Ein Bestimmungskrimi, oder manchmal hilft selbst die beste L
Verfasst: Mo 16. Okt 2006, 18:46
Liebe Phytoparasitenfreunde,
unter diesem etwas reißerischen Titel möchte ich Euch eine umfangreiche Bestimmungsarbeit eines Phytoparasiten vorstellen, die letztendlich, doch noch durch Erfolg gekrönt wurde, wenn auch ganz anders als zunächst gedacht.
Auf Catalpa bignonioides dem Trompetenbaum, einem Exoten, der gut an den langen Schoten zu erkennen ist und der sich zunehmender Beliebtheit erfreut und deshalb in Garten und Parks zu finden ist habe ich erstmals am 10.10.2006 von Echtem Mehltaupilz befallene Blätter gefunden.
Schnell den beliebten Klenke ( siehe Literaturhinweise ) zur Hand und nachgeschaut, was denn überhaupt für Echte Mehltaupilze auf Catalpa bignonioides gefunden werden können.
Es können immerhin 4 unterschiedliche Mehltaupilzarten gefunden werden, allerdings sind lt. Klenke bisher alle in Sachsen fehlend.
Das war natürlich zusätzlicher Ansporn für mich zu versuchen eine Bestimmung durchzuführen und einen Nachweis bei uns in Niedersachsen zu erbringen.
Hier erstmals die Bilder der befallenen Blätter und der Schote, als Identifikationshilfe , die schöne Myzelbildung dokumentiert und gottseidank auch Perithezien enthielten, die ich mikroskopieren konnte:
Auch die Mikrobilder habe ich mal beigefügt. Ich bitte die saumäßige Qualität zu entschuldigen, aber es ist meine alte Digikamera, direkt durchs Okular fotografiert und mehr gibt das Elendsding nicht her, aber man erkennt alle wichtigen Details und die entsprechenden Maße:
Auf Mikrobild 1 sieht man schön die Perithezien ( Kugeln ), die bei mir durchschnittlich 45-50 mal Faktor 2,5 ( bei 400 fach ) = 112,5 - 125µm groß waren, sowie eine geöffnete Perithezie, aus der gerade ein Ascus ( Schlauch mit Sporen ) austritt, separate Asci mit unterschiedlicher Sporenanzahl, sowie die gekrümmten Anhängsel an der Perithezie.
Mikrobild 2 zeigt eine geöffnete Perithezie und sehr deutlich ein schön ausgebildetes gekrümmtes Anhängsel.
So ausgerüstet ging meine Schlüsselung zur Artbestimmung nach Klenke los:
1 Konidien zugespitzt, Perithezien > 150 µm, Myzel weißlich filzig.
Xerothermpilz ( wärmebegünstigt ist meist Mittelmeerraum ) ist Leveillula tarica
kommt nicht in Frage, da meine Perithezien deutlich kleiner sind und außerdem auch kein Xerothermpilz.
1* Konidien keulenförmig oder ellipsoidisch weiter nach 2
2 Konidien keulenförmig, Perithezien > 150 µm, Anhängsel gerade, starr, basal kugelig angeschwollen. Myzel meist blattunterseits, zart ist Phyllactinia guttata
kommt ebenfalls nicht in Frage, da meine Perithezien deutlich kleiner
sind , Myzel oberseitig und keine geraden starren Anghängsel.
2* Konidien ellipsoidisch, Perithezien < 150 µm, Anhängsel unregelmäßig gekrümmt ohne Anschwellungen weiter nach 3
3 Konidien in Ketten, Asci 2 sporig ist Oidium hiratae
kommt ebenfalls nicht in Frage, da Perithezien gefunden und Oidium hiratae als Anamorphe ohne Perithezien ist.
3* Konidien einzeln, Asci 3 -5 sporig ist Erysiphe catalpae Simonian
Der muß es sein, da Perithezien < 150 µm, Anhängsel unregelmäßig gekrümmt, Asci 3-5sporig ( also mehrsporig ) alles prima paßt und es ja keinen anderen Mehlataupilz auf Catalpa bignonioides lt. Klenke gibt.
Unserem Spezialisten Professor Butin, dem ich die Bilder sofort per email zur Verfügung stellte, meinte, daß nach seiner Erinnerung Erysiphe catalpae andere Anhängsel hätte, er aber z.Z. sein Material bei Professor Braun zur Bearbeitung liege und er also keinen Vergleich hätte.
Darauf hin habe ich: The powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe, von Professor U.Braun ( siehe Literaturhinweis ) gezielt in Bezug auf Erysiphe catalpae hin nachgelesen und die Microbilder verglichen und dort das gelesen, bzw. gesehen:
Cleistothezien ( Perithezien ) sehr selten und ( 70-) 90-125 ( -160) µm im Durchmesser und Pl.30 fig. C zeigt deutlich andere Anhängsel!
Damit war meine Verwirrung perfekt , denn es paßte überhaupt keiner der vier Mehltaupilze mehr auf meinen Fund.
Da habe ich Professor Braun, den Mehltaupilzspezialisten schlechthin, der mir sehr bei der Bearbeitung der Erysiphales der Datenbank pilzbestimmung.de geholfen hat, durch die neueste Literatur (gemäß Literaturhinweis) per email mit Bildern am Freitagnachmittag um Hilfe gebeten und heute morgen diese Antwort bekommen:
Lieber Herr Emgenbroich!
Bei dem Pilz handelt es sich um die jüngst aus Nordamerika eingeschleppte Art: Erysiphe elevata (Burrill) U. Braun & S. Takam. (= Microsphaera elevata Burrill), cf. Ale-Agha et al. (2004): Erysiphe catalpae and Erysiphe elevata in Europe. Mycol. Progress 3(4): 291-296.
Herzliche Grüße,
Uwe Braun
Also ein ganz neuer Pilz, den ich als Erysiphe elevata (Burrill 1876) U. Braun & S. Takamatsu 2000 , syn. Microsphaera elevata Burrill 1876 schon in der Datenbank erfaßt hatte, da der Amerikanische Wirt ja auch bei uns vorkommt und ein späterer Fund nicht auszuschließen war, was sich jetztendlich auch gezeigt hat.
Ich habe bewußt mal das ganze Procedure aufgeführt, um zu zeigen, daß auch die beste Literatur manchmal nicht ausreicht eine Bestimmung durchzuführen, wenn sich zwischenzeitlich entwicklungstechnisch, klimatisch und global einiges verändert und neue Pilzarten eingeschleppt werden, mit denen keiner rechnet.
Herzliche Grüße Detlef
PS: Eric, Du hattest mir im Frühjahr vom Fund eines Mehlaupilzes auf Trompetenbaum bei Dir aus dem Süden der Republik berichtet und ich hatte Dir den Klenke -Schlüssel kopiert.
Überprüfe Deinen Fund nochmal, Du hast allerdings zu diesem frühen Zeitpunkt nur Konidien und leider keine Perithetien, im Hinblick auf die neue Erysiphe!
Literaturhinweis:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge
Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662
-Braun, Uwe: The powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe, Gustav Fischer Verlag, Jena,
Stuttgart, New York 1995, 338 Seiten ISBN 3-334-60994-4 ( Jena ), ISBN 1-56081-424-1 ( New York )
-Phylogeny of Erisiphe, Microsphaera, Uncinula ( Erysipheae )
and Cystotheca, Podosphaera, Sphaerotheca ( Cystotheceae ) inferred from rDNA IST sequences- some taxonomic consequences
Autor: Braun, Uwe & Takamatsu, Susumu
Kategorie: Zeitschrift
Seitenanzahl:S.1 - 33
Schlechtendalia 4 ( 2000 ), Veröffentlichungen aus dem Institut für Geobotanik und Botanischer Garten der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg
Anmerkungen: Vollkommene Überarbeitung der Taxonomie und Nomenklatur anhand molekularbiologischer Untersuchungen
unter diesem etwas reißerischen Titel möchte ich Euch eine umfangreiche Bestimmungsarbeit eines Phytoparasiten vorstellen, die letztendlich, doch noch durch Erfolg gekrönt wurde, wenn auch ganz anders als zunächst gedacht.
Auf Catalpa bignonioides dem Trompetenbaum, einem Exoten, der gut an den langen Schoten zu erkennen ist und der sich zunehmender Beliebtheit erfreut und deshalb in Garten und Parks zu finden ist habe ich erstmals am 10.10.2006 von Echtem Mehltaupilz befallene Blätter gefunden.
Schnell den beliebten Klenke ( siehe Literaturhinweise ) zur Hand und nachgeschaut, was denn überhaupt für Echte Mehltaupilze auf Catalpa bignonioides gefunden werden können.
Es können immerhin 4 unterschiedliche Mehltaupilzarten gefunden werden, allerdings sind lt. Klenke bisher alle in Sachsen fehlend.
Das war natürlich zusätzlicher Ansporn für mich zu versuchen eine Bestimmung durchzuführen und einen Nachweis bei uns in Niedersachsen zu erbringen.
Hier erstmals die Bilder der befallenen Blätter und der Schote, als Identifikationshilfe , die schöne Myzelbildung dokumentiert und gottseidank auch Perithezien enthielten, die ich mikroskopieren konnte:
Auch die Mikrobilder habe ich mal beigefügt. Ich bitte die saumäßige Qualität zu entschuldigen, aber es ist meine alte Digikamera, direkt durchs Okular fotografiert und mehr gibt das Elendsding nicht her, aber man erkennt alle wichtigen Details und die entsprechenden Maße:
Auf Mikrobild 1 sieht man schön die Perithezien ( Kugeln ), die bei mir durchschnittlich 45-50 mal Faktor 2,5 ( bei 400 fach ) = 112,5 - 125µm groß waren, sowie eine geöffnete Perithezie, aus der gerade ein Ascus ( Schlauch mit Sporen ) austritt, separate Asci mit unterschiedlicher Sporenanzahl, sowie die gekrümmten Anhängsel an der Perithezie.
Mikrobild 2 zeigt eine geöffnete Perithezie und sehr deutlich ein schön ausgebildetes gekrümmtes Anhängsel.
So ausgerüstet ging meine Schlüsselung zur Artbestimmung nach Klenke los:
1 Konidien zugespitzt, Perithezien > 150 µm, Myzel weißlich filzig.
Xerothermpilz ( wärmebegünstigt ist meist Mittelmeerraum ) ist Leveillula tarica
kommt nicht in Frage, da meine Perithezien deutlich kleiner sind und außerdem auch kein Xerothermpilz.
1* Konidien keulenförmig oder ellipsoidisch weiter nach 2
2 Konidien keulenförmig, Perithezien > 150 µm, Anhängsel gerade, starr, basal kugelig angeschwollen. Myzel meist blattunterseits, zart ist Phyllactinia guttata
kommt ebenfalls nicht in Frage, da meine Perithezien deutlich kleiner
sind , Myzel oberseitig und keine geraden starren Anghängsel.
2* Konidien ellipsoidisch, Perithezien < 150 µm, Anhängsel unregelmäßig gekrümmt ohne Anschwellungen weiter nach 3
3 Konidien in Ketten, Asci 2 sporig ist Oidium hiratae
kommt ebenfalls nicht in Frage, da Perithezien gefunden und Oidium hiratae als Anamorphe ohne Perithezien ist.
3* Konidien einzeln, Asci 3 -5 sporig ist Erysiphe catalpae Simonian
Der muß es sein, da Perithezien < 150 µm, Anhängsel unregelmäßig gekrümmt, Asci 3-5sporig ( also mehrsporig ) alles prima paßt und es ja keinen anderen Mehlataupilz auf Catalpa bignonioides lt. Klenke gibt.
Unserem Spezialisten Professor Butin, dem ich die Bilder sofort per email zur Verfügung stellte, meinte, daß nach seiner Erinnerung Erysiphe catalpae andere Anhängsel hätte, er aber z.Z. sein Material bei Professor Braun zur Bearbeitung liege und er also keinen Vergleich hätte.
Darauf hin habe ich: The powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe, von Professor U.Braun ( siehe Literaturhinweis ) gezielt in Bezug auf Erysiphe catalpae hin nachgelesen und die Microbilder verglichen und dort das gelesen, bzw. gesehen:
Cleistothezien ( Perithezien ) sehr selten und ( 70-) 90-125 ( -160) µm im Durchmesser und Pl.30 fig. C zeigt deutlich andere Anhängsel!
Damit war meine Verwirrung perfekt , denn es paßte überhaupt keiner der vier Mehltaupilze mehr auf meinen Fund.
Da habe ich Professor Braun, den Mehltaupilzspezialisten schlechthin, der mir sehr bei der Bearbeitung der Erysiphales der Datenbank pilzbestimmung.de geholfen hat, durch die neueste Literatur (gemäß Literaturhinweis) per email mit Bildern am Freitagnachmittag um Hilfe gebeten und heute morgen diese Antwort bekommen:
Lieber Herr Emgenbroich!
Bei dem Pilz handelt es sich um die jüngst aus Nordamerika eingeschleppte Art: Erysiphe elevata (Burrill) U. Braun & S. Takam. (= Microsphaera elevata Burrill), cf. Ale-Agha et al. (2004): Erysiphe catalpae and Erysiphe elevata in Europe. Mycol. Progress 3(4): 291-296.
Herzliche Grüße,
Uwe Braun
Also ein ganz neuer Pilz, den ich als Erysiphe elevata (Burrill 1876) U. Braun & S. Takamatsu 2000 , syn. Microsphaera elevata Burrill 1876 schon in der Datenbank erfaßt hatte, da der Amerikanische Wirt ja auch bei uns vorkommt und ein späterer Fund nicht auszuschließen war, was sich jetztendlich auch gezeigt hat.
Ich habe bewußt mal das ganze Procedure aufgeführt, um zu zeigen, daß auch die beste Literatur manchmal nicht ausreicht eine Bestimmung durchzuführen, wenn sich zwischenzeitlich entwicklungstechnisch, klimatisch und global einiges verändert und neue Pilzarten eingeschleppt werden, mit denen keiner rechnet.
Herzliche Grüße Detlef
PS: Eric, Du hattest mir im Frühjahr vom Fund eines Mehlaupilzes auf Trompetenbaum bei Dir aus dem Süden der Republik berichtet und ich hatte Dir den Klenke -Schlüssel kopiert.
Überprüfe Deinen Fund nochmal, Du hast allerdings zu diesem frühen Zeitpunkt nur Konidien und leider keine Perithetien, im Hinblick auf die neue Erysiphe!
Literaturhinweis:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge
Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662
-Braun, Uwe: The powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe, Gustav Fischer Verlag, Jena,
Stuttgart, New York 1995, 338 Seiten ISBN 3-334-60994-4 ( Jena ), ISBN 1-56081-424-1 ( New York )
-Phylogeny of Erisiphe, Microsphaera, Uncinula ( Erysipheae )
and Cystotheca, Podosphaera, Sphaerotheca ( Cystotheceae ) inferred from rDNA IST sequences- some taxonomic consequences
Autor: Braun, Uwe & Takamatsu, Susumu
Kategorie: Zeitschrift
Seitenanzahl:S.1 - 33
Schlechtendalia 4 ( 2000 ), Veröffentlichungen aus dem Institut für Geobotanik und Botanischer Garten der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg
Anmerkungen: Vollkommene Überarbeitung der Taxonomie und Nomenklatur anhand molekularbiologischer Untersuchungen