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Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Mo 4. Aug 2008, 15:13
von rovebeetle
Habe mir am Donnerstag frei genommen damit meine Frau dem anstrengenden Baby-Alltag ein bisschen entfliehen kann und bin mir ihr nach Spital/Semmering gefahren um Pilze zu suchen - in der Umg. von Wien tut sich sonst nicht viel.
Was soll ich sagen - eine (Gaumen-) Freude. Allerdings sehr anstrengend - bin mit 10kg Fotorucksack auf 45° steilen Hängen herumgekrabbelt, teilweise sogar noch mit einem 5kg Stativ. Ich sollte mir wirklich überlegen, ob ich sammeln oder ernsthaft fotografieren will >:( , denn beides zusammen geht schwer ohne dass eines darunter leidet. Ausserdem werde ich mir eine leichtere Kamera (D60 o. D80) und ein leichtes Stativ zum wandern besorgen, die D3 ist mir definitv zu schwer.
Hier ein paar Fotos. Sollte ich mich in der Bestimmung geirrt haben werdet ihr ohnehin gleich aufschreien
Calocera viscosa?
Tapinella atrotomentosa. War extrem häufig. Ist leider nicht ganz scharf, aber bei 1/3 sec. auf Spiegelvorauslösung und Drahtauslöser zu verzichten sollte einem erfahrenen Fotografen eigentlich nicht passieren. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich körperlich bereits leicht angeschlagen.
Ein paar Baby-Rotkappen (Leccinum rufum/aurantiacum - was ist jetzt eigentlich der gültige Name?)
Insgesamt haben wir 10 Arten zum Verzehr mitgenommen: Cantharellus cibarius, Boletus edulis, Xerocomus badius, X. chrysenteron, X. subtomentosus, Suillus grevillei, Leccinum rufum, L. versipelle, sowie zwei Russula-Arten, die ich noch separat im Bestimmunsforum posten werde, einfach weil's mich interessiert was ich da gegessen habe.
Die haben wir stehen lassen, und ich würde gerne wissen was das ist (ich schätze irgendein Cortinarius) und ob beides das gleiche ist nur unterschiedlich alt:
Hier noch ein Übersichtsbild der Ausbeute, schnell noch freihändig geschossen bei ISO1600 bevor meine Frau sie verarbeitet hat. Das Abendessen am Donnerstag war aber vorzüglich :biggt:
lg
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 10:33
von zuehli
(Leccinum rufum/aurantiacum - was ist jetzt eigentlich der gültige Name?)
Leccinum aurantiacum ist gültig. Laut Index Fungorum ist das wohl der ältere Name, obwohl an anderen Quellen wieder andere Jahreszahlen zu sehen sind.
Gruß Harald
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 11:03
von resavac71
Hallo Haary sehr schöne fund, und sehr schöne fotos.
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 11:15
von Andreas
Hallo,
schöne Funde und tolle Bilder!
Zu deinen Frage nach Bestimmung und Nomenklatur:
Erst die Bestimmungen. Die beiden Fotos zeigen jeweils Schleierlinge. Der erste ist der Orangefuchsige Raukopf (Cortinarius orellanus) - tödlich giftig! - der zweite sehr wahrscheinlich den Purpurfleckenden Schleimkopf (Cortinarius purpurascens). Wenn man den am Stiel drückt, verstärkt sich die violette Färbung, er wird richtig intensiv Violett an den Druckstellen.
Zur Namensgebung der Espen-Rotkappe.
Leccinum rufum ist ein nicht wegen uneinheitlicher Interpretation nicht zu verwendender Name ("nomen confusum", "nomen ambiguum"). Er wurde in jüngerer zeit von KREISEL und darauf gründend von DÖRFELT für die Birken-Rotkappe (L. versipelle) benutzt. Die SCHÄFFERsche Abbildung könnte aber ebensogut eine Nadelwald-Rotkappe (L. vulpinum) oder die Laubwald-Rotkappe (L. "quercinum", beileibe nicht nur unter Eiche wachsend!) sein. Man kann man den Namen rufum also außer Betracht lassen und für die Espen-Rotkappe kommt er als so ziemlich einzige Rotkappenart eh nicht in Frage.
Der korrekte Name für die Espen-Rotkappe (also die Art mit dem jung rein weißen Stiel) ist schwierig. Traditionell wird sie L. aurantiacum genannt, ein Name der auf Bulliard zurückgeht. Nun ist es aber so, dass im Sammelgebiet von Bulliard (Pariser Becken) die Espen-Rotkappe gar nicht oder nur extrem selten vorkommt, während die Laubwald-Rotkappe (L. "quercinum") dagegen häufig ist. Die Tafel von Bulliard lässt sich auch auf diese Art besser deuten als auf die Espen-Rotkappe. Daher haben DEN BAKKER & NOORDELOOS den (überfälligen) Schritt getan und den Namen L. aurantiacum mit der Laubwald-Rotkappe (ehemals L. quercinum) verknüpft. Sicher zu recht. Damit war aber notwenig, für die Espen-Rotkappe einen anderen namen zu finden, den aurantiacum kann sie nicht mehr heißen und rufum auch nicht. Da kein anderer gültiger Name in der Literatur für die Espen-Rotkappe gefunden wurde, haben die genannten Autoren ihr einen neuen namen verpasst, sie also (obwohl altbekannt) neu beschrieben. Sie heißt nun also L. albostipitatem (übersetzt "weißgestieltes Leccinum"), was ja gut passt.
Ich hoffe, dass war jetzt halbweg nachvollziehbar. Trotzdem nochmals kurz zusammengefasst, was wir an Rotkappen kennen:
Stielschuppen rein weiß, nur alt etwas dunkelnd, unter Zitterpappel:
Leccinum albostipitatum (früher L. aurantiacum).
Stielschuppen von jung an schwarz auf weißem Stielgrund, Hut meist gelborange, unter Birke:
Leccinum versipelle
Stielschuppen fuchsbräunlich, Stielgrundfarbe zur Basis hin ebenfalls fuchsbräunlich, unter verschiedenen Laubbäumen, vor allem Eiche, aber auch Buche und Pappel:
Leccinum aurantiacum (zuvor L. quercinum, L. populinum)
Stielschuppen jung fast weiß, dann rauchgrau oder von jung an rauchgrau, nie ganz scharz, Fleisch im Schnitt langsam und nicht sehr intensiv violettgrau werdend, nicht so violettschwarz wie bei den anderen Arten, unter Nadelbäumen:
L. vulpinum und L. piceinum ("Nadelwald-Rotkappen", meiner Ansicht nach zwei getrennte Arten).
beste Grüße,
Andreas
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 12:02
von rovebeetle
Danke für die Kommentare, speziell an Andreas für die ausführliche Erklärung. Als Käfertaxonom kann ich die Verwirrnisse sehr gut nachvollziehen - ist bei uns in vielen Fällen auch nicht anders, speziell wenn die Typen nicht mehr auffindbar sind.
C. orellanus: Habe so was schon vermutet, war mir aber nicht sicher. Wenn ich Cortinarien nicht wirklich annähernd sicher ansprechen kann nehme ich sie ohnehin nicht mit.
Herzlichen Dank nochmals für die Bestimmung. D.h., die Rotkappe in meinem Foto ist eine der zwei "Nadelholz-Rotkappen", denn das war ein "fast" reiner Fichtenwald.
lg
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 14:04
von Andreas
Hallo,
nein, meiner Meinung nach ist es die Espen-Rotkappe, die jetzt L. albostipitatum heißt. Die Stiele sehen jedenfalls ganz weiß aus und Espenblätter liegen auch rum.
Die Fichten-rotkappe kann ich wegen des Stiels zwar nicht 100% ausschließen, aber die Hutfarbe passt nicht so optimal. Ist kein ganz verläßliches merkmal, aber da die Espen-R. eh die weitaus häufigere als die rare Fichten-R. ist, spricht alles für die Espen-Rotkappe.
beste Grüße,
Andreas
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 14:07
von rovebeetle
Danke!
Anmerkung an mich selbst: genau hinsehen
lg
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 14:11
von Andreas
Hallo nochmal,
die Rotkappen auf deinem Teller sind übrigens Birken-Rotkappen, zumindest die größeren im Vordergrund, gut kenntlich an den schon jung schwarzen Schuppen.
Sollten das die von deinem Bild sein, so wäre das natürlich auch denkbar, sofern die Stiele soweit im Boden steckten, dass die schwarze Schuppung auf den Fotos im Wald nicht zu sehen war. Hutfarbe würde jedenfalls auch zur Birkenrotkappe passen und wenn Espen eingestreut sind, sind oft auch einzelne Birken dabei ...
beste Grüße,
Andreas
Re: Endlich wieder mal ein Erfolgserlebnis
Verfasst: Di 5. Aug 2008, 14:23
von rovebeetle
Hallo Andreas!
Du siehst schon richtig. Die beiden grösseren auf dem Teller (habe ich ja offenbar auch richtig als L. versipelle angesprochen) sind von einem anderen Standort, ein Fichtenjungwald mit eingestreuten Birken, die kleinen weiss-stämmigen darüber sind dieselben wie auf dem ausführlich besprochenen Standortfoto.
Übrigens, auf dem L. versipelle-Standort gab's ein paar wahre Giganten (mit ca. 20cm Hutdurchmesser), aber die waren bereits so zerfressen, dass ich sie stehen liess.
lg