Myxomyceten – Schönlinge des Waldes Teil 3/2
Verfasst: Fr 27. Feb 2015, 14:57
Weiter geht es mit den Liceida (Liceales) im Teil 3/2 mit Lycogala, Enteridium, Dictydiaethalium und Tubifera
Zur Wiederholung:
Die Fruchtkörper der Liceida sind einfach gebaut; es fehlen in der Regel ein echtes Capillitium, eine Columella und Kalkknötchen. Es gibt höchstens ein Pseudocapillitium in Aethalien und bei bestimmten Cribraria- und Dictydinium-Arten CaCO3-Kristalle. Sie sind alle Hellsporer.
Dictydiaethalium plumbeum:
Die einzige bei uns vertretene Art dieser Gattung bildet fladenförmige Pseudoaethalien aus palisadenartig angeordneten 6-seitigen Einzelfruktifikationen, deren Seitenwände bei Reife bis auf die Kanten verschwinden mit einem baldachinartigen, gewölbten Deckel. Die Kanten bilden ein Pseudocapillitium.
Jede Fruktifikation beinhaltet ein Capillitium aus welligen Fäden.
Reticularia (Enteridium):
Zwischenzeitlich musste der ursprüngliche Name Reticularia zugunsten der zuerst beschriebenen Flechtengattung Reticularia aufgegeben werden.
Aktuell heißen die Enteridium-Arten scheinbar wieder Reticularia, da dies der ältere Name ist (Reticularia Bull. Herb. France pl. 326, 1787-88, statt Enteridium Ehrenb. Jahrb. Gewächsk. 1: 55, 1819).
Reticuaria lycoperdon:
Die Cortex (also die gemeinsame Hülle der im Aethalium verschmolzenen Einzelfruktifikationen) ist zunächst glatt und glänzend, dann aber sehr flüchtig, so daß die Sporen dann frei liegen.
Als weitere Reticualria-Art habe ich bisher nur Reticularia olivacea var. simulans gefunden, auf den ersten Blick nicht sehr ansehnlich, aber mit sehr fester Cortex:
Tubulifera:
In unserem Gebiet gibt es 2 Arten.
Tubulifera dictyoderma:
Das Pseudoaethalium dieser nicht sehr häufigen Art sieht fast aus wie Dictydiaethalium plumbeum, aber die Peridie der Einzelfruktifikationen ist dauerhaft und bildet daher duch den gesamten Fruchtkörper feste miteinander verwachsene Wände und die Sporen sind mit 5,5 – 6,5 µm Ø nur halb so groß wie bei D.
Tubulifera arachnoides:
Der alte Name ist Tubulina ferruginea. Im Gegensatz zu T. dictyoderma sind die Einzelsporocarpien hier noch deutlich zu erkennen.
Rechts neben dem rechten Fruchtkörper steht die Cribraria cancellata, die ich in Teil 3.1 vorgestellt habe!
Hier etwas näher. Links erkennt man noch sehr gut den Hypothallus des Pseudoaethaliums von T. arachnoides.
Das Capillitium ist spärlich und besteht höchstens aus dünnen, mit der Wand verbundenen Fäden mit anhaftenden Sporen.
Lycogala:
Bildet kugel-, kegel- oder polsterförmige Aethalien. Die Cortex ist derb und im reifen Zustand von unregelmässigen Schuppen bedeckt. Bei uns kommen 4 Arten vor.
Lycogala conicum:
Kugelige bis konische Aethalien, 0,8 – 2,5 mm Øund 1-3,5 mm hoch.
Lycogala epidendrum „Blutmilchpilz“:
Einer der bekanntesten und häufigsten Myxos unserer Wälder.
*1 [Hierzu noch eine Diskussion zur Unterscheidung von L. epidendrum und L. terrestre]
Lycogala flavofuscum:
Sieht fast aus wie Enteridium lycoperdon, ist aber meist auf waagerechtem Untergrund. Außerdem ist die Cortex ausdauernd und sehr fest aus mehreren Schichten.
So, das soll als Überblick über die Liceida = Liceales genügen.
Viel Spaß mit den Bildern, in Teil 4 geht es weiter mit den Trichiida und dann wird es richtig bunt.
Bis demnächst,
Bernd
1. Hermann Neubert, Wolfgang Nowotny, Karlheinz Baumann, Heidi Marx: Die Myxomyceten Deutschlands und des angrenzenden Alpenraumes unter besonderer Berücksichtigung Österreichs. Bd. 1–3, Karlheinz Baumann Verlag, Gomaringen 1995
40. A.-M. Fiore-Donno, C. Berney, J. Pawlowski, S.L. Baldauf: Higher-Order Phylogeny of Plasmodial Slime Molds (Myxogastria) Based on Elongation Factor 1-A and Small Subunit rRNA Gene Sequences. In: Journal of Eukaryotic Microbiology, 52, S. 201–210, 2005
*1 Lycogala epidendrum vs. Lycogala terrestre:
Das wurde an dieser Stelle ausführlich diskutiert: http://www.pilzforum.eu/board/thema-lyc ... -terrestre
Martin und Alexopoulos, The Myxomycetes, 1969 führen L. terrestre Fries, Symb. Gast. 10, 1817 als Synonym zu L. epidendrum (L.) Fries, Syst. Myc. 3; 80, 1829 auf und die Beschreibung deckt auch beide Formen sowohl bzgl Farbgebung als auch bzgl. Pseudocapillitiumdurchmesser ab.
Nannenga-Bremekamp, De Nederlandse Myxomyceten, engl. Übersetzung von 1989 bezieht sich ebenfalls auf Fries 1829 und erklärt, dass die verschiedenen Farbvariationen (Blasses Aethalium mit pinkfarbigen Sporen oder dunkles Aethalium mit grauer Sporenmasse) wahrscheinlich als verschiedene Varietäten getrennt werden sollten.
Neubert, Nowotny, Baumann, Die Myxomyceten 1995 bezieht sich ebenfalls auf Fries 1829 und beschreiben die Farbfariationen beim Aethalium und Sporen, sowie die unterschiedlich dicken Pseudocapillitiumfäden. Obwohl bei Ihnen der Begriff terrestre nicht auftaucht, äußern sie auch die Vermutung, dass es sich um eine Sammelart handeln könnte, obwohl eindeutige mikroskopische Trennmerkmale fehlen.
Poulain, Meyer, Bozonnet, Les Myxomycètes 2011 haben zwar beide im Schlüssel L. epidendrum und E. terrestre = E. epidendrum var. terrestre, unterscheiden aber nicht im Bildteil.
Wahrscheinlich muss man eine Sequentierung abwarten, um über Art oder Varietät zu entscheiden - ich neige eher zu der Varietät-Alternative.
Zur Wiederholung:
Die Fruchtkörper der Liceida sind einfach gebaut; es fehlen in der Regel ein echtes Capillitium, eine Columella und Kalkknötchen. Es gibt höchstens ein Pseudocapillitium in Aethalien und bei bestimmten Cribraria- und Dictydinium-Arten CaCO3-Kristalle. Sie sind alle Hellsporer.
Dictydiaethalium plumbeum:
Die einzige bei uns vertretene Art dieser Gattung bildet fladenförmige Pseudoaethalien aus palisadenartig angeordneten 6-seitigen Einzelfruktifikationen, deren Seitenwände bei Reife bis auf die Kanten verschwinden mit einem baldachinartigen, gewölbten Deckel. Die Kanten bilden ein Pseudocapillitium.
Jede Fruktifikation beinhaltet ein Capillitium aus welligen Fäden.
Reticularia (Enteridium):
Zwischenzeitlich musste der ursprüngliche Name Reticularia zugunsten der zuerst beschriebenen Flechtengattung Reticularia aufgegeben werden.
Aktuell heißen die Enteridium-Arten scheinbar wieder Reticularia, da dies der ältere Name ist (Reticularia Bull. Herb. France pl. 326, 1787-88, statt Enteridium Ehrenb. Jahrb. Gewächsk. 1: 55, 1819).
Reticuaria lycoperdon:
Die Cortex (also die gemeinsame Hülle der im Aethalium verschmolzenen Einzelfruktifikationen) ist zunächst glatt und glänzend, dann aber sehr flüchtig, so daß die Sporen dann frei liegen.
Als weitere Reticualria-Art habe ich bisher nur Reticularia olivacea var. simulans gefunden, auf den ersten Blick nicht sehr ansehnlich, aber mit sehr fester Cortex:
Tubulifera:
In unserem Gebiet gibt es 2 Arten.
Tubulifera dictyoderma:
Das Pseudoaethalium dieser nicht sehr häufigen Art sieht fast aus wie Dictydiaethalium plumbeum, aber die Peridie der Einzelfruktifikationen ist dauerhaft und bildet daher duch den gesamten Fruchtkörper feste miteinander verwachsene Wände und die Sporen sind mit 5,5 – 6,5 µm Ø nur halb so groß wie bei D.
Tubulifera arachnoides:
Der alte Name ist Tubulina ferruginea. Im Gegensatz zu T. dictyoderma sind die Einzelsporocarpien hier noch deutlich zu erkennen.
Rechts neben dem rechten Fruchtkörper steht die Cribraria cancellata, die ich in Teil 3.1 vorgestellt habe!
Hier etwas näher. Links erkennt man noch sehr gut den Hypothallus des Pseudoaethaliums von T. arachnoides.
Das Capillitium ist spärlich und besteht höchstens aus dünnen, mit der Wand verbundenen Fäden mit anhaftenden Sporen.
Lycogala:
Bildet kugel-, kegel- oder polsterförmige Aethalien. Die Cortex ist derb und im reifen Zustand von unregelmässigen Schuppen bedeckt. Bei uns kommen 4 Arten vor.
Lycogala conicum:
Kugelige bis konische Aethalien, 0,8 – 2,5 mm Øund 1-3,5 mm hoch.
Lycogala epidendrum „Blutmilchpilz“:
Einer der bekanntesten und häufigsten Myxos unserer Wälder.
*1 [Hierzu noch eine Diskussion zur Unterscheidung von L. epidendrum und L. terrestre]
Lycogala flavofuscum:
Sieht fast aus wie Enteridium lycoperdon, ist aber meist auf waagerechtem Untergrund. Außerdem ist die Cortex ausdauernd und sehr fest aus mehreren Schichten.
So, das soll als Überblick über die Liceida = Liceales genügen.
Viel Spaß mit den Bildern, in Teil 4 geht es weiter mit den Trichiida und dann wird es richtig bunt.
Bis demnächst,
Bernd
1. Hermann Neubert, Wolfgang Nowotny, Karlheinz Baumann, Heidi Marx: Die Myxomyceten Deutschlands und des angrenzenden Alpenraumes unter besonderer Berücksichtigung Österreichs. Bd. 1–3, Karlheinz Baumann Verlag, Gomaringen 1995
40. A.-M. Fiore-Donno, C. Berney, J. Pawlowski, S.L. Baldauf: Higher-Order Phylogeny of Plasmodial Slime Molds (Myxogastria) Based on Elongation Factor 1-A and Small Subunit rRNA Gene Sequences. In: Journal of Eukaryotic Microbiology, 52, S. 201–210, 2005
*1 Lycogala epidendrum vs. Lycogala terrestre:
Das wurde an dieser Stelle ausführlich diskutiert: http://www.pilzforum.eu/board/thema-lyc ... -terrestre
Martin und Alexopoulos, The Myxomycetes, 1969 führen L. terrestre Fries, Symb. Gast. 10, 1817 als Synonym zu L. epidendrum (L.) Fries, Syst. Myc. 3; 80, 1829 auf und die Beschreibung deckt auch beide Formen sowohl bzgl Farbgebung als auch bzgl. Pseudocapillitiumdurchmesser ab.
Nannenga-Bremekamp, De Nederlandse Myxomyceten, engl. Übersetzung von 1989 bezieht sich ebenfalls auf Fries 1829 und erklärt, dass die verschiedenen Farbvariationen (Blasses Aethalium mit pinkfarbigen Sporen oder dunkles Aethalium mit grauer Sporenmasse) wahrscheinlich als verschiedene Varietäten getrennt werden sollten.
Neubert, Nowotny, Baumann, Die Myxomyceten 1995 bezieht sich ebenfalls auf Fries 1829 und beschreiben die Farbfariationen beim Aethalium und Sporen, sowie die unterschiedlich dicken Pseudocapillitiumfäden. Obwohl bei Ihnen der Begriff terrestre nicht auftaucht, äußern sie auch die Vermutung, dass es sich um eine Sammelart handeln könnte, obwohl eindeutige mikroskopische Trennmerkmale fehlen.
Poulain, Meyer, Bozonnet, Les Myxomycètes 2011 haben zwar beide im Schlüssel L. epidendrum und E. terrestre = E. epidendrum var. terrestre, unterscheiden aber nicht im Bildteil.
Wahrscheinlich muss man eine Sequentierung abwarten, um über Art oder Varietät zu entscheiden - ich neige eher zu der Varietät-Alternative.