Morchel mit innenliegendem Hymenium

Missbildungen und Mutationen an Pilzen können hier vorgestellt werden - Forumsstart 14.03.2009
UmUlmHerum
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Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von UmUlmHerum »

Hallo miteinander!

Vor ein paar Tagen fand ich einige wunderschöne Speisemorcheln. Beim Putzen fiel mir auf, dass bei manchen Fruchtkörpern sich auch innen ein Hymenium gebildet hatte. Erst bei der Letzten kam mir der Gedanke, dass dies doch ein Fall für´s Gruselforum wäre. Also schnell noch ein paar Bilder aus der Hand geschossen, bevor ich weiterschnippelte:
Morchella_divers_esculenta_Miss_12_Dbw.jpg
Morchella_divers_esculenta_Miss_12_Dbw.jpg (334.86 KiB) 7915 mal betrachtet
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Bei dieser letzten Morchel war fast der gesamte innere Hohlraum überzogen, bei Anderen war es nur ca. ein Hälfte. Bei allen betroffenen Frk. gab es eine Art "Längsspalt" im "Hut"-Bereich – wie wenn dort das Hymenium "hinein gekrochen" wäre. Das seht Ihr auch auf dem Foto – ich habe entlang des Spalts geschnitten (die oberste Kappe war leider schon weg, bevor ich ans Gruselforum dachte) und dann die Hälften nach rechts + links aufgeklappt. Der Stiel ist also unten.

@ Gerd:
Hallo Du bekennender "Schlamper",
eigentlich sollte man (Dir) gar keine neuen Missbildungen einstellen, bevor die alten nicht beantwortet sind... Ich bin schon etwas enttäuscht darüber, dass ich zu dem doppelstieligen FiZaHelmling ein weiteres Bild (Schnitt) + Gedanken nachschiebe und von Dir einfach so gar nichts mehr kommt.

Viele Grüße – Rika
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Harry
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Re: Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo Rika,
UmUlmHerum hat geschrieben:Hallo miteinander!

Vor ein paar Tagen fand ich einige wunderschöne Speisemorcheln. Beim Putzen fiel mir auf, dass bei manchen Fruchtkörpern sich auch innen ein Hymenium gebildet hatte. Erst bei der Letzten kam mir der Gedanke, dass dies doch ein Fall für´s Gruselforum wäre. Also schnell noch ein paar Bilder aus der Hand geschossen, bevor ich weiterschnippelte:

Morchella_divers_esculenta_Miss_12_Dbw.jpg
Bei dieser letzten Morchel war fast der gesamte innere Hohlraum überzogen, bei Anderen war es nur ca. ein Hälfte. Bei allen betroffenen Frk. gab es eine Art "Längsspalt" im "Hut"-Bereich – wie wenn dort das Hymenium "hinein gekrochen" wäre. Das seht Ihr auch auf dem Foto – ich habe entlang des Spalts geschnitten (die oberste Kappe war leider schon weg, bevor ich ans Gruselforum dachte) und dann die Hälften nach rechts + links aufgeklappt. Der Stiel ist also unten.
eine tolle Missbildung zeigst du uns da. Eine Morchel mit Hymenium auf der Innenseite ist mir auch noch nicht untergekommen. Sowas hatten wir hier im Gruselforum noch nicht. Danke fürs zeigen.
UmUlmHerum hat geschrieben:
@ Gerd:
Hallo Du bekennender "Schlamper",
eigentlich sollte man (Dir) gar keine neuen Missbildungen einstellen, bevor die alten nicht beantwortet sind... Ich bin schon etwas enttäuscht darüber, dass ich zu dem doppelstieligen FiZaHelmling ein weiteres Bild (Schnitt) + Gedanken nachschiebe und von Dir einfach so gar nichts mehr kommt.
Ich kann dir da nur zustimmen. Es gibt einige Threads die von Gerd nicht abschließend beantwortet wurden. Dieses " in der Luft hängen lassen " ist in meinen Augen nicht dazu geeignet um Mitglieder für das Gruselforum bei der Stange zu halten.

Gruß
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
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Gerd †
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Re: Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

UmUlmHerum hat geschrieben:
Vor ein paar Tagen fand ich einige wunderschöne Speisemorcheln. Beim Putzen fiel mir auf, dass bei manchen Fruchtkörpern sich auch innen ein Hymenium gebildet hatte. Erst bei der Letzten kam mir der Gedanke, dass dies doch ein Fall für´s Gruselforum wäre. Also schnell noch ein paar Bilder aus der Hand geschossen, bevor ich weiterschnippelte:

Bild

Bei dieser letzten Morchel war fast der gesamte innere Hohlraum überzogen, bei Anderen war es nur ca. ein Hälfte. Bei allen betroffenen Frk. gab es eine Art "Längsspalt" im "Hut"-Bereich – wie wenn dort das Hymenium "hinein gekrochen" wäre. Das seht Ihr auch auf dem Foto – ich habe entlang des Spalts geschnitten (die oberste Kappe war leider schon weg, bevor ich ans Gruselforum dachte) und dann die Hälften nach rechts + links aufgeklappt. Der Stiel ist also unten.
- Eine ungewöhnliche Morchelform: :danke

---> Du schreibst von einem "Längsspalt" im Hutbereich !

- Da stellt sich natürlich sofort die Frage nach dem Stiel:
(a) War der +-kreisrund oder hatte der (b) eine "Längsfurche"?

(b) wäre leicht zu beantworten:

- Denn ich kann dir eine "Gyromitra gigas" (Riesen-Lorchel) mit "innen" liegendem Hymenophor bieten:
(7)GyromitraGigas_2Dia07_330.jpg
(7)GyromitraGigas_2Dia07_330.jpg (174 KiB) 7762 mal betrachtet

- Und auch in "Boudier: Icones mycologicae Tome II, Plate 222 findet man eine G. gigas (als G. curtipes bezeichnet) mit innen liegendem Hymenophor !!!


Grüße
Gerd
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
UmUlmHerum
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Re: Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von UmUlmHerum »

Hallo Gerd & alle anderen!

Bei Deinem Gyromitra-Bild hat sich eine Kammer mit Hymenophor gebildet. Aus dem Foto geht aber nicht klar hervor, ob es sich nicht nur um eine verwundene Verwachsung der regulären Außenschicht handelt, die vielleicht gar nicht 100%ig geschlossen ist– wäre bei diesen verdrehten Dingern schon möglich.

Hier zwei weitere Bilder aus den letzten Tagen. Zuerst hatte ich diese Missbildung bei mehreren Pilzen desselben Standorts, aber gestern fand ich beim Putzen wieder so eine Morchel (2. Bild), die aber ein paar Hundert Meter entfernt gewachsen war und keinen Schlitz im Hut hatte.

Hier hatten die Ameisen gehaust (ich hatte ihnen 1/4 Std. Zeit gegeben, das Feld zu räumen); beachte die Kammerbildung:
Morchella_div_esculenta_Miss_18_bw.jpg
Morchella_div_esculenta_Miss_18_bw.jpg (308.08 KiB) 7748 mal betrachtet
Originalwert Bild aufgenommen am/um:
2016:04:20 18:39:57
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Die Fruchtschicht bricht direkt aus der Innenwand hervor:
Morchella_esculenta-Miss_13_bw.jpg
Morchella_esculenta-Miss_13_bw.jpg (239.68 KiB) 7748 mal betrachtet
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Partiell
Heute hatte ich übrigens mehrere Speisemorcheln mit Schlitz im Hut, teilw. durchgehend bis in die obere Hälfte des Stiels – aber keine von ihnen hatte innenliegendes Hymenophor!

Inzwischen habe ich ein bisschen darüber nachgedacht, was es für einen Sinn haben könnte, innerhalb des Fruchtkörpers Sporen zu bilden (was aber noch nicht erwiesen ist → vielleicht sind diese Schichten ja steril? Ob ich jetzt noch eine Gammelmorchel finde mit reifem, innenliegendem Mymenophor??):
Immer wieder sehe ich Speisemorcheln, in deren hohle Frk. rote Ameisen ihre Brut getragen haben (1. Bild). Ganz praktisch im Warmen und Trockenen, gleichzeitig sicher geschützt vor den meisten Fressfeinden. Abends werden die Ameisenlarven wieder unter die Erde in den Stock getragen. Bekanntlich fühlen sich auch kleinere Nacktschnecken und so manch andere Insekten in den Hohlkörpern wohl. Und alle diese Kurzzeit-Bewohner könnten ja auch dazu beitragen, die Sporen zu verteilen!?

Gute Nacht – Rika
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Gerd †
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Re: Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,
UmUlmHerum hat geschrieben: Bei Deinem Gyromitra-Bild hat sich eine Kammer mit Hymenophor gebildet. Aus dem Foto geht aber nicht klar hervor, ob es sich nicht nur um eine verwundene Verwachsung der regulären Außenschicht handelt, die vielleicht gar nicht 100%ig geschlossen ist– wäre bei diesen verdrehten Dingern schon möglich.
- Bei meinem Bild (und auch bei dem von mir zitierten Boudier-Bild) gibt es kein im Inneren liegendes Hymenophor

---> Bei handelt es sich m.E. um eine "Verwachsung" (PseudoPseudofasciation) zweier Fruchtkörper:

(a) Man kann das gut an der Stielfurchung erkennen.
(b) Dass die Hutfurchung nicht so deutlich ist wie gewohnt liegt kann an mehreren Gründen Liegen: (1) an einer nicht optimalen Ansicht, (2) an der "nicht glatten" Oberfläche des Huts, (3)an +-vollständigen Verwachsung zweier Hüte.
UmUlmHerum hat geschrieben: Hier zwei weitere Bilder aus den letzten Tagen. Zuerst hatte ich diese Missbildung bei mehreren Pilzen desselben Standorts, aber gestern fand ich beim Putzen wieder so eine Morchel (2. Bild), die aber ein paar Hundert Meter entfernt gewachsen war und keinen Schlitz im Hut hatte.

Heute hatte ich übrigens mehrere Speisemorcheln mit Schlitz im Hut, teilw. durchgehend bis in die obere Hälfte des Stiels – aber keine von ihnen hatte innenliegendes Hymenophor!

Inzwischen habe ich ein bisschen darüber nachgedacht, was es für einen Sinn haben könnte, innerhalb des Fruchtkörpers Sporen zu bilden (was aber noch nicht erwiesen ist → vielleicht sind diese Schichten ja steril?

So, jetzt meine Schlussfolgerungen zu deinen Morchel-Funden:

(1) Fruchtkörper mit geschlitztem Hut/teilweise geschlitztem Stiel und ohne innenliegendes Hymenophor:
- Die kannst du als "Verwachsung zweier Fruchtkörper" (Pseudofasciation) abhaken, bei denen die Stiele stark und die Hüte schwächer miteinander verwachsen sind.
---> Übrigens, wegen der starken Stielverwachsung konnten sich die Stiele (und auch die Hüte) nicht voneinander weg bewegen, wie dies bei nur Basis-Stielverwachsungen typisch wäre.

(2) Stark geschlitzter Hut mit scheinbar innenliegendem Hymenophor:

- Auch hier ist die einfachste Erklärung, dass es sich um eine "Pseudofasciation" handelt, bei denen es sich beim "scheinbar innen liegendem Hymenophor" in Wirklichkeit um außen liegende Waben zweier miteinander verwachsener Fruchtkörper handelt.
völlig
Bild

- Nach meiner Schlussfolgerung siehst du recht und links jeweils ein außenliegendes Hymenophor, das sich "farblich nicht vom restlichen Hymenophor" unterscheidet.

---> Übrigens: Die Hymenophor-Farbe bestätigt mein Fazit. Denn ein völlig innen liegendes Hymenophor wäre farblich deutlich heller bis hin zu weißlich. Denn die endgültige stellt sich (habe das irgendwo gelesen) erst durch Licht-/Sauerstoff-Einfluss ein.

(3) Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte: Bei keinem der von dir beobachteten Fruchtkörper gibt es ein im "Hutinnern" ausgebildetes Hymenophor. Und nicht einmal dann, wenn das "scheinbar innen liegende Hymenophor" (zumindest bei einem der Fruchtkörper) deutlich heller ist als die dem Licht/Sauerstoff ausgesetzte übrige Außenseite der miteinander verwachsenen Hüte:

(a) Beide "scheinbar" innen liegende Hymenophore" zweier Hüte haben sich sind synchron entwickelt und eine frei von Luft-/Licht-Einfall entwickelte Hutverwachsung gebildet:
---> Dann kannst du beim "scheinbar innen liegenden" Hymenophor beider der Berührungsstell eine deutlich blassere Farbe als beim Rest der Außenseite erwarten.

(b) Beide "scheinbar" innen liegende Hymenophore sind unterschiedlich gefärbt und eines davon ist deutlich heller.
---> Das könntest du z.B. damit erklären, dass das deutlich hellere Hymenophor zu dem Fruchtkörper gehört, der sich etwas später entwickelt hat.
------------------------------

Abschließend noch:

- Ich bin überzeugt davon, dass deine "scheinbar" innen liegende Hymenophore fertil sind.
---> Kannst du leicht (du hast ein Mikroskop) überprüfen :freu

Mein abschließendes Fazit:

- Geh davon aus, dass es sich bei deinen Funden um eine "Pseudofasciation" handelt!!!
---> Dein evtl. Einwand, dass sich teilweise im Inneren der Berührungsstellen die Hüte nicht berühren betrachte ich als unbedeutend. Beachte bitte, dass die Hüte innen hohl sind. Und genau dieses Merkmal wird m.E. ausgenutzt, dass jeder der Hüte versucht ein vollständiges Hymenophor auszubilden.

---> Bei innen fleischigen Hüten mit extremer Stielverwachsung (ohne mögliche Stielverbiegung) werden die Hüte einfach mit einer deutlichen Trennfurche miteinander verwachsen.

Grüße
Gerd
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Re: Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von UmUlmHerum »

Hallo Gerd,

am Montag haben wir ja bei unserem Pilzstammtisch schon über diese Geschichte hier gesprochen, und ich hatte Dir zwei 1/2 Frk. mitgebracht:
Meines Erachtens liegt in keinem der Fälle eine Verwachsung mehrerer Fruchtkörper vor. Bei einer Morchel gibt es zumindest im unteren Stielbereich i.d.R. jede Menge Furchen (und auch Öffnungen) – das ist arttypisch und hat nix mit Pseudofasciation zu tun. Deine ganze Theorie fällt bereits mit dem Frk. den ich hier schon vor Deiner Antwort gezeigt hatte:

Methode (B):
Bild

Dass es sich um innenliegende Fruchtschichten handelt, ist völlig offensichtlich, spätestens nachdem ich sie mikroskopiert habe. Von "scheinbar" kann keine Rede sein - sie sind da + sie sind innen.

Gerade hatte ich ein Telefonat mit dem Grischde, der mir erklärt hat, dass die gesamte "Pilzbildung" bei Ascomyceten prinzipiell anders verläuft als bei Basidiomyceten. Deshalb wundere er sich auch gar nicht, wenn bei Morcheln auch innenliegende Fruchtschichten erstehen.

Meine Beobachtung und Ansicht über die Entstehung:
Das Hymenium kommt tatsächlich von außen herein – entweder durch (A) tatsächliche Öffnungen (deren Ursache z.B. auch Schneckenfraß sein kann) oder (B) an besonders dünnwandigen Stellen direkt durch die Trama. Methode (A) ist beim ersten Bild meines ersten Beitrags (siehe unten) besonders gut zu erkennen, Methode (B) an dem Bild siehe oben, ebenso an dem kleineren Frk., den ich Dir am Montag gegeben hatte.

Methode (A):
Bild

Mikroskopie:
Ich habe einen betroffenen Frk. (ähnlich der Abbildung von Methode (B)) so geschnitten, dass ich außen- und innenliegendes Hymenium im selben Präparat hatte. Außen waren die Asci + Sporen schon recht weit entwickelt = annähernd reif. Innen hingegen fand ich nur mit Mühe einige Asci, die schon unreife Sporen hatten = verzögerte Entwicklung → Erklärungen: (1) erst wächst der gesamte Frk., bildet den Hohlkörper + die äußere Fruchtschicht und dann wandert letztere nach innen = Zeitverzögerung. (2) Verlangsamtes Wachstum durch reduzierte Reize (Licht/Sauerstoff/etc.).

Hymenium von "außen":
Morchella-Miss-Hymen_05_bw.jpg
Morchella-Miss-Hymen_05_bw.jpg (167.14 KiB) 7642 mal betrachtet
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Hymenium von "innen", in der Bildmitte ein Ascus mit jungen Sporen.
Morchella-Miss-Hymen_10_bw.jpg
Morchella-Miss-Hymen_10_bw.jpg (226.75 KiB) 7642 mal betrachtet
Originalwert Bild aufgenommen am/um:
2016:04:26 23:10:24
Bild aufgenommen am/um:
Di 26. Apr 2016, 21:10
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Partiell
Mein Fazit:
Es handelt sich nicht um eine Missbildung, sondern ein innenliegendes Hymenium gehört zum normalen Spektrum eines solchen Ascomyceten.
Mich wundert nur, dass dies noch niemand beobachtet bzw. beschrieben hat!?

Viele Grüße – Rika
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Gerd †
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Re: Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,
UmUlmHerum hat geschrieben: Gerade hatte ich ein Telefonat mit dem Grischde, der mir erklärt hat, dass die gesamte "Pilzbildung" bei Ascomyceten prinzipiell anders verläuft als bei Basidiomyceten. Deshalb wundere er sich auch gar nicht, wenn bei Morcheln auch innenliegende Fruchtschichten erstehen.

...

Mein Fazit:
Es handelt sich nicht um eine Missbildung, sondern ein innenliegendes Hymenium gehört zum normalen Spektrum eines solchen Ascomyceten.
Mich wundert nur, dass dies noch niemand beobachtet bzw. beschrieben hat!?

(1) Ja, es gibt Unterschiede (darauf komme ich noch zurück) in der Fruchtkörperentwicklung der Basidiomyceten vs. Ascomyceten.
- Aber zu Recht schreibt [1] "Die Entwicklung der Ascos ähnelt der der Ständerpilzen. Und [2] schreibt "Bei Asco- und Basidiomyceten werden gleichermaßen ...
4 Fruchtkörpertypen (gynmocarp, hemiangiocarp, angiocarp, cleistocarp) unterschieden.

---> Ich bleibe bei den Gemeinsamkeiten: Beide können sich sexuell vermehren; produzieren dabei konträr geschlechtliche, "haploide" (mit einfachem Chromosomensatz) Sporen, aus denen ein haploide Myzel entsteht. Im Laufe der Entwicklung kommt es dann zu einer "Plasmogamie" (Plasma-Verschmelzung) mit Bildung eines haploiden "Dikaryontisches Myzel" (Zweikern-Myzels) und schlussendlich in Endzellen zur "Karyogamie" (Kernverschmelzung mir anschließender "Meiose" (Reduktionsteilung). Die Fruchtkörperentwicklung wird übrigens über eine Myzelverknäuelung (Bildung einer Primordie) gestartet.

---> Was dabei prinzipiell unterschiedlich sein soll, muss mir bei Gelegenheit "Grischde" erklären.

---> Jetzt zu den Unterschieden:

Bei "Basidios":

- Die "Plasmogamie" erfolgt außerhalb des Fruchtkörpers bereits im Substrat; die Fruchtkörperentwicklung startet daher mit einer "Verknäuelung " von "dikaryontischem" (salopp Sekundärmyzel genannt) Myzel.
- Karyogamie und Meiose erfolgen in der Basidie. Die Sporen werden extern auf den Basidien gebildet.

Bei Ascos:

- Die "Plasmogamie" erfolgt innerhalb des Fruchtkörpers (über zwei gegengeschlechtliche Zellen (Ascogon, Antheridium); die Fruchtkörperentwicklung startet daher mit einer Verknäuelung von haploidem Myzel. Im Fruchtkörper findet man sowohl "haploides" als auch "dikaryontisches" Myzel.

- Karyogamie und Meiose erfolgen im Schlauch, in dem auch die Sporen gebildet werden.

Weitere Unterschiede "z.B. Schnallen- vs. Haken-Bildung oder Zystiden vs. Paraphysen" halte ich für nicht so wichtig/entscheidend.
----------------------------

(2) Dein Fazit kann ich nicht nachvollziehen.

- Eine Innen liegende Fruchtschicht bei Morcheln liegt m.E. außerhalb einer normalen Fruchtkörperbildung. Für mich (obwohl ich dafür keine Schublade zitieren kann) handelt es sich um eine Bildungsabweichung = Missbildung.

---> Und ich vermute stark eine "witterungsbedingte" Ursache, da (a) eine innere Hymenophor-Bildung in meiner Literatur nicht erwähnt wird, (b) dieses Jahr das April-Wetter im Ulmer Raum "Kapriolen" ohne Ende geschlagen hat. Ob, Beschädigungen dabei eine entscheidende Rolle spielen, kann ich nicht beurteilen.

Abschlussfrage:
- Wie wär's, wenn deine Fruchtkörper einfach nur "Regenerations"-Versuche unternommen haben!? Würde mich nicht wundern, nach den Frösten der letzten Zeit!!!
----------------------------

(3) Zu Morcheln fällt mir noch etwas ein: [3] schreibt "Bei Morchella fusionieren weitgehend nur Hyphen desselben Myzels (Autogamie)". [2] beschreibt "Autogamie = Selbstbefruchtung"; der asexuellen Vermehrung äquivalent, da keine neuen Genotypen entstehen.
---------------------------

Literatur:

[1] E. Gerhardt (1984): Pilze Bd1; BLV Intensivführer

[2] H. Dörfelt, G. Jetschke (2001): Wörterbuch der Mycologie; Spektrum

[3] Strasburger (1983): Lehrbuch der Botanik; Gustav Fischer Verlag

Grüße
Gerd
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Re: Morchel mit innenliegendem Hymenium

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Rika,

Ich ergänze einmal meine Meinung, die in völligem Gegensatz zu dir und Grischde steht und konzentriere mich hier nur auf folgendes Bild, bei dem du eine "Pseudofasciation" ausgeschlossen hast.

Bild

Zitat:
Bei einer Morchel gibt es zumindest im unteren Stielbereich i.d.R. jede Menge Furchen (und auch Öffnungen) – das ist arttypisch und hat nix mit Pseudofasciation zu tun. Deine ganze Theorie fällt bereits mit dem Frk. den ich hier schon vor Deiner Antwort gezeigt hatte:

- Widerspruch: Man kann auch bei Morcheln klar erkennen, ob Stielfurchungen einer Stielverwachsung zuzuordnen sind!!!°
---> Ich zweifle übrigens deine vielen Stielfurchungen bei der Speisemorchel an. Denn, der Stiel ist da häufig rel. glatt!!! Ein Beispiel dazu (eine zweifelsfreie Pseudofasciation) werde ich demnächst bringen.

- Wenn es der oben von mir gezeigte Fruchtkörper ist, dann irrst du dich m.E., obwohl du mir die Beurteilung schwer machst und den Stiel nicht zeigst:

(a) Ob du's glaubst oder nicht: Auch bei Morcheln gibt es "Fruchtkörper-Verwachsungen" (Pseudofasciationen) :un:

(b) Ich empfehle dir deine Zusatzinfos (z.B. "Bei allen betroffenen Frk. gab es eine Art "Längsspalt" im "Hut"-Bereich") und meine Kommentare dazu in den Vorbeiträgen nochmals genauer zu lesen :ge:
---> Genau dies ist ein Merkmal, dass auf eine Verwachsung hindeutet. Und das von mir gezeigte Bild lässt m.E. nur die Schlussfolgerung "Pseudofasciation" (Verwachsung, obwohl du uns den Stiel nicht zeigst) zu. :ge:

(c) Übrigens, den mir am Stammtisch übergebene Fruchtkörperteile kann ich nix abgewinnen. Es handelt sich um "halbe Hüte/ohne Stiele", bei denen ich nicht beurteilen kann, wie der Gesamtfruchtkörper ausgesehen hat.
---> Deshalb kann ich z.B. nicht einmal beurteilen, ob du optimal geschnitten hast.
---> Überzeugt hast du mich nur davon, dass im Inneren dieser Fruchtkörper ein "fertiles" Hymenophor gebildet wird. :zu:

Mein Fazit:

- Zeige in Zukunft aussagekräftigere/komplette Bilder und übergib mir komplette Fruchtkörper, damit ich deine Funde evtl. belastbar beurteilen kann.

Grüße
Gerd
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