Hallo Waldpauli,
Wald-Pauli hat geschrieben:
Ist es geklärt, warum diese "Doppeldecker" entstehen?
Zuerst Danke für’s Zeigen dieser Missbildung, die beim flüchtigen Betrachten leicht als typischer „Doppelfruchtkörpers“ (Stockwerkpilz) abgehakt wird.
Die Ursache für eine derartige Missbildung ist bekannt und leicht nachvollziehbar. Ich fasse einmal etwas verkürzt zusammen, wie [1] die Entstehung von "Stockwerkpilzen“ erklärt:
---> Ihre Entstehung hängt mit der besonderen Wachstumsweise dieser Pilzgruppen zusammen: Der Fruchtkörper entwickelt sich aus einer unterirdischen Anlage (dem Primordium), die gelegentlich dicht beieinander liegen können. Im Normalfall wird nur aus einem dieser beieinander liegenden "Primordien" ein Fruchtkörper ausdifferenziert.
---> In seltenen Fällen kann jedoch nach der oberen noch
eine etwas tiefer liegende Anlage zur Entwicklung kommen; dabei wird der ältere
(obere) Fruchtkörper emporgehoben und es kommt zu einer geringfügigen Verwachsung, so dass der obere Fruchtkörper nicht herabfallen kann.
- Solche "Stockwerkpilze" haben wir bereits mehrfach gezeigt. Sie sind nach [1] bekannt bei Vertretern der Ordnungen Agaricales (Blätterpilze) , Boletales (Röhrlingsartigen) und Russulales (Sprötblättler). Nachfolgend wenige Beispiele:
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Clitocybe
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Boletus
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Boletus, bei dem man im Schnittbild die lockere Verwachsung erkennen kann
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Russula, mit dem auf dem unteren Hut ein verkehrt herum liegender Hut mit abgerissenem Stiel locker verwachsen ist.
---> Und jetzt noch eine beeindruckende
Russula, mit der ich zu einer Besonderheit deines Fundes überleite.
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Rika hat’s erkannt, dass man auf deinem Bild 3 "Hüte" erkennen kann:
UmUlmHerum hat geschrieben:
Ich sehe aber noch was: witzigerweise entspringt der obere Fruchtkörper einer "Prolifikation" (exzessive Bildungen von Hymenophoren auf dem Hut), siehe z.B.
viewtopic.php?f=34&t=5180.
Ich gehe einen Schritt weiter und stelle fest, dass man mangels Details (ein Bild ist oft nur unzureichend zu beurteilen) die Verwachsung des auf dem Kopf liegenden Huts nicht eindeutig beurteilen kann und stelle 3 in der Literatur erwähnte Möglichkeiten gegenüber, ohne mich festzulegen, welche korrekt ist:
(1) Es handelt sich bei dem auf dem Kopf liegenden (stark verwachsenen, stiellosen Hut !?) um eine witterungsbedingte „
inverse Proliferation“, aus der durch Regeneration ein neuer Fruchtkörper gebildet wurde.
---> Diese These betrachte ich als unwahrscheilich
(2) Die „Prolifikation“ ist ein Zufall (Laune der Natur) und der geotrop stehende Stiel/Hut hat sich aus einem darüber liegendem „Primordium“ im Sinne eines normalen „Stockwerkpilzes“ entwickelt.
---> Ein ähnliches Beispiel, bei dem sich der obere Stiel direkt neben einer „Prolifikation“ entwickelt hat, zeigt [1] in Abb. 21
---> Pech, dass ich ohne weitere Detailfotos und/oder Fruchtkörper in der Hand, diese
durchaus wahrscheinliche Möglichkeit nicht beurteilen kann.
(3) [1] zeigt schlussendlich noch eine weitere Abb. 10 mit drei Hüten, die er so beschreibt:
„Scheinbare Dreifachbildung beim Wiesenchampignon, Agaricus campestris: der untere Fruchtkörper hat einen zweiten emporgehoben, mit dessen Hut (Anmerkung Gerd: Hut mit Hut) er verwachsen ist; der Stiel des oberen Pilzes hat aus seiner Basis heraus einen vollständigen Hut mit Hymenophor neu gebildet. Nach W.G. Smith 1873.“
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Das wäre der Hammer, wenn diese extrem seltene Missbildung zutreffen würde.
Liebe Grüße
Gerd
Literatur:
[1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62