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Rotgelber Stoppelpilz; Semmelstoppelpilz - Anmerkung

Verfasst: Mi 4. Okt 2006, 21:11
von BaEd

Hydnum repandum var. rufescens der "Bruder" des Semmelstoppelpilzes ist ja als relativ derber, fleischiger Pilz bekannt. Hier wächst eine kleinere Form, den biologisch korrekten Begriff kenne ich nicht, (es ist ja sicher keine Art), die deutlich kleiner und zarter ist.

Hüte werden etwas < 40 mm groß, dünnfleischig und oft regelmäßiger trichterförmig.

Wie man sieht, handelt es sich nicht um besonders junge Exemplare, die vielleicht noch wachsen würden. Die Stiele sind auffallend dünn, mehr hutfarbend, oft hohl.

Hier sind die unterschiedlichen Formen. Die kräftige, fleischige Art wächst an den gleichen Stellen.
Nach meiner Erfahrung schmeckt der rohe Pilz nicht mild, sondern besonders die jungen Exemplare scharf, nicht bitter und erinnern etwas an einen Speitäubling.
Diese Stoppelpilze mit Trichterform findet man auch unter folgendem link
http://www.norwegen-freunde.com/sopp/text/6sichere.php
Grüße Barbara

Re: Rotgelber Stoppelpilz; Semmelstoppelpilz - Anmerkung

Verfasst: Di 10. Apr 2007, 15:38
von Gerd †
Hallo Barbara,

der kleinen Bruder, den du darstellst, könnte eine erst 2004 beschriebene neue Art sein:

Hydnum ellipsosporum

Um sicherzugehen muss man mikroskopieren und sich die Sporenform/-größe anschauen.

Literatur:

HARALD OSTROW & LUDWIG BEENKEN (2004): Hydnum ellipsosporum spec. nov. (Basidiomycetes, Cantharellales) - ein Doppelgänger
von Hydnum rufescens Fr.

- Eine Gegenüberstellung der Merkmale findest Du hier:

http://www.pilzfotopage.de/cgi-bin/sbb/ ... &start=0#1

Liebe Grüße
Gerd

Re: Rotgelber Stoppelpilz; Semmelstoppelpilz - Anmerkung

Verfasst: Di 10. Apr 2007, 21:23
von Gerd †
Hallo Barbara,
Ja Hallo Gerd, was hast du denn ausgegraben?
- Eine neu beschriebene Art, die es immerhin in die "Online-Kartierung" geschafft hat.
Im letzten Jahr waren die Pilze an bestimmten Stellen hier im Wald häufiger anzutreffen. Wenn es wieder welche gibt, rufe ich ganz laut nach Dir (falls du dann noch Interesse hast).
- Deinen Fund würde ich gerne mikroskopieren. Das geht ohne großen Aufwand, da man ja nur die Sporengröße/-form bewerten muss.
Da keiner geantwortet hatte, habe ich auch kein Exsikat mehr.
- Tja, was soll man (so ging es mir) antworten, wenn einem nix einfällt. Dass ich erst jetzt anworte liegt einfach daran, dass ich über einen Hydnum-Entwurf auf meiner Platte gestolpert bin, den ich vergessen habe als Beitrag bei Inga (http://www.pilzfotopage.de/cgi-bin/sbb/ ... &start=0#1) abzusetzen.

- Schade. Bei solchen unklaren Funden solltest Du das Exsikkat nicht wegwerfen sondern aufheben. Gelegentlich dauert es halt etwas länger, bis ein Fall geklärt werden kann.

Liebe Grüße
Gerd

Re: Rotgelber Stoppelpilz; Semmelstoppelpilz - Anmerkung

Verfasst: Mi 11. Apr 2007, 02:48
von Gerd †
Hallo Barbara,

Wenn mir bei Arten, die starke morphologische Übergänge zeigen nichts mehr einfällt, dann versuche ich mir über eine Zusammenstellung und Bewertung von Merkmalen einen Überblick zu verschaffen.

- Ich werde hierzu nur Merkmale nach OSTROW & BEENKEN berücksichtigen, da in der sonstigen mir bekannten Literatur (inkl. Krieglsteiner (BW-Atlas) und JÜLICH widersprüchliche Merkmale für H. repandum und H. rufescens angegeben werden.

Bei der Bewertung vergebe ich Punkte:

+1 (Merkmal trifft voll zu); -1 ( Merkmal trifft nicht zu)

--- (Merkmal kann ich nicht bewerten, könnte zutreffen oder noch in der Variabilität liegen; die Vergabe eines "+ oder -" Punktes halte ich hier für nicht gerechtfertigt)

-2 (Merkmal liegt m.E. völlig außerhalb der Variabilität)
---> Diese Bewertung vergebe ich nur, wenn ich die Art kenne oder ich nach Literaturangaben den Eindruck habe, dass dieses Merkmal nach meiner persönlichen Einschätzung außerhalb der Variabilität liegt.

+2 (Merkmal betrachte ich als voll zutreffend und als gutes (+-konstantes) Trennmerkmal zu anderen Arten.
---> Diese Bewertung verkneife ich mir hier, da ich die neu beschriebene Art nicht kenne und bisher eh so meine Not hatte aufgrund von Frk.-Größe und Farbe H. repandum und H. rufescens zu trennen und oft resigniert aufgab.

Und jetzt zeige ich in nachfolgenden Tabelle, was dabei herauskommt:



Das Ergebnis ist eindeutig und so, wie ich es erwartet habe:

- H. albidum und H. repandum kann man ausschließen

- In die engere Wahl kommen nur H. rufescens und H. ellipsosporum, die nach OSTROW & BEENKEN morphologisch oft nicht eindeutig trennbar sind.

Einschub:

- OSTROW & BEENKEN haben eine mich (bekennender Lumper) überzeugende "neue Art" vorgestellt und vorbildlich gegenüber ähnlichen Arten abgegrenzt.

- Allerdings bin ich andererseits davon überzeugt, dass wenn man eine Art und seine nächsten Verwandten wirklich genau kennt und in Zeit und Raum ausreichend oft in der Hand hatte, dann sollte man "gute" Arten auch im Feld unterscheiden können.

- Na klar, sogar jedes Individuum der gleichen Art ist nicht identisch und oft für einen Außenstehenden nicht unterscheidbar. Ich nenne einmal zwei Beispiele:

(a) Ein Schäfer hat mir überzeugend versichert, dass er jedes seiner 500 Schafe unterscheiden kann und jedes seiner Tiere einen eigenen Charakter hat.

(b) Eineiige Zwillige kann man als "Otto-Normalverbraucher" nicht unterscheiden. Doch auch hier gilt, dass z.B. ihre Mutter beide ohne Problem unterscheiden kann.

===> Und da soll mir jemand erklären, dass man "gute Arten" makroskopisch nicht trennen kann, wenn man sie denn genügend oft beobachtet hat. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und postuliere (brauch ich zum Glück nicht zu beweisen): Arten, die man nur über mikroskopische/elektronenmikroskopische Merkmale trennen kann (neuerdings sind auch DNS-Sequenzen IN), stehe ich skeptisch gegenüber. Denn auch da gibt es genügend Literaturhinweise, die die ach so konstanten Mikromerkmale kritisch beurteilen.
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Doch nun zu meiner Bewertung Deines Fundes. Ich halte es (vorbehaltlich einer mikroskopischen Untersuchung) für

H. elipsosporum:

- Und dies nicht , da diese Art die meisten Punkte angesammelt hat. Der Unterschied zu H. rufescens ist ja ziemlich gering.

---> Doch beachte, dass insbesondere die Größe der Fruchtkörper und der Standort auf saurem Boden m. E. ein konstantes (!?) Merkmal sein soll.

---> Beachte auch, dass H. rufescens (habe ich nicht bewertet) nach Literatur (KRIEGHSTEINER, BW-Atlas den gleichen Standort wie H. repandum haben soll. Und der wird als über Kalk (vergleiche Deinen Link zu den Norwegern) angegeben.

---> Beachte auch (habe ich nicht bewertet), dass OSTROW & BEENKEN folgendes (auf Deinen Bildern voll zutreffend) über den Hut schreiben:
"... selten trichterförmig mit lochartig vertieftem Zentrum; ..."
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Mein Fazit:

- Ich bin (fast) überzeugt davon, dass Du H. ellipsosporum vorgestellt hast.

---> Doch kartieren würde ich Deinen Fund erst nach mikroskopischer Überprüfung.

---> Also erst einmal abwarten und mir Fruchtkörper zuschicken. Und da mich diese Art interessiert, werde ich sogar mein "völlig verstaubtes, kaum genutztes, scharfes Glas (Mikroskop)" reaktivieren.

Liebe Grüße
Gerd

Re: Rotgelber Stoppelpilz; Semmelstoppelpilz - Anmerkung

Verfasst: Mi 11. Apr 2007, 07:35
von AK_CCM
Hallo in die Runde,

Danke für die interessante Diskussion. Hydnum rufescens meine ich gut aus dem nordwestlich von Augsburg gelegenen Streitheimer Forst bei Welden zu kennen. Dort fruktifiziert die Art regelmäßig mit teils großen Fruchtkörpern mit um die 20 cm Hutdurchmesser und Stieldicken von bis zu 4 cm. Sie schmecken im Vergleich zu Hydnum repandum auch in dieser Größe mild und richtig gut - ich mag sie wegen ihres festeren Bisses lieber als Pfifferlinge. Darüber hinaus habe ich bei keinem einzigen Fk. bislang solch eine zentrale Vertiefung ausmachen können.

Standort war eine alte, inzwischen nicht mehr genutzte und größtenteils bemooste Schneise in einem Mischwald. Als Bäume sind größtenteils Fichten, aber auch Linden, Weißtannen und Rotbuchen zu nennen. Ob der Boden sauer oder basenreich ist, kann ich nicht sagen. Allerdings war der Rötliche Stoppelpilz gerne mit dem Pfifferling vergesellschaftet, was erst einmal für einen basen- und nährstoffarmen Boden spricht. Werde mir heuer den Standort genauer ansehen, dabei auf Zeigerpflanzen achten und ein paar Fk. mikroskopieren.

Gruß, Andreas