scheidenstreiflinge war in jeder Hinsicht vom Feinsten. Zumindest haben wir jetzt die Möglichkeit, einige Scheidenstreiflinge genauer zu bestimmen.
Nicht zu vergessen sind auch die immer mit viel Herzblut verbundenen Beiträge von Gerd Fischer von den Ulmer Pilzfreunden.
Bestimmungsnachtrag:
Ein Fund hat mich noch nachträglich beschäftigt. Nachdem uns Christoph Hahn auf einen kleinen Moosparasiten aufmerksam gemacht hatte, sahen wir noch mehrere Fruchtkörper an verschiedenen Stellen am Wegrand. Einige Fruchtkörper fand ich auch direkt auf kleinen Holzstückchen im Moos.
Die ca. 2-5mm kleinen weißen, cyphelloiden, schalenförmigen, ungestielten Fruchtkörper, ähnlich wie Adernmooslinge Arrhenia / Leptoglossum, haben sich als Mooshäutlinge, Gattung Rimbachia (=Mniopetalum), herausgestellt:
Oberfläche weiß, flaumig-faserig, Hymeniumoberfläche glatt, bei älteren Fruchtkörpern ockerlich, grob gerunzelt, jedoch nicht adrig bzw. rippenförmig (Schlüsselfrage!).
Sporen rundlich bis oval- tropfenförmig ca. 4-6 x 4-5ym, mit relativ stark ausgezogenem, 1-1,5 ym langen Appendix. Schnallen vorhanden.

Nach Horak 2005 und Kuyper (Flora Agaricina Neerlandica) komme ich auf
Rimbachia arachnoidea (=Mniopetalum globisporum), den Rundsporigen Mooshäutling (>APS)
Der stark ausgeprägt Appendix, verleiht den ansonsten rundlichen Sporen eine eher oval- bis tropfenförmige Form, so dass der Name ?Rundsporiger Mooshäutling? leicht irritierend wirkt, zumal es noch einen ?Ovalsporigen? Mooshäutling R. bryophila gibt. Die Sporenskizzen bei Kuyper lassen auch kaum einen Unterschied zwischen der ?rundsporigen? arachnoides und der ovalsporigen R. bryophila erkennen.
Entscheidend war hier für mich die Schlüsselfrage: Hymenium glatt oder flach aderförmig/lamellig/ rippenartig.
Ich hoffe, dass ich dies richtig interpretiert habe.

Zusätzlich habe ich noch einige Fotos von unserer Exkursion am Sonntag auf der Saftlingswiese angehängt. Unser Fund des Tages war die Puppenkernkeule,Cordyceps militaris, von Alexandra Barth. Weitere, für uns interessante Arten, waren noch der Spitzkegelige Kahlkopf, Psilocybe semilanceata var. caerulescens und Hygrocybe (Camarophyllus) flavipes s.str., der Gelbstielige Ellerling (bestimmt von Chr. Hahn).

Von dieser Saftlingswiese gibt es bestimmt noch einige bessere Bilder. Ich hoffe, dass von den vielen Aufnahmen der Fotospezialisten der ein- oder die andere einige sehenswerte Aufnahmen beisteuert.

Gruß Armin

Rimbachia arachnoidea, Rundsporiger Mooshäutling, (beide Aufnahme nicht am Fundort)

Rimbachia arachnoidea, Rundsporiger Mooshäutling, auf Holzstückchen,


Der ausgeprägte Appendix verleiht den ansonsten rundlichen Sporen ein oval-tropfenförmiges Aussehen


R. arachnoidea mit Schnallen


Puppenkernkeule, Cordyceps militaris



Hygrophorus flavipes s.str., Gelbfüßigerr Ellerling


Spitzkegeliger Kahlkopf, blauende Var., Psilocybe semilanceata var. caerulescens


Hygrocybe grossula, Gelboliver Ellerling



Hygrorybe psittacina, Papageiengrüner Saftling



Hygrocybe virginea (nivea) ? Junfernellerling


Blättriger Buchenkreisling, Neobulgaria pura var. Foliacea, (mikroskopiert> Sporen mit Keimschlauch)


Pfriemf. Laubholzhörnling, Calocera cornea


Kellerschwamm (?) Coniophora puteana


Ästchenschwindling, Marasmiellus ramealis
Rita

Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr. Chr.

Ungelesener Beitrag von Rita »

Hallo Armin,

ein schöner Bericht mit vielen interessanten Funden und schönen Fotos.

Uns hat es im Finsterbrunnertal auch wieder gut gefallen und die Vorträge waren sehr lehrreich. Bei den Freiblättlern wird man wohl langsam umdenken müssen :kick: .

Trotz beengter Verhältnisse fand ich unseren Arbeitsraum mit dem Holzbollerofen doch ziemlich urig:
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Hier noch eine Aufnahme bei einer Exkursion in die Umgebung:

Immer den Blick schön am Boden :-D :
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Man könnte ja einen Pilz übersehen!

Dann habe ich natürlich auch noch einige Fotos unserer Funde:

Eine seltene Art, nämlich Calocera furcata (Mikroskopisch bestätigt)
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Cystoderma jasonis:
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Diesen Pilz hatte ich zunächst für Cystoderma amiantinum gehalten, habe ihn aber zuhause nachträglich mikroskopiert und festgestellt, daß es sich um die seltenere Art C. jasonis handelt.

Alte Exemplare des Gewimperten Erdsterns (Geastrum fimbriatum), die meiner Meinung nach trotzdem noch fotogen sind:
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Von der Saftlingswiese Hygrocybe pratensis:
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Hypholoma marginatum: dieser schöne Pilz wuchs in geselliger Runde im Neuhofer Tal
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Zum Abschluß noch eine Gruppe von Rißpilzen, die ebenfalls im sauren Nadelwald im Neuhofer Tal wuchsen, die ich aber leider nicht identifizieren konnte:
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LG
Rita
Petra
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Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr. Chr.

Ungelesener Beitrag von Petra »

Hier der Beweis, dass es Sam gut ging zwischen all den Füßen:
[br][br]
Es waren schöne Tage, Petra
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AK_CCM
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Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr. Chr.

Ungelesener Beitrag von AK_CCM »

Hallo Armin,

vielen Dank für den informativen Bericht mit den schönen Fotos - interessant, wo sich "unser Präse" überall 'rumtreibt. ;-)

Zu zwei Funden habe ich noch Fragen:

Meinst Du mit Hygrocybe grossula, Gelboliver Ellerling das Taxon Chrysomphalina grossula, Gelboliver Holznabeling? Falls ja, kann ich es schwer glauben, denn die bisherigen Funde, die ich zu Gesicht bekam, waren deutlich farbenfreudig grüngelb, beinahe schon neonartig gefärbt.

Was sind die entscheidenden Merkmale bei Hygrophorus flavipes s.str., Gelbfüßiger Ellerling? So richtig gelb scheint mir der Stiel nicht auszusehen, allenfalls schmutzig oder eine Spur vergilbt. Von den braunhütigen Ellerlingen gibt es ja eine ganze Reihe und ehrlich gesagt tue ich mich schwer, sie auseinander zu halten. Deshalb würde ich mich um ein paar Infos zur Artabgrenzung sehr freuen.

Gruß, Andreas
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Re: Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr.

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Hallo Armin,
Armin,04.11.2008, 12:34 hat geschrieben: H.flavipes (die korrekte Bestrimmung von Chr. Hahn war Camarophyllus flavipes s.str.):
Wenn ich mich richtig erinnere trennte Cr. Hahn H. makroskopisch flavipes mit gelblichen Fuß und schmierigem Hut von H. lacmus, der einen trockemen Hut und kein gelb am Stiel haben soll.
werde Christoph darauf ansprechen, sobald er aus seinem Kurzurlaub zurück ist; Ellerlinge interessieren mich sehr, da ich im Rahmen des laufenden Kartierungsprojekts in der Königsbrunner Heide südöstlich von Augsburg mit etlichen Vertretern jener Gattung konfrontiert werde. :-)
Hygrocybe grossula:
Ja, ich meine diese Chrysomphalina grossula. Ich habe den Namen aus dem neuen Abbildungsverzeichnis entnommen. Welcher Name jetzt korrekt ist sollen die Spezialisten entscheiden.
So leicht will ich es Dir nicht machen. ;-)

Weder Axel Schillings Pilzkartierung 2000 Online noch Eric Strittmatters Datenbank oder das Index Fungorum führen die Kombination Hygrocybe grossula.

Seltsam: Im aktuellen Abb.verzeichnis (2007, 4. überarbeitete Auflage) wird das Taxon wie erwartet unter Chrysomphalina grossula, Gelboliver Goldnabeling geführt (vgl. Seite 29). Zusätzlich enthält das Buch auch das Taxon Hygrocybe grossula, allerdings mit dem Vermerk "(zu Chrysomphalina?)". Den Fall kann ich leider nicht deuten, aber ich frage diesbezüglich in Erics Forum an, was hier gelaufen ist... *grübel*
In der Tat waren unsere Fruchtkörper sehr blass, jedoch etwas mehr gelb-grünlich als auf den Fotos herauskommt. Da ich diese Art vorher noch nicht gesehen habe, kann ich zu der Normalform bzw. Farbe nicht viel sagen.
Kriegelsteiner: Hut oliv, senf bis grüngelb bis fast ocker. Lamellen gelblichweiß bis grünlichgelb.
Wenn ich mir Bilder im Internet anschaue, sind dort zu den richtig gelben Arten auch einige sehr blasse Funde abgebildet.
Hättest du einen anderen Vorschlag für diese Art? Mikrosk. Daten gibt es zu diesem Fund leider keine.
Alles klar: Wenn die Farben beim Original mehr gelb-grünlich ausfielen, wird die Bestimmung schon passen. Habt ihr der Fund an morschem Fichtenholz gemacht..? Dann hätten wir inklusive der relativ späten Fruktifikationszeit m.E. genügend Indizien zusammen, die für C. grossula sprechen. In diesem Fall habe ich wieder etwas dazugelernt, denn derart blasse Frk. habe ich bislang noch nicht gefunden.

Zuletzt habe ich die Art übrigens im Naturwaldreservat Mannsberg (leg. Roswitha Esterlechner) im Rahmen der 2. Bayerischen Mykologischen Tagung in Pegnitz zu Gesicht bekommen - ein Foto des Fundes wird voraussichtlich im nächsten Tintling zu sehen sein.

Gruß, Andreas
Armin
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Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr. Chr.

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Hallo Andreas,
zu xyz.grossula:
Der Standort war ein vermooster, vermorschter Nadelholzstubben an einem abgeholzten Fichtenhang. Da in diesem Bereich jedoch vereinzelt Douglasien und Kiefern eingestreut waren, kann ich nicht mit Bestimmtheit Fichten angeben.

Im Frühjahr fanden wir einige etwas untypische Flechtennabelinge Lichenomphalina* ericetorum, die wir zunächst nicht richtig einordnen konnten. In diesem Zusammenhang wurde in der Literatur öfters auf eine mögliche Verwechslung mit H. grossula verwiesen. Jetzt hat es mich gefreut, dass ich H. grossula auch einmal gesehen habe.
*Anmerkung
Übrigens wurde im neuen Abb.Verz. 4. Aufl. 2007 die "neue" Gattung Lichenomphalia einfach vergessen. Bei der "alten" Gattung Phytoconis wurde auf Lichenomphalia verwiesen, ohne dass sie aufgeführt wurde. (AbbVerzS.233).
Gruß Armin
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Re: Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr.

Ungelesener Beitrag von AK_CCM »

Hallo Armin,
AK_CCM,04.11.2008, 21:14 hat geschrieben: Seltsam: Im aktuellen Abb.verzeichnis (2007, 4. überarbeitete Auflage) wird das Taxon wie erwartet unter Chrysomphalina grossula, Gelboliver Goldnabeling geführt (vgl. Seite 29). Zusätzlich enthält das Buch auch das Taxon Hygrocybe grossula, allerdings mit dem Vermerk "(zu Chrysomphalina?)". Den Fall kann ich leider nicht deuten, aber ich frage diesbezüglich in Erics Forum an, was hier gelaufen ist...
Eric hat eine interessante Vermutung:
Wenn die Kombination tatsächlich nicht existiert, handelt es sich womöglich um eine provisorische Übertragung der Art zu den Saftlingen im Zuge deren Gleichsetzung mit den Ellerlingen. Camarophyllus grossulus ist ein Name, der für unsere Art in den 80er und 90er-Jahren breit angewandt wurde, sofern man nicht bei Omphalina geblieben ist.
Bin gespannt, ob Genaueres herauskommt. Vielleicht meldet sich Andreas Gminder noch zu Wort.

Gruß, Andreas
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Re: Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr.

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Hallo Armin,
Armin,05.11.2008, 09:58 hat geschrieben: zu xyz.grossula:
Der Standort war ein vermooster, vermorschter Nadelholzstubben an einem abgeholzten Fichtenhang. Da in diesem Bereich jedoch vereinzelt Douglasien und Kiefern eingestreut waren, kann ich nicht mit Bestimmtheit Fichten angeben.
danke für die Info. Also ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Frk. an Fichte wuchs. Habe gerade in der BaWü-Flora nachgeschlagen: Das Gros der Funde wurde an <i>Picea abies</i> gemacht (83), 13-mal wurde die Art an <i>Abies alba</i> gefunden und bei 9 Funden wurde allgemein "Koniferen" angegeben. Insofern ist die Art anscheinend nicht auf Fichte festgelegt. Übrigens klasse: Ohne die Diskussion hier hätte ich dort nie nachgeschaut - wieder dazugelernt. :-)
Im Frühjahr fanden wir einige etwas untypische Flechtennabelinge Lichenomphalina* ericetorum, die wir zunächst nicht richtig einordnen konnten. In diesem Zusammenhang wurde in der Literatur öfters auf eine mögliche Verwechslung mit H. grossula verwiesen. Jetzt hat es mich gefreut, dass ich H. grossula auch einmal gesehen habe.
*Anmerkung
Übrigens wurde im neuen Abb.Verz. 4. Aufl. 2007 die "neue" Gattung Lichenomphalia einfach vergessen. Bei der "alten" Gattung Phytoconis wurde auf Lichenomphalia verwiesen, ohne dass sie aufgeführt wurde. (AbbVerzS.233).
Bei Phytoconis hat es Klick gemacht - wusste gar nicht, dass die in einer neuen Gattung gelandet sind. Kennst Du den Hintergrund der Umkombination? Aus der Gattung kenne ich bislang nur den wahrscheinlich häufigsten Vertreter Phytoconis ericetorum.

Gruß, Andreas
Armin
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Re: Die Pilzfreunde-Saar-Pfalz im Finsterbrunnertal mit Dr. Chr.

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Hallo Andreas

"Kennst Du den Hintergrund der Umkombination? "

kann ich dir nicht sagen,
aber wenn ich mir die Gattungshistorie ansehe fällt mir auf, dass man die armen Flechtennabelinge hin und her geschuppst hat:
Phytoconis Bory 1797, = Omphalina sect. Defibulatae Singer 1975, = Gerronema sect. Phycophila Clémencon 1982
Wenn ich dies richtig deute, hat man nun alle lichenisierente Nabelinge (obligate Symbiose mit Algen) auf Erde oder Holz, die vorher in Sektionen von Omphalina bzw. Gerronema untergebracht wurden, in der neuen Gattung:
LICHENOMPHALIA Redhead, Lutzoni, Moncalvo et Vilgalys 2002 neu beschrieben.
Ist natürlich keine Erklärung warum man die alte Bezeichnung Phytoconis nicht beibehalten konnte. Vielleicht war diese Gattungsbeschreibung nicht gültig beschrieben oder wie bei Omphalina bzw. Gerronema nicht eng genug, für diese lichenisierenten Nabelinge, gefasst.
Soweit meine laienhafte Vermutung.
Gruß Armin
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