Wissenswertes über Quercus robur

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Harry
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Wissenswertes über Quercus robur

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo zusammen,

in der Reihe Wissenswertes über habe ich bisher nur über Heilpflanzen bzw. Wildgemüse berichtet. Unsere heimischen Bäume haben in der Serie bisher ein stiefmütterliches Dasein gefristet bzw. blieben völlig unerwähnt. Über die Wintermonate will ich das nun ändern und einiges Wissenswertes über unsere heimischen Bäume zusammentragen. Beginnen werde ich mit:

Quercus robur ? Sommereiche, Stieleiche
Eiche.jpg
Eiche.jpg (152.9 KiB) 2440 mal betrachtet
Originalwert Bild aufgenommen am/um:
2005:10:10 18:07:04
Bild aufgenommen am/um:
Mo 10. Okt 2005, 16:07
Brennweite:
14.9 mm
Belichtungszeit:
1/60 Sek
Blendenwert:
f/2.2
ISO:
100
Weißabgleich:
Automatisch
Blitz:
Blitz ausgelöst, Erzwungener Blitzmodus, Messlicht-Rückgabe nicht erkannt
Kamera-Hersteller:
SONY
Kamera-Modell:
DSC-F828
Belichtungsmodus:
Automatikprogramm
Belichtungskorrektur:
0 EV
Belichtungsmessung:
Muster
Die Sommereiche ist ein sommergrüner, stattlicher Laubbaum der eine Wuchshöhe bis zu 50 Metern erreichen kann. Im Freistand bildet er eine sehr schöne kugelige Krone mit zum Teil weit ausladenden Ästen aus. Anders als bei der Wintereiche bilden sich bei Quercus robur schon in geringer Stammhöhe Äste aus. Auf folgendem Bild ist dies sehr schön zu sehen.


Den 2 - 10 cm gestielten Fruchtstände verdankt der Baum seinen deutschen Namen Stieleiche. Jede Eichel wird im unteren Drittel von einem napfförmigem, anliegend beschupptem Fruchtbecher, der sogenannten Cupula umgeben. Die Frucht selbst ist walzen.- bis eiförmig, 2 - 3,5 cm lang und bis zu 2 cm breit. In Form, Größe und Gewicht können die Eicheln innerhalb eines Baumes stark variieren. Viele dieser Früchte verbleiben unter dem Baum oder werden von Tieren verschleppt. Für den Transport über kurze Distanzen sind vor allen Dingen Kleinsäuger wie Eichhörnchen und Mäuse verantwortlich. Für die Verschleppung über größere Entfernungen sind vor allem Vögel wie Rabenvögel oder Tauben zu nennen. Garrulus glandarius, der Eichelhäher übernimmt hier sozusagen die Hauptrolle. Er vergräbt zur Bevorratung in größeren Mengen die Eicheln in der Erde wo sie ideale Bedingungen zur Überwinterung und die spätere Keimung vorfinden. Dadurch bewirkt der Eichelhäher eine intensive und effektive Ausbreitung der Samen.

Arealsgeschichte der Eichen allgemein

Aufgrund der pollenanalytisch nicht sicher zu unterscheidenden Eichenarten ist es nicht möglich die Refugien der heimischen Eichenarten während der letzten Eiszeit darzustellen.
Man vermutet dass während der letzten Eiszeit die Eichenarten drei getrennte Rückzugsgebiete in Südeuropa besiedelten. Es sind dies die iberische Halbinsel, das Apenin und der Balkan. Erste Nachweise von Quercus Pollen nördlich der Alpen stammen aus der Frühen Wärmezeit, dem Boreal etwa ab 7000 v.Chr. Begünstigt durch die Erwärmung des Klimas breitete sich unsere heimischen Eichearten rasch aus und prägten schon in der mittleren Wärmezeit dem Atlanticum, ab etwa 5000 v. Chr. zusammen mit anderen Laubbaumarten wie Eschen, Erlen, Ulmen und Linden unsere Wälder. Diese Zeit bezeichnet man auch als Eichenmischwaldzeit.
In der späten Wärmezeit dem Subboreal etwa ab 2500 v. Chr. kühlte das Klima deutlich ab und es wurde insgesamt feuchter. Diese Klimaveränderung ermöglichte die starke Ausbreitung der Rotbuche ( Fagus sylvatica ). Unsere Eichenarten waren diesem Konkurrenzdruck nicht gewachsen, was eine Verdrängung der Eichen auf den meisten Standorten zur Folge hatte. Ab dem Subatlanticum ( Nachwärmezeit ) etwa ab 800 v. Chr. wurden dann unsere Laubwälder durch Fagus sylvatica beherrscht.

Verbreitung von Quercus robur

Die Stieleiche hat heute einen mitteleuropäischen, gemäßigten kontinentalen Verbreitungsschwerpunkt. Das Areal reicht im Norden bis Irland, Schottland bis Südskandinavien und im Süden bis nach Süditalien, Südfrankreich, Nordspanien und Mittelportugal. Im Osten bildet der Ural die natürliche Verbreitungsgrenze von Quercus robur. Einen isolierten Bestand findet man an der Nordküste des schwarzen Meeres, der Halbinsel Krim und im Kaukasus vor.

Historisches

In der Mythologie spielte die Stieleiche eine sehr große Rolle. Bei vielen Völkern wie Griechen, Germanen, Slawen und Kelten war Quercus robur ein heiliger Baum der dem Donnergott Donar ( Jupiter, Thor, Perkunas ) geweiht war. Die Kelten leiteten aus dem keltischen Namen für Eiche ? Dair ? das Wort Druide ab. Druiden waren die einzigen die im keltischen Brauchtum die heiligen Eichenmisteln schneiden durften. In den Eichenwäldern wurden bei den Kelten Opfergaben gebracht und das Orakel befragt. Der normalen Bevölkerung war es zur damaligen Zeit unter Strafe verboten die lichten Eichenwälder zu betreten.

Die Eiche als Heilpflanze

Früchte, Blätter und Rinde enthalten bis zu 20 % Gerbstoffe die stark astringierend wirken.
Abkochungen der Rinde werden äusserlich bei Analleiden, Ausschlägen und Entzündungen im Bereich der Augen verwendet. Innerlich wird Eichenrinde bei stärkeren Durchfällen in Form von Tees verabreicht.

Nebenwirkungen

Intoxikationen sind beim Menschen bei normaler Dosierung kaum zu erwarten. Anders bei einigen Weidetieren wie z.B. Pferden und Rindern. Durch die Aufnahme größerer Mengen von Eichenlaub und Eicheln tritt bei den Tieren nach 3 - 5 Tagen die sogenannte Eichelkrankheit auf. Symptome der Krankeit sind apatisches Verhalten, Verweigerung des Futters, unstillbarer Durst, zunächst Verstopfung später übelriechender, blutiger Durchfall. Es macht sich eine zunehmende Mattigkeit breit und die Tiere taumeln regelrecht über die Weide. Im schlimmsten Fall kommt es bei den Tieren zu Nierenversagen. Bei der Haltung der Tiere im freien sollte darauf geachtet werden dass die Weiden nicht von Eichen begrenzt werden.

Quercus robur als Mykorrhizapartner

Stieleichen leben durchweg mit einer größeren Anzahl an Mykorrhizapilzen aus verschiedenen Gattungen in Symbiose. Hypogäische Begleitpilze von Quercus robur sind vor allem Arten aus den Gattungen Hymenogaster, Melanogaster, Hysterangium, Gautiera Rhizopogon und Tuber. Der bekannte Schlauchpilz Cenococcum geophilum geht als Ubiquist gerne mit der Stieleiche eine Symbiose ein. Unter einem Ubiquisten versteht man eine Tier- oder Pflanzenart, die zumindest in einem Teil ihres Verbreitungsgebietes eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume besiedelt.

Bei den Basidiomyceten sind es vor allen Dingen Vertreter der Boletales und der Russulales die mit Quercus robur eine Mykorrhiza eingehen. Bei den Agaricales finden sich Vertreter der Gattungen Tricholoma und Amanita in der Nähe von Stieleichen. Der tötlich giftige grüne Knollenblätterpilz geht mit Qeurcus Arten besonders gerne Symbiosen ein. Diese Liste liese sich noch um eine Vielzahl an Gattungen und Arten erweitern.

Pyhtoparasitische Pilze und tierische Schädlinge an Quercus robur

Eine der häufigsten Pilzerkrankungen bei der Stieleiche ist der echte Mehltaupilz Microsphaera alphitoides. Der Ektoparasit befällt junge Blätter und noch unverholzte Sproßachsen, bevorzugt von Johannistrieben. Er bildet auf den Blättern einen mehlig - weißen Belag und ruft eine Kräuselung dieser hervor. Starker Befall kann einzelne Sprosse oder junge Bäumchen zum Absterben bringen. Wesentlich gefährlicher ist Rosellinia desmazieresii der Eichenwurzeltöter. Er tritt bevorzugt in vernässten Böden auf und führt bei den Wurzeln jüngerer Eichen zu Wurzelfäule. Auf trockenen Böden kann Fusicoccum quercus Rindenbrand auslösen, der je nach Intensität des Befalls zum Absterben jüngerer Stieleichen führen kann. Sehr aggresive Parasiten sind Pilze der Oomycetengattung Phytophthora. Besonders anfällig ist die Stieleiche gegeüber diesen parsitischen Pilzen wohl deshalb weil sie häufig auf wechseltrockenen, wechselfeuchten oder staunassen Böder vorkommt. Trockenstress und Staunässe bieten Phytophthora quercina ideale Bedingungen um im Feinwurzelbereich der Bäume ihr zerstörerisches Werk zu beginnen und zu vollenden. Man vermutet dass Stieleichen in bestimmten Regionen durch die Pilzerkrankung , beispielsweise in den Auwäldern des bayrischen Voralpenlandes als bestandsbildende Art mehr und mehr ausfallen und durch Esche und Ahorn ersetzt werden.

Der Ascomycet Ciboria batschiana ist Verursacher der schwarzen Eichelfäule, die in manchen Jahren den völligen Ausfall von Aussaaten verursachen kann. Eine nicht unerhebliche Anzahl von Pilzarten können Holzfäulen verursachen. Hierzu zählt Phellinus robustus der Eichenfeuerschwamm. Der Weißfäuleerzeuger bildet recht große, konsolenförmige Fruchtkörper aus. Xylobulus frustulatus, der Mosaik Schichtpilz, verursacht im Kernholz eine besonder Form von Weißfäule - die Weißloch oder Wabenfäule. Der Braunfäuleerzeuger Laetiporus sulphureus ( Schwefelporling ) befällt als Wundparasit auch das Kernholz von Quercus robur. Die bekannte Ochsenzunge ( Fistulina hepatica ) besiedelt ältere Eichen und verursacht zunächst eine dunkelbraune Holzverfärbung die man auch Hartröte oder Schokoladenholz nennt. Im Spätstadium kommt es dann zu einer Holzzerstörung durch Braunfäule.

Die Stieleiche wird auch von einer Vielzahl von Insektenarten besiedelt, die sich mehr oder weniger schädigend auf den Baum auswirken können. Stellvertretend für die vielen Arten soll hier nur einige genannt werden. Unter den Käfern der Eichen ? Widderbock, der Eichelbohrer, der Eichen - Splintkäfer und der Schiffswerft Käfer. Einige Lepidoptera wie der kleine Frostspanner , der Schwammspinner und der Grüne Eichenwickler können der Stieleiche durch Kahlfraß erhebliche Schäden zufügen. Bei Quercus robur finden sich viele verschiedene Gallenbildungen , ohne dass sie zu Schäden führen. Verusacher der Gallen sind Gallmücken, Gallwespen und Gallmilben. Gallen treten an Blättern, Sprossachsen, Knospen, Blütenständen, Früchten und Wurzeln auf. Eine der interessantesten Gallen werden durch die Knopperngallwespe verursacht die aber unbedingt die nähe von Qercus ceris braucht. Nähers über diese Gallwespe könnt ihr hier erfahren.

http://www.pilzfotopage.de/cgi-bin/sbb/ ... &start=0#1

Es gäbe sicherlich noch sehr viel zu diesem Baum zu schreiben aber das soll es mal fürs erste gewesen sein.

Gruß
Harry
BaEd

Re: Wissenswertes über Quercus robur

Ungelesener Beitrag von BaEd »

Hallo Harry,
eine kleine Anmerkung: Mir wäre es hilfreich, den Baum nicht nur im Habitus, sondern jeweils, wenn vorhanden, Fotos von Rinde und Blatt zu haben. Bei der Eiche kann ich gerade noch mithalten, aber gerade im unbelaubten Zustand Bäume an Hand der Rinde zu erkennen, finde ich sehr schwer. Zumal die Borke sich mit dem Alterungsprozess verändert.
Ich schaue häufiger `mal im Netz, ob ich ?Rindenbilder? finde.
Liebe Grüße Barbara
bleem

Re: Re: Wissenswertes über Quercus robur

Ungelesener Beitrag von bleem »

BaEd hat geschrieben: Ich schaue häufiger `mal im Netz, ob ich ?Rindenbilder? finde.
Hi Barbara

In Sachen Baumbestimmung mit Rinden, Borken etc. bist du hier goldrichtig aufgehoben.

Ciao bleem
BaEd

Re: Wissenswertes über Quercus robur

Ungelesener Beitrag von BaEd »

In Sachen Baumbestimmung mit Rinden, Borken etc. bist du hier goldrichtig aufgehoben.
:su: Geht doch ... In diesem Sinne
LG B
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