Hallo, Gerd!
Das sind ein paar wesentliche Punkte, die du ansprichst.
Es ist schwierig, das alles in wenigen Sätzen zusammenzufassen, darum habe ich mich oben etwas auf die Polemik beschränkt.
Anscheinend macht es bei MB auch erstmal einen großen Unterschied, was man als Suchbegriff eingibt. Du hast völlig recht, gebe ich als Suchbegriff "Imperator" ein, bekomme ich das gleiche Ergebnis. Suche ich aber nach "Boletus torosus", dann bekomme ich die von mir verlinkte Option angeboten.
Eine Verbindung zwischen beiden Taxa hat MB bislang nicht hergestellt.
Nach dem Stand jetzt wären da Boletus torosus und Imperator torosus zwei getrennte Arten (das ich nicht lache).
Insofern hat MB einfach nur das Chaos komplett gemacht. Peinlich, peinlich.
Welcher der Datenbanken ich nun vertraue?
Keiner. Und habe es noch nie getan, jedenfalls nicht unbefangen und ohne Zweifel an der Wertigkeit / Gültigkeit.
Ich hielt bis vor Kurzem MB für etwas besonnener, für etwas weniger chaotisch, aber das war dann wohl ein Trugschluss.
Leider habe ich die Veröffentlichung, in der die Namensänderung publiziert wurde, nicht.
Leider...
...oder zum Glück?
Erst letzten Donnerstag hatten wir in einer kleinen Runde Pilzfreaks das Thema, so kann offenbar jetzt direkt bei Indexfungorum veröffentlicht werden, was die Autoren wohl getan haben. Ich glaube noch nciht mal, daß es dazu auch einen Print gibt, also eine gedruckte Auflage. Warum IF (oder SF, ist ja eh das Gleiche) zu einer eigenen Veröffentlichung noch nicht mal einen Link wenigstens zu einem "abstract" angeben kann, verstehe ich auch nicht.
Ob der Artikel überhaupt gelesen werden
soll?
In dem Zusammenhang kann ich mir nur zu gut vorstellen, daß du auch da richtig liegst, Gerd:
---> Wenn nicht allgemein akzeptiert, haben die Autoren immerhin folgendes erreicht:
(1) Sie können die Liste ihrer Veröffentlichungen vergrößern. Und das ist für aufstrebende Wissenschaftler ein absolutes MUSS!!!
Und trotz allem: Die Wissenschaft und auch die Mykologie braucht verbindliche Regeln, was Veröffentlichungen und (Erst-) Beschreibungen betrifft. Daß es schwer ist, da weltweit einen Konsenz zu finden, ist auch verständlich.
Daß die Regelungen momentan viel zu lasch sind, da sind wir uns wohl einig.
Was die lateinische Diagnose betrifft: Das ist aus meiner Sicht ein Detail, wesentlich wichtiger finde ich die grundlegenden Recherchen zu Artikeln, aussagekräftige Makro- und mikroskopische Beschreibungen
und Bilder, Vergleiche mit vorangegangenen Beschreibungen und dazu entsprechenden Quellenangaben.
Wenn es zu den Bäumchen kommt: Ich finde die mittlerweile sehr wichtig.
Aber alles hat eine kehrseite. Denn auch die müssen verstanden, interpretiert, analysiert werden.
Mal angenommen, man schnappt sich einen Pilz in Guatemala, findet auf die Schnelle keine passende Bescheribung dazu bei breitenbach / Kränzlin, ermittelt zu dem Pilz eine Sequenz, guckt kurz in die Datenbanken (ja, auch dafür gibt's welche), stellt fest, daß die Sequenz bislang nicht aufgeführt ist und freu: Da backt man eine neue Art draus.
Was dafür momentan benötigt wird, ist eben nur diese Sequenz, ein schlechtes Makrofoto und zwei drei Zeilen zur Beschreibung.
Das meine ich mit armselig.
Solche Beschreibungen sind aus wissenschaftlicher Sicht völlig wertlos.
Weil es nichts nachvollziehbares zu der nenen Art gibt: Keine Untersuchungen über einen gewissen Zeitraum, keine Möglichkeiten, die Art abzugrenzen oder wiederzuerkennen.
Auch die Sequenz hilft nicht weiter, weil:
Natürlich gibt es auch da Variationsmöglichkeiten. Und dann wären Verwandschaftsverhältnisse zu klären, ähnliche (nach morphologischen und ökologischen Kriterien) Arten ebenfalls zu sequenzieren und zu vergleichen. Das ist nicht so eindeutig, wie man es gerne verstanden haben will.
Wenn man da aber von der anderen Seite dran geht, so wie einige sehr akribische Mykologen, die ich kenne, dann ist es durchaus verwertbar: Die DNS - Sequenzen und Bäumchen als Ergänzung und Absicherung bei der Untersuchung einer Gattung, bei der Definition der Arten, zugrunde liegt dann aber immer die morphologische Untersuchung.
Und zwar nicht die eines Fundes, sondern dutzender Funde einer Art.
Und dazu gehört eben auch das Studium der vorhandenen Literatur: Originalbeschreibungen, Neubeschreibungen, Beschreibungen zu Umkombinationen und Synonymisierungen. Das alles in Originaltext und und möglcihst auch mit Untersuchung der als herbar angelegten Holo- und eventuell Neotypen.
Das halte ich für mykologische Arbeit.
Nur passt es halt schlecht in diese Zeit, wo alles rasch gehen muss, sich niemand mehr mit alten texten oder gar stundenlanger Mikroskoparbeit aufhalten will, sondern lieber den namen über einer VÖ lesen will.
Was bringts?
Nichts.
OK, natürlich zieht auch hier dein Einwand:
Jeder kann in einer Zeitschrift oder im Netz schreiben, was er will.
Ein Fundbericht im Tintling zu ein paar schönen Lorcheln, Rötlingen oder Korallen hat ja keinen Einfluss auf die Nomenklatur.
...
Wirklich?
Wenn die Regeln tatsächlich so sind, wie es jetzt den Anschein hat, dann steht da in der Tat Tür und Tor offen.
Insofern sind die Chancen für Obiwahn kenobilauch vielleicht gar nicht so schlecht. Ein Handyphoto und eine unklare Sequenz reichen ja aus.
Nur: Der normale Pilzamateur wie ich, der kämpft gegen Windmühlen, wenn er sich nachvollziehbare wissenschaftliche Arbeiten wünscht. Darum kann ich nicht anders, als mich dem Irrsinn in manchen Extremfällen einfach zu verweigern.
Gott sei dank weiß ich aber, daß es durchaus ernst zu nehmende Mykologen gibt, die es mit ihrer Arbeit sehr genau nehmen.
Das sind nicht nur studierte Biologen (obwohl es auch die gibt), sondern häufig sogenannte "Laien", die aber trotz fehlendem Zugang zu Bibliotheken und wichtigen Forschungseinrichtungen sehr viel bessere und fundiertere Arbeit leisten, als mancher Doktorand der Biologie, der irgendeinen Titel braucht.
LG, Pablo.