Hallo Julia und alle Phytoparasitenfreunde,
mit diesem Rostpilz auf Euphorbia peplus hat mir Julia ein faules Ei ins Nest gelegt, das mich schon an meinen Kenntnissen zweifeln lies.
Doch erstmal der Reihe nach:
Am 7.4.2007 stellte Julia diesen Beitrag ein:
Diesen Rostpilz habe ich vor einer Woche an den Blättern der Garten-Wolfsmilch (Euphorbia peplus) gefunden.
Könnte es sich um den schon letztes Jahr von mir gefundenen Rostpilz Melampsora euphorbiae (Schub.) Cast. s.str. handeln?
(Anderer Standort als letztes Jahr)
mit diesen Bildern und ihren Mikrobildern 1000 fach und Zeichnung ohne Maßscala:
Dazu gab ich dann diese abschließende Stellungnahme ab:
wieder aussagefähige Mikrobilder, Zeichnung und Beschreibung, das klappt doch schon ausgezeichnet.
Dann will ich mal wieder kurz Befallsbild und Sporen beschreiben:
Das Befallsbild
zeigt goldgelbe, polsterförmige I Aeziensporenlager, mit fehlender Pseudoperidie ( Caeoma ) an einer nicht deformierten Pflanze.
Die Sporen sind kugelig, länglich oder ellipsoidisch 21 -28 µm lang, 19 - 24 µm breit und dicht warzig, wie Du ja auch schreibst und gezeichnet hast.
Die Sporenmaße können zwar nicht überprüft werden, da Du ja noch keine Meßoptik besitzt, aber die sonstigen Ausführungen passen alle, so daß
Melampsora euphorbiae ( Schubert ) Castagne s.str.
als sicher angenommen werden kann.
Damit war der Fall an sich geklärt, aber dann schickte mir Julia einen Herbarbeleg zu, den ich gestern mikroskopierte, um Mikrobilder für meine Datei zu bekommen, zunächst erstmal die Sporenlager auf den Blattunterseiten und dann kam die erste Überraschung.
Denn die Mikrobilder in 400 facher Vergrößerung
ergaben keine I-Aeziosporen, sondern
II-Uredosporen mit kopfigen Paraphysen, die nur in Uredosporenlagern gefunden werden können.
Hier die Mikrobilder:
Hier die Erklärung aus Gäumann:
II-Uredosporenlager auf beiden Blattseiten, doch vorwiegend auf der Blattunterseite, seltener an den Stängeln, dicht, doch nur wenig zusammenfließend, klein, gelbbraun.
II-Uredosporen kugelig, länglich oder ellipsoidisch ( der Herbarbeleg hatte sehr wenig Sporen in den Lagern und die waren alle kugelig ), mehr oder weniger dicht stachelig, mit gelbem Inhalt, 15 - 22 µm lang, 12 - 20 µm breit;
Paraphysen kopfig, am Scheitel 15 - 20 µm breit.
Damit war ganz klar,
daß es sich nicht um I-Aeziensporenlager,
sondern um II-Uredosporenlager handelte, was von der Jahreszeit ( Anfang April 2007 ) absolut entwicklungstechnisch nicht passen konnte.
Das habe ich Julia im Chat sofort anhand der Mikrobilder erklärt und sie verwies auch noch auf die dunklen Sporenlager auf dem Stängel, die stark farblich abweichen.
Da mir das selber schon aufgefallen war, habe ich umgehend auch die stark nach III-Teleutosporenlager aussehenden schwarzen Streifen noch mikroskopiert und dieses Ergebnis erzielt:
Hier die Bilder:
Das Ergebnis waren wunderschöne III-Teleutosporen und als ich Julia im Chat um entsprechende Bilder bat zur optischen Überprüfung, hat dieser Schelm zwischenzeitlich diesen Beitrag ins Forum gestellt.
Hier die Daten aus Gäumann:
III-Teleutosporenlager subepidermal ( unter Epidermis verdeckt ), auf beiden Blattseiten ( da waren bisher nur Uredolager ) und vor allem am Stängel, klein, oft zusammenfließend und dadurch kleine Krusten bildend ( gut auf dem Bild zu sehen ), dunkelbraun bis schwarz.
III-Teleutosporen zylindrisch, am Scheitel nicht verdickt, gelbbraun bis braun, meist 30 - 50 µm lang, meist 7 -12 µm breit; Wand 1,5 - 3µm dick.
Damit war das Rätsel gelöst, Julia hat mir einen aktuellen Fund, 1.Oktober 2007 als Herbarbeleg geschickt und nicht vom Fund 7.April 2007 und die Welt war für mich wieder in Ordnung, denn diese beiden Sporenlager II-Uredien und III-Telien passen entwicklungstechnisch zur Jahreszeit.
Das Schöne daran ist aber, daß wir jetzt quasi mit den beiden Beiträgen die komplette Entwicklung des
Rostpilzes Melampsora euphorbiae ( C. Schubert 1823 ) Castagne 1843 von 0-Pyknien, I-Aezien, II Uredien bis III Telien auf der Euphorbia peplus dokumentiert haben.
Vielen Dank für den
aktuellen Herbarbeleg, der das bewerkstelligte

, aber bitte zukünftig darauf verweisen, damit es keine Irretationen gibt.

:
Herzliche Grüße Detlef
Ps.: Habe gerade im Index Fungorum gesehen, daß C.Schubert 1823 in der Erstbeschreibung den Namen Rhytisma euphorbiae C. Schub., Fic. Fl. Dresd., 2. Aufl. 2: 310 (1823) benutzte, also den Rostpilz noch falsch erkannte als Rhytisma-Runzelschorf
Literaturnachweise:
-Gäumann, Ernst: Die Rostpilze Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz
Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz Band XII mit 90 Tabellen und 1075 Abbildungen, 1407 Seiten
herausgegeben von einer Kommission der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft, Kommissionsverlag Büchler & Co. Bern 1959
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662
-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X