Hallo Kurt,
„Es geht mir letztendlich nicht um theoretisches Wissen um der Wissenschaft willen sondern um besseres Verstehen, was auf meinem Land passiert, und eventuelle Anwendung in der Praxis.“
- M.E. kann man deine Fragen nicht pauschal (schwarz oder weiß) beantworten. Denn dazu ist das Zusammenspiel „Baumwurzel, Mykorrhiza, Substrat) zu komplex.
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„- Wenn ich ein Bäumchen mit Wurzelballen verpflanze, ist dann genug Mykorrhiza in der Erde, um sie am neuen Standort anzusiedeln? „
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Im Prinzip JA!
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Aber:
(1) Wurde der „Wurzelballen“ bereits vor der Verpflanzung von einem Mykorrhiza-Partner besiedelt?
(2) Fühlt sich der Mykorrhiza-Partner am neuen Standort wohl und findet dort die ihm passende ökologische Bedingungen (pH-Wert, Nährstoffversorgung (N, P), Feuchte, Licht?)
(3) Das Bäumchen und sein Mykorrhiza-Partner werden dem Konkurrenzdruck der neuen Umgebung ausgesetzt. Und insbesondere der Mykorrhiza-Partner muss sich eine „Nische“ suchen, in der er sich gegenüber der Konkurrenz behaupten/durchsetzen“ kann.
---> Schau dir einmal in nachfolgenden „Folien aus meinem Fundus an, wie komplex die Verflechtungen innerhalb eines „Ökosystems“ sind und welche Parameter (ich zeige nur die m.E. Wichtigsten) eine Rolle spielen:
- Standortfaktoren(primär).jpg (65.49 KiB) 2485 mal betrachtet
- Standortfaktoren(sekundär).jpg (81.5 KiB) 2486 mal betrachtet
So nebenbei:
Man muss auch noch zwischen dem „physiologischem“ und dem „ökologischen“ Optimum unterscheiden. Ich zeige dies einmal an dem Beispiel „Waldkiefer“ (Pinus sylvestris) ---> [1]:
- Unter natürlichen Bedingungen (
ökologisches Optimum durch Konkurrenzeinfluss) bleibt das Vorkommen auf extrem trockene und saure Sandböden, extrem nasse, saure Standorte und extrem trockene Kalkböden beschränkt.
- Aber, das
„physiologische Optimum“ liegt genau dazwischen; ---> an Standorten, an denen sich andere Baumarten „konkurrenzstärker“ durchsetzen und die Kiefer unter natürlichen Bedingungen vertreiben.
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„- Besiedelt eine M. verschiedene Baumarten? „
- Nicht alle Mykorrhiza-Pilze besiedeln mehrere Baumarten. Es gibt eine Reihe von Pilzarten (z.B. „Schmierröhrlinge“ (Suillus spec.), die bisher nur an einer Baumart festgestellt wurden.
- Bäume, Sträucher (z.B. Birke, Buche, Eiche etc.; Tanne, Fichte, Kiefer, Lärche, etc.) sind da nicht so wählerisch und „verbandeln“ sich mit mehreren Pilzarten.
---> Und dies ist auch gut so für den Baum/Strauch. Er kann darauf hoffen, dass er auch an einem für ihn nicht „optimalem“ Standort einen Mykkorhiza-Partner (stellen meist sehr enge Ansprüche an die ökologischen Standortbedingungen) findet, der ihn mit Nährstoffen versorgt.
---> Kurzgefasst habe ich dies in meinem Foliensatz“ erwähnt:
Partnerbeziehungen¨ Pilz
- teilweise auch auf nur eine Baum-/Strauchart fixiert,
z.B. Goldröhrling (Suillus grevillei)
---> „Europ. Lärche“ (Larix decidua)
¨ Baum/Strauch
- An wenigen Arten wurde bisher keine Mykorrhiza nachgewiesen.
- Ansonsten (meist/immer?) mit mehreren Pilzarten „verbandelt“
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„- Genügt die Verpflanzung eines "Brockens" Erde aus der direkten Umgebung eines Mykorrhizapilzes, um ihn am neuen Pflanzort anzusiedeln oder muss ich den Pilz selbst verpflanzen? „
Die Beantwortung dieser Frage überlasse ich dir und bringe dazu folgende Anmerkungen:
(1) Ein einzigen Fruchtkörper von
Calvatia gigantea =Langermania gigantea = (Riesen-Bovist) produziert Sporen (Länge =ca.4,5µm), die aneinander gereiht ca. 30.000km ergeben.
---> Daran kannst du erkennen, wie klein die Chance einer Eroberung „neuer Standorte“ durch Sporenausbreitung ist. Und ich bewerte „geeignete Standorte“ für diese Art nicht einmal als „potenziell gefährdet.
(2) Betrachte den Aufwand, den „Pilzzüchter“ unter Laborbedingungen treiben müssen, um aus Sporen ein mit Myzel durchwachsenes Substrat zu züchten, aus dem auch ein „Normalverbraucher“, wenn er sich an die Anleitung hält, Fruchtkörper ernten kann.
Grüße
Gerd
@Dirk: Danke für die wohlwollende Beurteilung meiner Beiträge
Literatur:
[1] H. Hofmeister (1977): Lebensraum Wald; J.F. Lehmanns Verlag