Geotropismus, Umorientierung der Wachtumsrichtung
Verfasst: Sa 2. Mai 2009, 22:42
Hallo Pilzfreunde,
Ich zeige (Dank an Wilhelm für die Bereitstellung der Bilder) am Beispiel von „Fomes fomentarius“ (Echter Zunderschwamm), dass sich die Wachstumsrichtung eines Fruchtkörpers ändern kann. Nachfolgend zwei Ansichten des gleichen Fruchtkörpers:
- Die Ursache ist leicht verständlich:
---> Die Wachstumsrichtung des Fruchtkörpers eines Basidiomyzeten (Ständerpilz) wird vor allem durch „Schwerkraft“ und „Licht“ bestimmt, wobei der Einfluss der Schwerkraft dominiert.
---> Der Fruchtkörper bringt deshalb sein Hymenophor (Lamellen, Röhren, Poren, Stacheln) in eine Position, die einen +-freien/unbehinderten Ausfall/Abwurf der Sporen in Richtung „Erdboden“ zulassen. Die Ausrichtung des Hymenophors zum Erdboden hin wird als “Geotropismus“ bezeichnet.
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Doch jetzt zurück zu dem gezeigten „Zunderschwamm“ und der Frage, warum das Hymenium dieser mehrjährigen Pilzart umorientiert wurde.
---> Die Antwort ist ganz einfach und kann leicht durch eine „Lageänderung“ des Substrats erklärt werden:
(1) Ursprünglich lag das Substrat so, dass die „Poren“ des Fruchtkörpers mehrere Vegetationsperioden (mindestens 7, man zähle die Zuwachskanten!) normal in Richtung Erdboden ausgerichtet waren.
(2) Doch dann wurde die Lage des Substrats (aus welchen Gründen auch immer!?) verändert und die geotrope Ausrichtung der Poren gestört.
---> Der Fruchtkörper hat darauf reagiert und versuchte in den nachfolgenden Vegetationsperioden durch Neuorientierung der „Porenausrichtung“ einen freien „Sporenausfall“ sicher zu stellen.
- Tja, derartig „umorientiertes Wachstum“ habe ich auch bei anderen „mehrjährigen, pileat an Holz wachsenden Pilzarten“ (z.B. Fomitopsis pinicola, Rotrandiger Baumschwamm), werden auch bei [1] erwähnt, schon mehrfach beobachtet.
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- Weit daneben, wenn man nun annimmt, dass eine derartige „Umorientierung“ nur bei „pileaten, an Holz wachsenden Pilzarten“ beobachtet werden kann. Ich nenne einmal ein paar Beispiele, die vermutlich jeder Pilzfreund schon beobachtet hat:
(1) Auch abgerissene Blätterpilze (Sammelgut), z.B. Amanita (Wulstlinge), Pluteus (Dachpilze), Volvariella (Scheidlinge) etc. sind noch zu einer „geotropischen“ Reaktion fähig und versuchen durch Stielverkrümmung die Lamellen erneut in eine für den „Sporenabwurf“ optimale Lage zu bringen.
---> Eine derartig „nachträgliche“ geotrope Ausrichtung scheint bei „festfleischigen/dickblättrigen“ Arten (z.B. Lactarius vellerus) zu fehlen.
(2) Übrigens, auch „büschelig wachsende“ Pilzarten (z.B. Hallimasch, Stockschwämmchen, Schwefelköpfe etc) krümmen in der Entwicklungsphase ihre Stiele (damit sich die Hüte nicht gegenseitig behindern) , um die Lamellen in eine für den Sporenabwurf günstige Lage zu bringen.
(3) Interessant in diesem Zusammenhang ist nach [1] evtl. noch:
(a) Bei z.B. mehrjährigen „Phellinus“ (Feuerschwamm)- oder Ganoderma (Lackporling)-Arten“ wurde eine geotrope „Anpassung“ noch nicht beobachtet.
(b) Aber auch bei langsam wachsenden „einjährigen“ Pilzarten, z.B. Gloeophyllum sepiarium (Zaunblättling); Polyporus squamosus (Schuppiger Porling), Piptoporus betulinus (Birkenporling), konnten derartige Reaktionen/Regenerationen auf „Lageverändereung“ beobachtet werden. Derartige „Umorientierungen“ sind naturgemäß äußerst selten, da sie nur entstehen können, wenn während der wenigen Wochen Entwicklungszeit der Fruchtkörper eine Lageveränderung des Substrats eintritt.
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So nebenbei: [1] erwähnt noch, dass sog. „secotioide (in Hut und Stiel gegliederte) Basidiomyceten“ (die überbrücken den „Übergang zu den Bauchpilzen), keine geotopische Regenerationsneigung zeigen.
---> Doch darauf einzugehen, dass erspare ich mir.
[1]Literatur:[/url]
Michael – Hennig – Kreisel (1983): Handbuch der Pilzfreunde Band V
Liebe Grüße
Gerd
Nachtrag: 23:50Uhr:
"Alzheimer läßt grüßen" Ich hatte vergessen noch etwas zum Lichteinflusss (z,B. Agaricus (Champignon)- oder Coprinus (Tintling)-Kulturen zu erwähnen:
- Die Auswirkung kann man in einseitig belichteten Kellerräumen beobachten. Der Stiel wächst schräg zum Kellerfenster und erst dann wird dere Hut normal "geotrop" ausgerichtet.
Ich zeige (Dank an Wilhelm für die Bereitstellung der Bilder) am Beispiel von „Fomes fomentarius“ (Echter Zunderschwamm), dass sich die Wachstumsrichtung eines Fruchtkörpers ändern kann. Nachfolgend zwei Ansichten des gleichen Fruchtkörpers:
- Die Ursache ist leicht verständlich:
---> Die Wachstumsrichtung des Fruchtkörpers eines Basidiomyzeten (Ständerpilz) wird vor allem durch „Schwerkraft“ und „Licht“ bestimmt, wobei der Einfluss der Schwerkraft dominiert.
---> Der Fruchtkörper bringt deshalb sein Hymenophor (Lamellen, Röhren, Poren, Stacheln) in eine Position, die einen +-freien/unbehinderten Ausfall/Abwurf der Sporen in Richtung „Erdboden“ zulassen. Die Ausrichtung des Hymenophors zum Erdboden hin wird als “Geotropismus“ bezeichnet.
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Doch jetzt zurück zu dem gezeigten „Zunderschwamm“ und der Frage, warum das Hymenium dieser mehrjährigen Pilzart umorientiert wurde.
---> Die Antwort ist ganz einfach und kann leicht durch eine „Lageänderung“ des Substrats erklärt werden:
(1) Ursprünglich lag das Substrat so, dass die „Poren“ des Fruchtkörpers mehrere Vegetationsperioden (mindestens 7, man zähle die Zuwachskanten!) normal in Richtung Erdboden ausgerichtet waren.
(2) Doch dann wurde die Lage des Substrats (aus welchen Gründen auch immer!?) verändert und die geotrope Ausrichtung der Poren gestört.
---> Der Fruchtkörper hat darauf reagiert und versuchte in den nachfolgenden Vegetationsperioden durch Neuorientierung der „Porenausrichtung“ einen freien „Sporenausfall“ sicher zu stellen.
- Tja, derartig „umorientiertes Wachstum“ habe ich auch bei anderen „mehrjährigen, pileat an Holz wachsenden Pilzarten“ (z.B. Fomitopsis pinicola, Rotrandiger Baumschwamm), werden auch bei [1] erwähnt, schon mehrfach beobachtet.
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- Weit daneben, wenn man nun annimmt, dass eine derartige „Umorientierung“ nur bei „pileaten, an Holz wachsenden Pilzarten“ beobachtet werden kann. Ich nenne einmal ein paar Beispiele, die vermutlich jeder Pilzfreund schon beobachtet hat:
(1) Auch abgerissene Blätterpilze (Sammelgut), z.B. Amanita (Wulstlinge), Pluteus (Dachpilze), Volvariella (Scheidlinge) etc. sind noch zu einer „geotropischen“ Reaktion fähig und versuchen durch Stielverkrümmung die Lamellen erneut in eine für den „Sporenabwurf“ optimale Lage zu bringen.
---> Eine derartig „nachträgliche“ geotrope Ausrichtung scheint bei „festfleischigen/dickblättrigen“ Arten (z.B. Lactarius vellerus) zu fehlen.
(2) Übrigens, auch „büschelig wachsende“ Pilzarten (z.B. Hallimasch, Stockschwämmchen, Schwefelköpfe etc) krümmen in der Entwicklungsphase ihre Stiele (damit sich die Hüte nicht gegenseitig behindern) , um die Lamellen in eine für den Sporenabwurf günstige Lage zu bringen.
(3) Interessant in diesem Zusammenhang ist nach [1] evtl. noch:
(a) Bei z.B. mehrjährigen „Phellinus“ (Feuerschwamm)- oder Ganoderma (Lackporling)-Arten“ wurde eine geotrope „Anpassung“ noch nicht beobachtet.
(b) Aber auch bei langsam wachsenden „einjährigen“ Pilzarten, z.B. Gloeophyllum sepiarium (Zaunblättling); Polyporus squamosus (Schuppiger Porling), Piptoporus betulinus (Birkenporling), konnten derartige Reaktionen/Regenerationen auf „Lageverändereung“ beobachtet werden. Derartige „Umorientierungen“ sind naturgemäß äußerst selten, da sie nur entstehen können, wenn während der wenigen Wochen Entwicklungszeit der Fruchtkörper eine Lageveränderung des Substrats eintritt.
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So nebenbei: [1] erwähnt noch, dass sog. „secotioide (in Hut und Stiel gegliederte) Basidiomyceten“ (die überbrücken den „Übergang zu den Bauchpilzen), keine geotopische Regenerationsneigung zeigen.
---> Doch darauf einzugehen, dass erspare ich mir.
[1]Literatur:[/url]
Michael – Hennig – Kreisel (1983): Handbuch der Pilzfreunde Band V
Liebe Grüße
Gerd
Nachtrag: 23:50Uhr:
"Alzheimer läßt grüßen" Ich hatte vergessen noch etwas zum Lichteinflusss (z,B. Agaricus (Champignon)- oder Coprinus (Tintling)-Kulturen zu erwähnen:
- Die Auswirkung kann man in einseitig belichteten Kellerräumen beobachten. Der Stiel wächst schräg zum Kellerfenster und erst dann wird dere Hut normal "geotrop" ausgerichtet.
