Grünblättrige

Missbildungen und Mutationen an Pilzen können hier vorgestellt werden - Forumsstart 14.03.2009
Uwe
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Grünblättrige

Ungelesener Beitrag von Uwe »

Hallo
Nachdem ich mich hier angemeldet habe, kann ich ja mal eine "Altlast" zeigen.
Gruenblaettrige_Schwefelkoepfe__Mutantant___2__jiw.jpg
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Gerd †
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Re: Grünblättrige

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Uwe hat geschrieben: Mo 28. Aug 2017, 17:25 Hallo
Nachdem ich mich hier angemeldet habe, kann ich ja mal eine "Altlast" zeigen.
Gruenblaettrige_Schwefelkoepfe__Mutantant___2__jiw.jpg
Hallo Uwe,

herzlichen Dank fürs Zeigen dieser interessanten Bildungsabweichung (Fruchtkörper-Missbildung), die wir bisher noch nicht hatten!!!

- In meiner Literatur werden mehrere Gründe für eine derartige "Kleinhütigkeit" angegeben. Gib mir etwas Zeit, um die zusammen zu tragen.

- In der Zwischenzeit kannst du mir beantworten, wo diese Pilze gewachsen sind.

Grüße Gerd
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
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Re: Grünblättrige

Ungelesener Beitrag von Uwe »

Hallo Gerd
Fundort: "dahinten im Wald" :)
Ich möchte dich nicht ärgern, aber so sagte es mir der Urlauber, der die Pilze gefunden hat.
Konnte nicht sagen welche Bäume dort waren. Praktisch alles möglich. Ich konnte nur noch Bilder machen.
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Gerd †
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Re: Grünblättrige

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Uwe hat geschrieben: Di 29. Aug 2017, 10:20 Hallo Gerd
Fundort: "dahinten im Wald" :)
Ich möchte dich nicht ärgern, aber so sagte es mir der Urlauber, der die Pilze gefunden hat.
Konnte nicht sagen welche Bäume dort waren. Praktisch alles möglich. Ich konnte nur noch Bilder machen.
Hallo Uwe,

- Selten so gelacht *hmw* .
---> Die naive Antwort eines Beobachters, der von Pilzen keine Ahnung hat.

- Ok, dann versuche ich es mit anderen Fragen:
1. War der Stiel übermäßig lang und/oder zu dünn?
2. Gab es davor einen Wetterumschwung?

Grüße Gerd
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
Uwe
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Re: Grünblättrige

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Hallo Gerd
Die Stiele waren in normaler Stärke, aber von der Länge eher im oberen Bereich. Ein prägnanter Wetterumschwung war nicht, eher normales , leicht wechsehaftes Herbstwetter.
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Re: Grünblättrige

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Uwe hat geschrieben: Di 29. Aug 2017, 14:20 Hallo Gerd
Die Stiele waren in normaler Stärke, aber von der Länge eher im oberen Bereich. Ein prägnanter Wetterumschwung war nicht, eher normales , leicht wechsehaftes Herbstwetter.
Hallo Uwe,
- Sehr gut, dann kann man eine witterungsbedingte Bildungsabweichung schon einmal ausschließen.
---> Beachte, zuerst streckt sich der Stiel, dann erst der Hut, der dann witterungsbedingt seine Entwicklung einstellen kann.

- Auch deine Beobachtung zur Stiellänge überrascht mich nicht. Okay, in meinem nächsten Beitrag werde ich die in meiner Literatur angegebenen Ursachen für eine "Kleinhütigkeit (Mikrokephalie)" diskutieren und bewerten.

Grüße Gerd
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
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Re: Grünblättrige

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Uwe,

hier nun meine abschließende Bewertung der gezeigten Missbildung

download/file.php?id=18911

Der Fund gehört in die Schublade (Mikrokephalie = Kleinhütigkeit).
---> Darunter versteht man ein Missverhältnis zwischen Hut und Stiel. Auffällig bei dieser „Kleinhütigkeit“ sind knopfartig kleine, oft sterile Hüte, bei ansonsten
a. normal ausgebildeten Stielen
b. oder Stielen mit keulenartig aufgedunsener Stielbasis (Vgl. https://www.pilzfotopage.de/Forum3/view ... ilz#p24331]Little cap disease[/url])

---> Witterungsbedingtes Einstellung der Fruchtkörperentwicklung habe ich bereits ausgeschlossen. Dann beschreibe/bewerte ich nachfolgend sonstige Ursachen, die in Frage kommen:

[1] beschreibt mehrere Ursachen für Bildung einer „Kleinhütigkeit“ bei ansonsten normal ausgebildeten Hüten:
a. Lichtmangel:
---> Einige Pilzarten bilden bei völliger Dunkelheit keine „Primordien“ (Fruchtkörperanlagen) oder bilden „kleinhütige“ Fruchtkörper. Diese Arten benötigen zur normalen Fruchtkörper-Bildung eine gewisse Lichtmenge, wobei meist nur „blaues Licht (400 bis 520 – 550 nm) perzipiert wird.
- Dazu gehören z.B. „Flammulina velutipes“ und „Kuehneromyces mutabilis“.
- Übrigens kann völlige Dunkelheit (z.B. in Bergwerken, Brunnenschächten, Kellern, aber auch unter entsprechenden experimentellen Bedingungen) bizarre Fruchtkörper (hornförmig, sehr verlängerte Stiele, geweihförmige Gebilde) ausbilden.

Fazit (1): Lichtmangen als Ursache bei „dahinten im Wald“-Funden bewerte ich bei dem gezeigten Fund als sehr unwahrscheinlich.

(b) Kohlendioxyd-Gehalt der Luft

- Zitat [1]: Jedem Pilzzüchter ist bekannt, dass Kulturräume ausreichend belüftet sein müssen. Dies gilt für Champignonkulturen ebenso wie für den Anbau holzzerstörender Speisepilze und es gilt in besonderem Maße für Experimente zur Fruchtkörperbildung in Glasgefäßen.

Unzureichende Belüftung (z.B. Flammulina velutipes, Kühneromyces mutabilis) führt zu einem zu geringen Sauerstoffgehalt und kann die Hutbildung verhindern oder zur Bildung „kleinhütiger“ Fruchtkörper führen.

Fazit (2): Bei dem gezeigten Fund kann man diese Ursache wohl auch ausschließen.

c. Virenbefall

- Virenbefall kann nach [1] sehr unterschiedliche Symptome hervorrufen, insbesondere Mikrokephalie, Zwergwuchs und reduzierte Fertilität.

Fazit 3:
Der Fundort „dahinten im Wald“ lässt daher nur den Schluss zu, dass man als Ursache für die gezeigte „Kleinhütigkeit“ einen Virenbefall annehmen muss!!!
Grüße Gerd

Literatur:
[1] Bildungsabweichungen an Fruchtkörpern (Teratologie); in Michael – Hennig – Kreisel (1983): Handbuch der Pilzfreunde Bd. 5, VEB Gustav Fischer Verlag Jena: 27 – 62; 108 - 124
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
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Re: Grünblättrige

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Danke Gerd
Du hast es wie immer gut analysiert!
Eine Idee habe ich noch, obwohl ich nicht wirklich daran glaube. Der "Wald dahinten" war mal Übungsgelände der Nationalen Volksarmme. Können aber irgendwelche "Altlasten" auch solche Veränderungen hervorrufen? Z. Beispiel Treibstoffe, Öle ..........?
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Re: Grünblättrige

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Uwe hat geschrieben: Mi 30. Aug 2017, 18:15 Danke Gerd
Du hast es wie immer gut analysiert!
Eine Idee habe ich noch, obwohl ich nicht wirklich daran glaube. Der "Wald dahinten" war mal Übungsgelände der Nationalen Volksarme. Können aber irgendwelche "Altlasten" auch solche Veränderungen hervorrufen? Z. Beispiel Treibstoffe, Öle ..........?
Hallo Uwe,

herzlichen Dank für diesen Hinweis!!!

- Dieser Ursache (Umweltschäden: Luftverschmutzung (Schwefeldioxyd, Methan, Stickoxyde etc.), Schwermetallbelastung, Radionuklideintrag, Salzeintrag, Insektizide, Herbizide, Pestizide) bin ich natürlich auch nachgegangen.

---> Leider war da die Ausbeute in meiner Literatur sehr gering:

1. Es ist nachgewiesen, das Umweltschäden ( z.B. Schwefeldioxyd) zum Verschwinden von Flechten, aber auch zum Rückgang pflanzenpathologischer Pilze (z.B. Ahorn-Runzelschorf) führen.

2. Auch Schäden (Stichwort "Waldschäden") sind allgemein bekannt.

3. Über Missbildungen an Pilzen gibt es kaum Hinweise: Außer Missbildungen (insbesondere unregelmäßige Hymenophore) durch Schwefeldioxyd bei Porlingen (Daedalea quercina, Trametes gibbosa, Trametes versicolor).

---> Derartige Probleme sind primär nur ein Thema der "Pilzgiftliteratur.

Grüße Gerd
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