Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Missbildungen und Mutationen an Pilzen können hier vorgestellt werden - Forumsstart 14.03.2009
UmUlmHerum
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Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von UmUlmHerum »

Hallo Gerd,

gehören solche Verwachsungen auch zu Missbildungen? Oder wie nennt man sowas?
Die Röhrenschicht der Marone hat sich den Stiel-Auswüchsen durch entsprechende Dellen angepasst. Bitte nicht über die Farbe der Röhrenmündungen irritiert sein: das Ding hat scho 2 Tage im Kühlschrank verbracht, bis ich Zeit zum Fotografieren hatte.

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Ohne Hut:
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Als erste Zugabe noch sowas Ähnliches, diesmal am Stiel eines Violetten Lacktrichterlings:
DSCF0716_bw1.jpg
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Die zweite Zugabe ist der Link zu einer völlig verrückten Missbildung in einem anderen Pilze-Forum. Bei einer Eichen-Rotkappe war der Stiel gebrochen, irgendwie und irgendwann bildeten sich Verbindungen von Stiel zum gekippten Hut, geäst-förmig aus Stiel-Material. Schwer zu beschreiben, das Reinschauen (Foto 9 und 10) lohnt sich! Ich will hier keine fremden Bilder rumkopieren - deswegen der Original-Thread unter
http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs ... ead=228350


Grüße - Rika
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Gerd †
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Re: Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,
UmUlmHerum hat geschrieben: gehören solche Verwachsungen auch zu Missbildungen? Oder wie nennt man sowas?
Die Röhrenschicht der Marone hat sich den Stiel-Auswüchsen durch entsprechende Dellen angepasst. Bitte nicht über die Farbe der Röhrenmündungen irritiert sein: das Ding hat scho 2 Tage im Kühlschrank verbracht, bis ich Zeit zum Fotografieren hatte.

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Ohne Hut:
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Als erste Zugabe noch sowas Ähnliches, diesmal am Stiel eines Violetten Lacktrichterlings:
DSCF0716_bw1.jpg
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Die zweite Zugabe ist der Link zu einer völlig verrückten Missbildung in einem anderen Pilze-Forum. Bei einer Eichen-Rotkappe war der Stiel gebrochen, irgendwie und irgendwann bildeten sich Verbindungen von Stiel zum gekippten Hut, geäst-förmig aus Stiel-Material. Schwer zu beschreiben, das Reinschauen (Foto 9 und 10) lohnt sich! Ich will hier keine fremden Bilder rumkopieren - deswegen der Original-Thread unter
http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs ... ead=228350
Zuerst ein mal herzlichen Dank für's Zeigen dieser Bilder.

Und dann bitte ich noch um etwas Gedult, bevor ich diese Bilder beurteilen kann.

Grüße
Gerd
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
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Gerd †
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Re: Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,

ich werde die von dir gezeigten Missbildungen in getrennten (insgesamt 3) Beiträgen kommentieren.
UmUlmHerum hat geschrieben: gehören solche Verwachsungen auch zu Missbildungen? Oder wie nennt man sowas?
Die Röhrenschicht der Marone hat sich den Stiel-Auswüchsen durch entsprechende Dellen angepasst. Bitte nicht über die Farbe der Röhrenmündungen irritiert sein: das Ding hat scho 2 Tage im Kühlschrank verbracht, bis ich Zeit zum Fotografieren hatte.

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Ohne Hut:
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Vorab:
- insbesondere Bild 3 (Anhang) finde ich faszinierend:

---> Da hat sich verm. der "Troll" als Marone getarnt!?
----------------------

- Ansonsten erinnern mich deine Bilder an den deformierten Steinpilz von Silvia (Sammlerherz), bei dem ich einen "Viren-Befall" vermute.

[1] beschreibt im Kapitel "Missverhältnis von Hut und Stiel" zwei unterschiedliche durch Virenbefall initiierte "Verformungen:

(1) "Sowohl in Kultur als auch in der Natur treten Pilzfruchtkörper auf, die im Vergleich zur Norm der Art ein Missverhältnis von Hut und Stiel aufweisen. Die Hüte bleiben knopfartig klein, oft steril (Mikrokephalie), die Stiele sind normal geformt oder an ihrer Basis stark keulenförmig aufgedunstet oder auch zum Hut hin ungewöhnlich erweitert; im letzten Falle kann auch ganz untypischer Lamellen- bzw. Röhrenansatz (z.B. herablaufend statt angewachsen) auftreten."
---> Als Ursache für derartige Missbildungen erwähnt er "Umwelteinflüsse" (z.B. Lichtmangel, erhöhter CO2-Gehalt der Luft; beides eher auf Kultur oder Bergwerke beschränkt) oder "Parasitenbefall".

---> Ein eindrucksvolles Beispiel von durch Viren hervorgerufener Mikrokephalie (griech. = Kleinköpfigkeit) wurde HIER vorgestellt und diskutiert.


(2) "Drittens kann Virusbefall zu erheblichen Deformierungen der Fruchtkörper führen, ... Die Symptome sind mannigfaltig: überlange Stiele, verdrehte Stiele, kleine, flache Hüte und unvollständig ausgebildete Lamellen gehören zu der als "Absterbekrankheit", "X-disease", "mushroom-die-back" oder "La France disease" bezeichneten Krankheit des "Agaricus bisporus" (Zuchtchampignon).

---> Und genau hier würde ich deine gezeigte Missbildung ansiedeln, da man m.E. Umwelteinflüsse ausschließen kann.


Grüße
Gerd

Literatur:

[1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62; 108-124

[2] http://www.fspublishers.org/ijab/past-i ... O_4/22.pdf

[3] http://www.plantprotection.pl/PDF/50(3) ... udelko.pdf
Dateianhänge
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UmUlmHerum
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Re: Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von UmUlmHerum »

Hallo Gerd,

herzlichen Dank für Deine Antwort! Freut mich, dass Dir der Nasenzwerg auch gefallen hat.

Deine andere Viren-Antworten hatte ich mittlerweile gelesen und deshalb schon was in Richtung Virenbefall vermutet - nun Deine Bestätigung. Ich gehe mal davon aus, diese Viren sind für unsereins nicht gefährlich?!

Ist der seltsame Stiel bei dem Lacktrichterling auch ein Viren-Befall?

Am Mittwoch habe ich noch einen gestörten Violetten Lacktrichterling gefunden: Er hat keinen Hut, der Stiel ist aber oben geschlossen und verdreht. In einer Falte kann man mit etwas Phantasie einige langezogene Lamellen erkennen. Schwierig zu fotografieren, das Ding liegt aber noch im Kühlschrank.

Gute Nacht - von Eule zu Eule
Rika
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Gerd †
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Re: Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,
UmUlmHerum hat geschrieben: - nun Deine Bestätigung. Ich gehe mal davon aus, diese Viren sind für unsereins nicht gefährlich?!
- Meine "Bestätigung" ist leider auch nur eine "Vermutung" :oops: , die ich nach Literaturauswertung als wahrscheinlich bewerte.

- In meiner Literatur habe ich keine Hinweise auf ein Gefährdungspotential der "Mykoviren" für Menschen gefunden.

UmUlmHerum hat geschrieben: Ist der seltsame Stiel bei dem Lacktrichterling auch ein Viren-Befall?
- Grundsätzlich ist "Virenbefall" nicht einfach nachzuweisen und oft nur eine Vermutung. [1] schreibt:

"Das Vorkommen von Viren in Pilzen (sog. Mykoviren) wurde seit 1936 vermutet, doch erst 1962 gelang ein sicherer Nachweis durch Darstellung pilzlicher Viren mit dem Elektronenmikroskop. ...

In Fruchtkörpern von Großpilzen können Viren ganz unterschiedliche Symptome hervorrufen, insbesondere Mikrokephalie, Zwergwuchsund reduzierte Fertilität. Gut erforscht sind die Viren von Agaricus bisporus, Coprinus-Arten und Laccaria amethystina. Die Mehrzahl von Mykoviren verursacht keine makroskopisch sichtbaren Veränderungen an Fruchtkörpern."


- Auffällig bei dem gezeigten Basidiocarp ist der "zum Hut hin ungewöhnlich erweiterte" Stiel, den [1] (---> vergleiche viewtopic.php?p=24694#p24694) als mögliches Symptom für einen Virenbefall angibt.
-----------------

- [1] zeigt bei seinen Beispielen für "Proliferationen = "Wucherungen)", das sind exzessive Bildungen von Hymenophoren bei Hutpilzen, meist auch stark nach oben verdickte Stiele, die man aber wohl eher als nicht konstantes Merkmal betrachten sollte.

- Diese Art von Missbildungen haben wir schon mehrfach gezeigt und diskutiert, z.B.

---> viewtopic.php?p=24522#p24522

---> viewtopic.php?p=19839#p19839

- Interessant sind 2 Punkte, auf die ich bei dieser Missbildung aufmerksam machen möchte:

(1) "Laccaria amethystina" ist ein kandidat, bei dem schon häufiger "Prolifikationen" (insbesondere auch "morchelloide") beobachtet wurden.
(2) Der korrekte Nachweis der Ursache (z.B. Virenbefall vs. Umwelteinfluss) ist schwierig und in diesem Forum nur durch Betrachten von Bildern nicht möglich.

Frage:

- Hast du zufällig auch noch den Hut fotografiert oder in Erinnerung, ob dort Anzeichen einer "Prolifikation" zu beobachten waren???

Mein Fazit:

(1) Es handelt sich um eione Missbildung, da der Fruchtkörper deutlich über der "Streubreite" liegt.

(2) Ich kann mir hier auch einen "Virenbefall" vorstellen, würde aber einen "Witterungseinfluss" (Beachte den faserig aufgesprungenen Stiel) nicht ausschließen.
-------------------------------------
UmUlmHerum hat geschrieben: Am Mittwoch habe ich noch einen gestörten Violetten Lacktrichterling gefunden: Er hat keinen Hut, der Stiel ist aber oben geschlossen und verdreht. In einer Falte kann man mit etwas Phantasie einige langezogene Lamellen erkennen. Schwierig zu fotografieren, das Ding liegt aber noch im Kühlschrank.
- Nur her damit :zu:


Grüße
Gerd


Literatur:

[1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62; 108-124
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Re: Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von UmUlmHerum »

Hallo Gerd,

erstmal herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort!

Zu Deiner Frage:
- Hast du zufällig auch noch den Hut fotografiert oder in Erinnerung, ob dort Anzeichen einer "Prolifikation" zu beobachten waren???


Der Amethyst-Lacktrichterling trocknet auf der Fensterbank vor sich hin - die Hut ist oben völlig normal, keinerlei Prolifikation. Aber schau Dir mal auf dem Übersichtsbild die Lamellen im "vorderen" Bereich in Verlängerung der Stiel-Störung sowie die Wabenbildung im linken Aussenbereich an. ???

Heute = gestern hab´ ich den anderen missratenen Kerl fotografiert, da schreibe ich aber einen neuen Beitrag mit Fotos, damit das hier nicht zu unübersichtlich wird.

Viele Grüße - Rika
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Gerd †
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Re: Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,
UmUlmHerum hat geschrieben:
Zu Deiner Frage:
- Hast du zufällig auch noch den Hut fotografiert oder in Erinnerung, ob dort Anzeichen einer "Prolifikation" zu beobachten waren???


Der Amethyst-Lacktrichterling trocknet auf der Fensterbank vor sich hin - die Hut ist oben völlig normal, keinerlei Prolifikation. Aber schau Dir mal auf dem Übersichtsbild die Lamellen im "vorderen" Bereich in Verlängerung der Stiel-Störung sowie die Wabenbildung im linken Aussenbereich an. ???

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Diese Abweichungen gegenüber typischen Lamellenmerkmalen habe ich gesehen/berücksichtigt:

[1] behandelt derartige Störungen im Kapitel "5. Abweichende Hymenophore" uns stellt verkürzt Folgendes fest:

"Im allgemeinen ist die Form des Hymenophors der Hutpilze ein sehr konstantes Merkmal. Nur wenige Porlinge zeigen darin eine erhebliche Variationsbreite, ...

Bei Blätterpilzen
kommen gelegentlich Gabelungen oder Anastomosen (Querverbindungen) vorder Lamellen solcher Arten vor, die diese Merkmale in der Regel nicht zeigen."

[1] bringt dann u.A. noch folgende Beispiele, die erheblich verblüffender sind als das von dir Gezeigte:

- Ein "Gefleckter Rübling" (Collybia maculata), von Boudier abgebildet, mit konzentisch angeordneten Blättern (cyclomycoide Form),

- Fertile Fruchtkörper von "Agaricus campestris" (Wiesen-Egerling) mit klarem Röhren-Hymenophor ("Polyporoide Form") wurden beschrieben von W.G. Smith (1877) aus England, N. Patouillard (1898) aus Frankreich, K. Bickerich (!976) aus Rathenow (DDR). Im letzten Fall traten auf einer Fläche von 300m^2 40 - 50 zu "Röhrlingen" vebildete Wiesen-Egerlinge neben normalen Exemplaren auf.

---> Als Ursache führt Ulbrich die "cyclomycoiden" und "polyporoiden" Bildungen von Blätterpilzen auf Mutationen zurück; ein Befall durch Parasiten erscheint unwahrscheinlich.
--------------------------

- Ein anderes viel auffälligeres Merkmal deines "Lacktrichterlings" ist der nach oben erweiterte Stiel, den [1] im Abschnitt "Abwerichender Stielansatz" behandelt. Er zeigt hier eine Abbildung eines "Steinpilzes" mit kurzem nach oben stark verbreitertem Stiel und herablaufenden Lamellen.

[1] stellt abschließend fest:
---> "Auch in Bezug auf den Stielansatz können Bildungsabweichungen sowohl umweltbedingt als auch genetisch fixiert, also erblich, sein."

Fazit:

- Und jetzt haben wir bei deinem "Lacktrichterling" eine nicht einmal ungewöhnliche Situation und können bei der Ursache wählen zwischen"Genetischem Defekt (Mutation)", "Virenbefall" oder "Umweltbedingter Ursache".

- Nur eines scheint mir gewiss zu sein: Der Fruchtkörper (beachte die Sporenstaubablagerung auf den Lamellen!) ist fertil!!!


Grüße
Gerd
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Re: Modernes Kunstwerk - Maronenstiel

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,
UmUlmHerum hat geschrieben: Die zweite Zugabe ist der Link zu einer völlig verrückten Missbildung in einem anderen Pilze-Forum. Bei einer Eichen-Rotkappe war der Stiel gebrochen, irgendwie und irgendwann bildeten sich Verbindungen von Stiel zum gekippten Hut, geäst-förmig aus Stiel-Material. Schwer zu beschreiben, das Reinschauen (Foto 9 und 10) lohnt sich! Ich will hier keine fremden Bilder rumkopieren - deswegen der Original-Thread unter
http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs ... ead=228350
Bei diesem bizarrem Kunstwerk tappe ich ziemlich im Dunkeln und trage zuerst einmal (sinngemäß) Beispiele aus der Literatur zusammen:

(1) Hutlose Fruchtkörper:

[1]„Manche Pilzarten bilden in völliger Dunkelheit normale, fertile Fruchtkörper, …
Andere, vorwiegend holzzerstörende Hymenomyzeten bilden bei Lichtmangel, hutlose, sterile, stiel-, horn- oder geweihförmige „Dunkelformen“ aus, z.B.Flammulina velutipes, …
Artabhängig reicht zur Ausbildung von derartigen Missbildungen bereits die Lichtqualität (z.B. zu geringer Blauanteil) oder eine zu geringe Beleuchtungsdauer…“[/i]
[1] beschreibt im Abschnitt „Horn- und geweihförmige Bildungen“ Beispiele (Boletales werden nicht erwähnt) aus Bergwerken, Brunnenschächten, Kellern und unter experimentellen Bedingungen bei denen die Stiele horn-/geweihförmig verzweigt, oft stark verlängert sind und dem Fruchtkörper Hüte und Hymenophore fehlen.
---> Aber, in all den gezeigten Fällen sind die Stiel extrem schlank und nicht normal ausgebildet.
Regeneration
- Wir haben schon viele Beispiele gezeigt, bei denen sich „Nichtblätterpilze“ bei einer Lageveränderung des Substrats anpassen und gleich mehrere, der Porenschicht oder der Huthaut entspringende, neue Fruchtkörper bilden.

(2) Doppelfruchtkörper

[1] zeigt einen „Stockwerkspilz“, den er in der Bildunterschrift wie folgt kommentiert:
- Scheinbare Dreifachbildung beim Wiesen-Egerling, Agaricus campestris: der unterste Fruchtkörper hat einen zweiten emporgehoben, mit dessen Hut erverwachsen ist; der Stiel (Anm. Gerd: senkrecht nach oben zeigend) des oberen Pilzes hat aus seiner Basis einen vollständigen Hut mit Hymenophor neu gebildet. Nach Smith 1873.



---> Etwas Ähnliches (einen Steinpilz von einem jüdischen Friedhof) hatten wir, leider nicht mehr auffindbar, auch schon.


(3) Regeneration

- Insbesondere "Nichtblätterpilze" reagieren bei einer Lageveränderung des Substrat (Stichwort Geotopismus) mit der Neubildung mehrerer, aus dem Hymenophor oder der Huttrama entspringender, frischer Fruchtkörper.
---> Auch hier hatten wir schon einige Beispiele gezeigt.
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Mein Erklärungsversuch:

- Der Hut wurde durch mech. Beschädigung abgerissen und lag noch auf dem Stiel!?

- Der Stiel hat durch Regeneration/Weiterwachsen versucht einen neuen Hut zu bilden, wurde dabei "evtl. wegen des daraufliegenden Huts durch Lichtmangel) in seinem genetisch fixiertem Programm gestört und hat synchron mehrere Stielauswüchse produziert, die mit dem daraufliegendem , etwas abgehobenem Hut letztendlich (mit der Huttrama) verwachsen sind.


Sorry, aber eine bessere Vermutung fällt mir nicht ein.

Grüße
Gerd

Literatur:

[1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62; 108-124
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