pH-Wert

hier kann alles gepostet werden was mit Pilzen zu tun hat. Forumsstart - 22.12.2004

Moderator: Harry

kurtjegle
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pH-Wert

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo zusammen

Es wird immer von kalkigen, basischen und sauren Böden gesprochen. Auf welche Bodentiefe beziehen sich diese Werte? Einem Pilz ist es wohl egal, welchen pH-Wert der Boden in 1 m Tiefe aufweist. Das Mycel wuchert oberflächennah, oder nicht?

Gruss
Kurt
kurtjegle
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Keine Antwort? Keine Lust oder kein Wissen?

Gruss
Kurt
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rickenella
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von rickenella »

kurtjegle hat geschrieben:Keine Antwort? Keine Lust oder kein Wissen?

Gruss
Kurt
Hallo Kurt,

...kein Wissen - aber ich möchte es trotzdem versuchen, evtl. Verbesserungen und Ergänzungen fachkundiger Autoren sind erwünscht.

Vor allem die Kammlagen des Westerzgebirges haben zu Zeiten der DDR unter dem Negativ-Aspekt des sauren Regen, verursacht durch schwefelhaltige Abluft tschechischer Braunkohlekraftwerke gelitten. Das Erste was auffällig weniger wurde und z.T. gänzlich verschwand, war z.Bsp. der Pfifferling (Cantharellus cibarius). Diese Erscheinung war bis in´s Vogtland nachzuvollziehen. Solchen Arten wie z.Bsp. Cortinarius cinnamomeus (Zimt - Hautkopf) , Cortinarius armillatus (Geschmückter Gürtelfuß) u.v.a., müssen die sauren Bodenverhältnisse aber zugesagt haben - die gab es im Vergleich zu heute sehr häufig.
Jetzt nach über 20 Jahren ist die Luft zumindest in dieser Hinsicht wieder reiner und Arten wie Rhytisma acerinum (Runzelschorf auf Blättern von Ahorn) ist selbst in den Städten nachweisbar. Den gab es vor 20 Jahren in den Industriegebieten nicht.
Um die Bodenversauerung zu minimieren, wird seit Jahren regelmäßig Magnesiumkalk über vielen Wäldern abgeworfen. Ob es was damit zu tun hat, vermag ich nicht zu sagen, aber:
---> er gibt wieder zunehmend häufiger Pfifferlinge, dafür verschwinden viele andere Arten oder werden auffallend weniger.
Wieder auffällig z.Bsp. Cortinarius cinnamomeus, Cortinarius armillatus u.v.a. .

Grüße rickenella
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Gerd †
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo rickenella,
rickenella hat geschrieben: Um die Bodenversauerung zu minimieren, wird seit Jahren regelmäßig Magnesiumkalk über vielen Wäldern abgeworfen. Ob es was damit zu tun hat, vermag ich nicht zu sagen, aber:
---> er gibt wieder zunehmend häufiger Pfifferlinge, dafür verschwinden viele andere Arten oder werden auffallend weniger.
- Ich habe da ein Verständnisproblem:

(1) Auf "neutralen oder gar kalkgedüngten Böden" wird man m.E. einen "Echten Pfifferling" (Cantharellus cibarius) wohl kaum finden!!!

(2) "Kalkdüngung" in Wäldern ist m.W. eh so ziemlich das "Kontraproduktivste" was man sich vorstellen kann.

Grüße
Gerd
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rickenella
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von rickenella »

Gerd hat geschrieben:Hallo rickenella,
rickenella hat geschrieben: Um die Bodenversauerung zu minimieren, wird seit Jahren regelmäßig Magnesiumkalk über vielen Wäldern abgeworfen. Ob es was damit zu tun hat, vermag ich nicht zu sagen, aber:
---> er gibt wieder zunehmend häufiger Pfifferlinge, dafür verschwinden viele andere Arten oder werden auffallend weniger.
- Ich habe da ein Verständnisproblem:

(1) Auf "neutralen oder gar kalkgedüngten Böden" wird man m.E. einen "Echten Pfifferling" (Cantharellus cibarius) wohl kaum finden!!!

(2) "Kalkdüngung" in Wäldern ist m.W. eh so ziemlich das "Kontraproduktivste" was man sich vorstellen kann.

Grüße
Gerd
Hallo Gerd,

unsere Fichtenwälder im Erzgebirge wie auch im Vogtland sind schon noch sauer- aber durch die Kalkung wird der ph-Wert m.E. immer weiter angehoben. Ich denke, daß das zunehmende Verschwinden der Heidelbeere auch damit zusammenhängt (?). Der Pfifferling hat damit (noch) kein Problem. Bei vielen Cortinarien sieht das schon anders aus.

Grüße rickenella
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kurtjegle
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo zusammen

Ich stelle mir das so vor:
Regenwasser dringt in den Boden ein, sickert bis in tiefere Schichten, löst dort Mineralien an, wird dann sauer oder basisch und steigt bei Sonne oder generell bei Trockenheit durch die Kapillarwirkung nach oben und erreicht schliesslich das Pilzmycel.
Regenwasser hat hier pH 5,5, Leitungswasser pH 7,8 (ab Wasserhahn), demineralisiertes Wasser (Für das Bügeleisen) pH 5,5.
Liege ich mit dieser Ansicht richtig?

Gruss
Kurt
kurtjegle
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Ich habe diese Frage auch in einem anderen Forum unter http://www.baumkunde.de/forum/viewtopic.php?t=9438 eingestellt und eine fundierte Antwort erhalten, die ich euch nicht vorenthalten will.
Bleibt immer noch die Frage, bis in welche Tiefe das Pilzmycel reicht.

Gruss
Kurt
kurtjegle
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo zusammen
Eine für mich wichtige Frage ist: Wie tief wuchert die Mykorrhiza? Erreicht sie auch Baumwurzeln in grösserer Tiefe? Oder breitet sie sich nur oberflächennah aus? Ihr habt doch einen oder mehrere Mykorrhizakenner in eurem Verein. War da nicht mal eine Tagung mit Schwerpunktthema Mykorrhiza? Wurde dort dieses Thema nicht angesprochen?

Gruss
Kurt
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Harry
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo Kurt,

es gibt an den Wurzeln mykorrhizafreudiger Bäume kaum ein Bereich der nicht von Pilzen besetzt ist, egal wie tief diese reichen. Es gibt eine schöne Website die das Thema Mykorrhiza abhandelt. Schau sie dir mal an, sie ist überaus lehrreich und beantwortet dir viel Fragen.

http://www.ipb-halle.de/myk/start/B4/index.html

Gruß
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
kurtjegle
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Harry

Ich habe deinen Link ein erstes Mal durchgesehen und folgendes in der Zusammenfassung aufgeschnappt.
Ektomykorrhiza (hauptsächlich bei Ständerpilzen) liefert den Bäumen hautsächlich Stickstoffverbindungen (Nitrate), die sie aus verrottendem und verrottetem organischem Material (Blätter, Zweige etc.) synthetisiert, also aus oberflächennahen Schichten.
Ektomykorrhiza (bei Schlauchpilzen etc.) liefert hauptsächlich Phosphate, die sie aus (verwittertem) Gestein synthetisiert, also aus tieferen Schichten.
Der Zusammenhang zwischen gewissen Ständerpilzen und deren bevorzugtem Standort auf kalkigem Boden ist mir zwar immer noch nicht klar, aber sei`s drum. Habe dazugelernt, wenn auch etwas anderes.

Gruss
Kurt
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Gerd †
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo rickenella,
rickenella hat geschrieben: unsere Fichtenwälder im Erzgebirge wie auch im Vogtland sind schon noch sauer- aber durch die Kalkung wird der ph-Wert m.E. immer weiter angehoben. Ich denke, daß das zunehmende Verschwinden der Heidelbeere auch damit zusammenhängt (?).
- Die "Heidelbeer" (Vaccinium myrtillus)-Gruppe (*) wird von den Pflanzenökologen als "Zeiger für Rohhumus und Versauerung" gehandelt.

---> Bevorzugt werden nährstoff- und basenarme, mäßig trockene bis frische Böden, greift aber auch auf wechselfeuchte Standorte über.

(*) Weitere Pflanzen dieser "ökologischen" Gruppe sind z.B. "Preiselbeere" (Vaccinum vitisidaea) und einige Moos-Arten.
---------------------------

- Und wenn man sich einige Zeigerwerte von (H) "Heidelbeere und (P) Preiselbeere anschaut, dann bieten die einen wirkungsvollen Ansatzpunkt, beide Arten langfristig regional auszurotten:

(a) "Reaktionszahl" für (H) und (P) = 2; wobei "1 = Zeiger für starke Säure; 3 = Zeiger für Säure" bedeutet.
---> :wo: "Kalk-Düngung" schädigt (H)- und (P)-Standorte :ge:

(b) "Stickstoffzahl" für (H) = 3 und (P) = 2; wobei "1 = Zeiger für stickstoffärmste Standorte; 3 = Zeiger für stickstoffarme Standorte" bedeutet.
---> :wo: Jede Art von Düngung schädigt :evil: (H)- und (P)-Standorte :ge:

(c) "Lichtzahl" für (H) und (P) = 5 = "Halbschattenpflanze"
---> Hier kann ich mir eine evtl. Schädigung durch "Kahlschlag" ohne umgehende Wiederaufforstung vorstellen. :?:

(d) "Feuchtezahl" zeigt ein breites, toleriertes Spektrum und wird beide Arten außer bei einer "extremen Trockenlegung oder Überflutung des Standorts wohl kaum schädigen.
--------------------

- Aber noch schneller/wirkungsvoller kann man (H)- und (P)-Standorte durch Überbauung vernichten. :kick

Grüße
Gerd

Literatur:

- H. Hofmeister (1977): Lebensraum Wald
---> Zitiert werden ökologische Kennwerte, die "Ellenberg (1974): Zeigerwerte fer Gefäßpflanzen Mitteleuropas" entnommen wurden.
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rickenella
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Re: pH-Wert

Ungelesener Beitrag von rickenella »

Hallo Gerd,

sehr verständlich erläutert, danke.

Bereits zu Zeiten der DDR ( etwa 1980 ?) begannen die Nadelwälder in den mittleren Höhenlagen (ca. 500m NN) extrem zu vergrasen und dieser Zustand besteht heute noch. Ursache waren die hohen Nährstoffeinträge durch Stickstoff - dabei wurden aus Kostengründen die Wälder damals höchstens mal gegen Schädlinge (Borkenkäfer, Kiefernspinner etc.) besprüht.
Wo also kam der Stickstoff her? Waren es die Abgase der Zweitakter ? War es die Abluft der Industrieanlagen ?
Das würde mich schon mal brennend interessieren.

Grüße Peter
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