das Pilzfotopage - Forum

Hallo zusammen,

euch kann ich einen untypischen "Fruchtkörper" des Zunderschwamms bieten:

- Ist der nicht niedlich?

- Und jetzt wäre nur noch die Ursache für dieses Wachstum zu klären. Wer hat eine Idee?

Grüße
Gerd

Moin Gerd,

bei dem Steinpilz Doppeldecker hast Du gschrieben:[quote="Gerd"]

- Derartige "Doppelfruchtörper", auch "Stockwerkpilz" genannt hatten wir schon mehrfach gezeigt und diskutiert.
Die Ursache für derartige "Stockwerkpilze" ist leicht zu erklären:

- Im Myzel werden massenhaft "Fruchtkörperanlagen" (Primordien) gebildet, die sich teilweise unter meist nicht bekannten Bedingungen zu Fruchtkörpern weiterentwickeln.

- Die Primordien können teilweise sehr eng neben-/übereinander stehen und sich sogar berühren, wobei sich im Normalfall nur aus einer dieser "Primordien" ein Fruchtkörper entwickelt. Dies verhindert, dass sich mehrere Fruchtörper bei ihrer Entwicklung nicht gegenseitig stören.

---> In diesem Fall hat sich zuerst nur der "oben stehende" Fruchtkörper entwickelt und dann später eine darunterstehende "Primordie" auch zu einer Fruchtkörperentwicklung entschlossen.

- Dies führte dazu, dass der obere Fruchtkörper angehoben/von seinem Myzel getrennt wurde, seine Weiterentwicklung gestoppt hat und seine Stielbasis locker mit dem darunter liegendem Hut verwachsen ist.


Nur hier bei dem Zunderschwamm ist die Entwicklung der Fruchtkörper genau anders rum, hier hat sich der untere Fruchtkörper zuerst entwickelt und wurde dann vom nächsten Fruchtkörper vom Substrat gelöst und hängt jetzt unten. Hier hat sich das Stockwerk aufgrund der Wuchsrichtung nach unten entwickelt.

Hallo,

das war auch mein erster Gedanke, nur will mir nicht einleuchten, daß der obere Teil den unteren wegschiebt. Porlinge wachsen doch eigentlich um alle Hindernisse herum, anstatt Druck auszuüben. Der obere Ansatz des unteren Teils scheint mir auch nicht seitlich aus dem Holz herausgewachsen zu sein.

Daher möchte ich noch eine weitere Möglichkeit ins Rennen schicken:
Der obere Fruchtkörper könnte zuerst gewachsen sein, worauf auch die etwas dunklere Farbe hinweist. Nachdem er sein Wachstum fast einstellte, wuchs er aus irgendwelchen Gründen doch noch weiter und verlor dabei den Kontakt zum Baum.

Gruß, Carsten

Hallo Holger,

zuerst einmal Danke für deinen Beitrag, bei dem du (m.E. rel. schlüssig) zu begründen versucht hast, warum es sich verm. um einen "Stockwerkpilz" handeln.

- Das Ganze hat nur einen kleinen "Schönheitsfehler". Und der liegt in der Anfangsannahme deiner "Beweiskette":
---> Denn Porlinge bilden keine "Primordien" (Fruchtkörperanlagen) und deshalb natürlich auch keine "Stockwerkspilze".

---> Finde jetzt auf die Schnelle nicht, wo ich das so nebenbei erwähnt habe.

- Aber schau dir einmal HIER an, wie flexibel "Porlinge" auf Veränderungen reagieren können. Und dann vergesse bitte, dass hier nur auf eine "Lageänderung" reagiert wurde und beachte, dass hier mehrfach Beispiele gezeigt wurden, bei denen sich aus den Poren in der nächsten Vegetationsperiode neue Fruchtkörper (man nennt das Regeneration) gebildet haben.
---> Und dann kannst du dir mit etwas Fantasie vorstellen, dass so etwas auch ohne Lageveränderung eintreten kann.

Grüße
Gerd

Hallo Carsten,

Mycelio hat geschrieben: das war auch mein erster Gedanke, nur will mir nicht einleuchten, daß der obere Teil den unteren wegschiebt. Porlinge wachsen doch eigentlich um alle Hindernisse herum, anstatt Druck auszuüben. Der obere Ansatz des unteren Teils scheint mir auch nicht seitlich aus dem Holz herausgewachsen zu sein.

Daher möchte ich noch eine weitere Möglichkeit ins Rennen schicken:
Der obere Fruchtkörper könnte zuerst gewachsen sein, worauf auch die etwas dunklere Farbe hinweist. Nachdem er sein Wachstum fast einstellte, wuchs er aus irgendwelchen Gründen doch noch weiter und verlor dabei den Kontakt zum Baum.

BINGO, und deine Begründung bedarf kaum einer Ergänzung, sondern höchstens noch eine Zusammenfassung

(1) Beim "Echten Zunderschwamm" (Fomes fomentarius) handelt es sich um eine "mehrjährige Pilzart", die "typisch" in jeder "Vegetationsperiode" (Beachte: Mehre in einem Jahr sind "witterungsbedingt" auch möglich) seinen Fruchtkörper vergrößert und zusätzlich eine neue "fertile" Porenschicht generiert.

(2) Derartige Pilzarten können sehr flexibel auf externe "Einflüsse" (z,B. Lageveränderung des Substrats (*), Witterungsbedingungen) reagieren .
(*) Beispiele dazu habe ich bereits HIER erwähnt. Und da kann man beobachten, dass derartige Pilzarten in der nächten Vegetaionsperiode aus der alten noch nicht sterilen Porenschicht heraus einen "neuen (oder sogar mehrere) Fruchtkörper" bilden können.
-----------

- Und m.E. gab es im von mir gezeicgten Beisspiel im Laufe der Fruchtkörper-Entwicklung einen Bruch:
(1) Der obere Fruchtkörper hat sich mehrere "Vegetationsperioden" normal entwickelt und dann vermutlich "witterungsbedingt" sein Wachstum eingestellt.
(2) Und dann in der nächsten "Vegetationsperiode" aus der noch nicht völlig sterilen Porenschicht heraus einen neuen Fruchkörper (den unteren,hat auch schon mehrere Vegetationsperioden auf dem Buckel) zu bilden.


Grüße
Gerd

Hallo Gerd,

danke für das schöne Rätsel, es hat mich eine ganze Weile grübeln lassen. Hätte ich erstmal gesucht und nachgelesen, wäre es einfacher gewesen...
Ich bin nämlich jetzt auf eine alte Veröffentlichung von Hermann Jahn gestoßen:
'Entwicklung und Formen der Fruchtkörper beim Zunderschwamm, Fomes fomentarius'
Westfälische Pilzbriefe Band 5, 117-131, 1965
http://wwwuser.gwdg.de/~rjahn/Pilzbriefe/PB_Bd_5_23.pdf
Der Autor bietet auf Seite 126 sogar eine einleuchtende Erklärung für das fast eingestellte und dann wieder kräftig fortgesetzte Wachstum, wenn plötzlich weitere Teile des Baumes absterben und das Mycel wieder neues Futter bekommt.
Für angehende Pilzversteher gibt es dort noch weitere Infos und Kuriositäten, z.B. ein Fruchtkörper, welcher nach Lageveränderung an einem Stein herabwächst.

Grüße, Carsten

Hallo Karsten,

ein Artikel, der eindrucksvoll zeigt, welch guter Beobachter Dr. H. JAHN war.

Danke für den Link.

- Auch ich habe einige mir bisher nicht so klare Einsichten/Kenntnisse über das Wachstumsverhalten des "Zunderschwamms" dazulernen können.

Grüße
Gerd