Hallo Harry,
Harry hat geschrieben:
Gerd hat geschrieben:
(1) Hattet ihr an diesem Standort "Nachtfrost" oder konntest du am Fruchtkörper (Schnittbild!) einen evtl. Forstschaden feststellen?
Wir hatten kurz vorher zwei Nächte hintereinander ganz leichten Bodenfrost ( 0 Grad ). Bei einigen Fruchtkörpern fiel mir eine leicht dunklere Hutfarbe auf, ansonsten konnte ich keine Frostschäden feststellen.
- Das ist eine Antwort, die ich erhofft hatte.
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Harry hat geschrieben:
Gerd hat geschrieben:
(2) Könnte man die weißen Beläge (unterer Fruchtkörperteil) und die evtl. reduzierten Lamellen (oberer, abgehobener Fruchtkörperteil) als "Parasitenbefall" (ähnlich Steinreizker?) bewerten.
Nein, ich denke das hier einfach nur die freigelegte Huttrama zu erkennen ist.
- Auch hier eine Antwort, die ich erhofft hatte.
---> Aber, ich kann da (am abgehobenem Hutteil) noch eine senkrecht verlaufende Riefung (darauf komme ich noch zurück!) erkennen.
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Harry hat geschrieben:
Gerd hat geschrieben:
(3) Einen Witterungseinfluss (auch wenn nur ein Fruchtkörper betroffen ist, schließt meine "Kristallkugel" nicht aus.
Möglicherweise ist diese Missbildung doch durch den leichten Frost ausgelöst worden. Mich hat halt nur verwundert dass nur ein Fruchtkörper die tiefen Temperaturen mit solch einer Reaktion beantwortet hat.
Ich werde den Standort im Auge behalten, vielleicht zeigt ja ein oder mehrere Fruchtkörper, die jetzt gerade nebst einer großen Anzahl an Körnchenröhrlingen am kommen sind, noch einmal solch eine Missbildung.
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Mit deinen Antworten glaube ich jetzt die Botschaft meiner „Kristallkugel“ entschlüsseln zu können und zu einem mich nicht mehr arg überraschendes „Szenario“ zusammen zu stellen:
(1)
Vorab: Jeder weiß vermutlich, dass eine "volle Wasserflasche", wenn das Wasser darin gefriert, platzen kann.
---> Wenn nicht (ich erspare mir eine langatmige "physikalische Erklärung"), empfehle ich eine "voll mit Wasser gefüllte" Flasche in's Gefrierfach zu legen und das Ergebnis zu beobachten. Die wird recht unkontroliert platzen.
(2) Man muss sich dann noch vorstellen, dass (a) ein "Pilzfruchtkörper zu etwa 90% aus Wasser besteht und (b) der Hut meist mehr Wasser enthält als der eher trockene, holzigere Stiel.
---> Genau dies ist der Grund dafür, warum oft bei vielen Pilzarten der Stiel nicht verwertet wird.
(3) Und jetzt erinnere ich noch daran, dass der Wasseranteil von älteren, vergammelnden Fruchtkörpern (zuerst im Hut, dann im Stiel) aufgrund der fortschreitenden Eiweißzersetzung noch ansteigt.
(4) Und letzlich erinnere ich auch daran, dass "schwache" Bodenfröste außerhalb des Waldes sich im Wald nur verzögert bemerkbar machen und sich evtl . nur lokal (bei fehlender Abschirmung von oben) bemerkbar machen.
---> Und sogar noch recht junge Fruchtkörper ein mehrfaches „Einfrieren/Wiederauftauen“ kaum ohne Schaden überstehen.
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- Und wenn ich jetzt alle zuvor genannten Anmerkungen betrachte/bewerte/mixe, dann bin ich nicht mehr so "sprachlos" und stelle eine "Theorie/Hypothese/Vermutung" (Dank an meine Kristallkugel!!!) vor, die die Ursache erklären könnte:
(1) Dazu stelle ich mir ein mit Wasser gefülltes Gefäss mit Deckel vor, dass gefriert:
Das Wasser wird von außen nach innen gefrieren und das Gefäss an der Sollbruchstelle bersten und den Deckel „lupfen“
(2) Ja, ich weiß:
(a) Den Stiel des Fruchtkörpers habe ich ignoriert:
---> Aber der enthält (a) „weniger Wasser“ und bietet (b) „an der Stielbasis/am Übergang zum Hut“ einen Weg den durch Volumenvergrößerung entstehenden Driuck abzubauen.
(b) Die „Lamellen und Unterseite der Huttrama“ als potentielle Ausgleichsmöglichkeit zum Druckabbau habe ich ignoriert.
---> Dies betrachte ich als „Haar in der Suppe“ meiner vermuteten Ursache. Aber evtl. ist dies (aus welchen Gründen auch immer) der Grund dafür, warum man m.W. über „deckellumpfende“ Fruchtkörper bisher noch nicht berichtet hat.
(c) Ganz wichtig:
- Man sollte berücksichtigen:
(1) Der Temperaturabfall im Fruchtkörper verläuft von außen nach innen, vorrangig beeinflusst vom „Wärmeleitwert“, der m.E. im Pilzfruchtkörper keineswegs homogen ist.
(2) Die deutlich herablaufenden Lamellen (gefrieren verm. , kleines Volumen ---> große Oberfläche, zuerst) und könnten hier evtl. (wie bei gewichtssparenden Konstruktionen) einen Druckausgleich behindert haben.
(3) Die „+-kreisrunde Sollbruchstelle“ überrascht mich weniger.
- Dazu reicht evtl. bereits eine zufällige, partielle horizontale Verdünnung/Beschädigung der Huthaut. Kann man beim Anritzen von Glas/Fliesen beobachten, bei denen nach Anritzen der Bruch außerhalb der Anritzstelle meist auch auf +-kürzestem Weg erfolgt.
Mein Abschluss-Fazit:
(1)
Ich halte das primär für einen Frostschaden.
(2) Aber, zusätzlich vermute ich (beachte die bereits erwähnte senkrecht nach unten verlaufende Riefung am abgehobenen Hut) diesem Fruchtkörperteil über einen noch nicht abgeschlossenen
sekundären "Regenerations-/Reparatur-Versuch", konsequent dem "genetisch folgendem Programm" folgend, noch Lamellen zu verpassen.
---> Denn nur so kann ich mir erklären, warum dieser Hutteil so weit nach oben geschoben wurde.
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Ob du einen weiteren Fruchtkörper mit dieser Schädigung findest erwarte ich eher nicht. Aber, es wäre interessant, ob man diese Art von Missbildung (wenigstens (1), den Frostschaden) unter „Laborbedingungen“ reproduzieren könnte.
Grüße
Gerd