Seite 1 von 1

? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Mo 7. Apr 2008, 17:33
von Andricus
Hallo Harry, Hallo Detlef und alle Phytoparasitenfreunde,

zu Eurem Beitrag über die roten Pustelgallen am Wiesenknöterich vom 23.03. ff noch ein ergänzendes und hoffentlich überzeugendes Foto, daß es sich um eine Pilzgalle handelt.
Wenn ich Eure Anschrift hätte, könnte ich Euch auch eine Probe zuschicken.
Auf das Ergebnis bin ich gespannt.

Mit den besten Grüßen
Hans
(hans.buhr@gmail.com)

[br][br]

Re: ? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Mo 7. Apr 2008, 18:29
von Harry
Hallo Hans,

wow, was für ein Foto. :tup:

Ich denke Detlef wird dir seine Adresse per PN oder Mail mitteilen. Ich verfüge noch nicht über die Literatur den Pilz zu bestimmen. Morgen oder spätestens übermorgen werde ich den Standort mit den befallenen Pflanzen aufsuchen und Detlef ebenfalls Belege schicken. Wäre ja Klasse wenn dies ebenfalls dieser seltene Brandpilz ist.

Gruß
Harry

Re: ? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Mo 7. Apr 2008, 20:00
von Dedimyk
Hallo Hans, Harry und alle Phytoparasitenfréunde,

dieses Bild mit aufgebrochenen Gallen und schwarzem Pulver darin sieht stark nach einem Brandpilz aus, da muß ich Hans absolut recht geben.

Mal sehen, was Harry für neues Material mitbringt.
Ich kann mit Scholz , Klenke und Brandenburger den mikroskopierten Beleg einwandfrei bestimmen und bin schon ganz gespannt.

Hans, an der versprochenen Probe bin ich sehr interesiert, da ich diesen seltenen Brandpilz noch nie in Natura gesehen und unter dem Mikroskop hatte.

Ich schicke Dir meine Adresse mit einer email an die angegebene mail.

Herzlichen Dank im voraus

Detlef

Re: ? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Di 8. Apr 2008, 19:10
von Harry
Hallo Detlef, Hans und alle Phytoparasitenfréunde,

wie versprochen habe ich heute nachmittag noch mal den Standort aufgesucht und Frischmaterial zwecks genauerer Untersuchung mit nach Hause genommen. Ich bin rasch fündig geworden umd habe das von Hans angesprochene Pulver gefunden. Ich würde die Farbe aber eher als braun bis dunkelbraun bezeichnen.

Zuhause habe ich einige Aufnahmen gemacht. Zunächst je eine Aufnahme von Blattvorder bzw. Unterseite. Brandgallen noch " unreif ". Man sieht aber deutlich dass der Brand den Blattnerven folgt.





und nun noch je ein Bild von Rück und Vorderseite mit reifen und aufgeplatzten Brandgallen.






Ich habe mir das Pulver unter dem Mikroskop angeschaut. Schöne Sporen, kugelrund und stark isoliert warzig. Gemessen habe ich nicht.

Hans, auch wenn ich wegen fehlender Literatur nichts zur hundertprozentigen Bestimmung beitragen kann, ich denke du hattest mit dem Brandpilz Ustilago pustulata vollkommen recht. Detlef, das Frischmaterial geht morgen an dich raus. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen wenn dieser Fund nicht der von Hans angesprochene sehr seltene Brandpilz ist. Selten ist er an meinem Standort allerdings nicht. Etwa 30% der Pflanzen waren mehr oder weniger befallen.

Gruß
Harry

Re: ? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Mi 9. Apr 2008, 15:17
von Harry
Hallo Detlef,

das Belegmaterial ist auf dem Weg zu dir. Ist ne spannende Sache, ich kann das Ergebnis kaum abwarten. Wie gestern abend telefonisch besprochen liefere ich noch Standortbilder und Funddaten nach.

Gruß
Harry

Re: ? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Mi 9. Apr 2008, 17:35
von Dedimyk
Hallo Hans, Harry und alle Phytoparasitenfreunde,

Hans ist schneller als die Polizei erlaubt.
Heute mittag, als ich aus der Sauna zurückkam, lag schon ein Brief mit einem herrlichen Exsikkat des befallenen Wiesenknöterichs in meinem Briefkasten ( recht herzlichen Dank dafür ).

Ich habe mich sofort rangesetzt und mikroskopiert, da mich das Ganze natürlich sehr interessierte.
Sporensuche war denkbar einfach, da aufgrund der Spoerenreife eine Menge Sporenpulver schon ausgetreten war, wie unschwer auf dem Belegfoto zu shen ist, daß ich nach dem Mikroskopieren machte.

Hier der Herbarbeleg mit deutlichen Sporenpulverspuren:


[br][br]

Man sieht deutlich, daß an den Stiel,- und Blattstrukturen das Sporenpulver aus den aufgebrochenen Gallen herausgetreten ist.

Ich habe in 400 und 1.000er Vergrößerung mikroskopiert und die typischen Brandpilzsporen gefunden die Ihr hier seht:

[br][br]

[br][br]

Hier die Beschreibung aus Scholz zum Nachlesen:

Sori ( Sporenlager ) in den Blättern, als meist gerundete, 1 - 3 mm breite, oft etwas zusammenfließende Pusteln in gelblichbraunen bis dunkelroten Flecken ( wie im vorliegenden Fall ), meist auf der Blattunterseite aufbrechend.
Sporenpuder dunkelbraun bis schwarzviolett.
Sporen kugelig bis leicht ellipsoidisch, 12 - 18 µm im Ø;
Sporenwand braun, 0,5 µm dick, dicht mit sehr kleinen, aber deutlichen Warzen besetzt ( kommen auf den Mikrobildern nicht so gut heraus ), im SEM als 0,4 - 0,6 µm hohe, spitze Warzen, die in unregelmäßigen Gruppen oder Reihen stehen ( doch wer von uns hat schon ein SEM=Elektronenmikroskopp, bin froh ein normales Mikroskop zu haben ).

Da sowohl makroskopisch und mikroskopisch der Befall auf Polygonum bistorta, dem Wiesenknöterich, absolut der vorgenannten Beschreibung entspricht, ist es tatsächlich der Brandpilz Microbotryum pustulatum (De Candolle 1815) R. Bauer & Oberwinkler 1997, syn. Ustilago pustulata (De Candolle 1815) G. Winter 1880, Ustilago bistortarum var. pustulata (De Candolle 1815) B. Lindeberg 1959 den Hans gefunden hat.

Da sowohl Hans , als auch Harry die Seltenheit dieses Brandpilzes bezweifeln ( sie hatten das Glück entsprechende Vorkommen zu finden ), möchte ich darauf verweisen, daß Scholz in seiner Englera überwiegend Altvorkommen aus dem frühen bis mittleren vorigen Jahrhundert aufführt und sehr wenige Neufunde.

Auch Klenke verweist in seiner Arbeit auf die Seltenheit hin und die "Rote Liste" für Sachsen.

Für mein Bundesland Niedersachsen gibt es bisher nur Nachweise von 1885 -1913, also keine Funde der Gegenwart.

Das kann natürlich auch daran liegen, daß sich sehr wenige Mykologen mit den Phytoparasiten befassen, aber da findet ja gottseidank langsam ein Umdenkenn statt, wie ja auch in der Mitarbeit in diesem Spezialforum festzustellen ist.

Für mich sind auf jeden Fall die Funde von Hans und Harry ( Überprüfung steht noch aus, aber Material kommt ja wie wir gestern abend telefonisch vereinbart haben ) Ansporn genug, ganz gezielt Polygonum bistorta-Bestände zu untersuchen, um diesen seltenen Brandpilz auch in meinen heimischen Gefilden nachzuweisen.

Bin schon ganz gespannt auf Harrys Material zur Untersuchung.

Das Ergebnis teile ich natürlich auch schnellstens mit.

Bis dahin herzliche Grüße und nochmals Dank an Hans, der mir Gelegenheit gab, diesen mir bisher unbekannten Brandpilz untersuchen zu können

Detlef


Literaturverzeichnis:

-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Scholz, Hildemar & Scholz Ilse:Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales )
Band 8 der Reihe "Englera" des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem 1988, 691 Seiten
ISBN-3-921800-28-5

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2000, Seitenanzahl: 343 - 398
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.133 S. 343-398, Berlin 2000

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag 2
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2004, Seitenanzahl: 441 - 487
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.137 S. 441-487, Berlin 2004

-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X

Re: ? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Do 10. Apr 2008, 18:04
von Dedimyk
Hallo Harry und alle Phytoparasitenfreunde,

auch Harrys Brief kam heute mittag schon an und ich habe erstmal rasch ein paar Bilder der noch frischen Belege gemacht, um eine entsprechende Dokumentation für meine Datenbank zu haben.

Was mir auffiel war, daß diese Gallen durch den Transport noch nachgereift waren und das knallige Rot aus Harrys Bildern sich mehr in ein dunkelrotviolett verfärbt hat.

Hier die Bilder in verschiedenen Vergrößerungen, speziell auf weißem Papier, um die Kontraste besser darzustellen:














Danach habe ich mikroskopiert in 400 und 1.000 facher Vergrößerung, wobei ich ein Blatt mit aufgebrochener Galle nur einmal auf den Objektträger geklopft habe und wirklich Tausende von Sporen bekam was auf dem Mikrobild 1 hier sehr gut zu sehen ist:





Danach habe ich natürlich ausgeschwemmt um Einzelsporen untersuchen zu können.









Das Ergebnis entsprach genau dem Scholz und der Untersuchung von Hans Belegen, so daß auch Harrys Phytoparasiten auf dem Wiesenknöterich Polygonum bistorta einwandfrei als Brandpilz
Microbotryum pustulatum (De Candolle 1815) R. Bauer & Oberwinkler 1997, syn. Ustilago pustulata (De Candolle 1815) G. Winter 1880, Ustilago bistortarum var. pustulata (De Candolle 1815) B. Lindeberg 1959
bestimmt werden konnten, Glückwunsch zu diesem Fund.

Hier nochmal die Daten aus dem Scholz zum Vergleichen und Nachlesen:

Sori ( Sporenlager ) in den Blättern, als meist gerundete, 1 - 3 mm breite, oft etwas zusammenfließende Pusteln in gelblichbraunen bis dunkelroten Flecken ( wie im vorliegenden Fall ), meist auf der Blattunterseite aufbrechend.
Sporenpuder dunkelbraun bis schwarzviolett.
Sporen kugelig bis leicht ellipsoidisch, 12 - 18 µm im Ø;
Sporenwand braun, 0,5 µm dick, dicht mit sehr kleinen, aber deutlichen Warzen besetzt ( kommen auf den Mikrobildern nicht so gut heraus ), im SEM als 0,4 - 0,6 µm hohe, spitze Warzen, die in unregelmäßigen Gruppen oder Reihen stehen ( doch wer von uns hat schon ein SEM=Elektronenmikroskop, bin froh ein normales Mikroskop zu haben ).

Da meine gemachten Bilder recht aussagefähig sind werde ich einige davon in die Datenbank pilzbestimmung einstellen und wieder einen seltenen Brandpilz dank Eurer Hilfe dort dokumentiert haben.

Harry schicke mir doch bitte auch ein paar Bilder,wie telefonisch besprochen vor allem auch von dem Frühstadium im Format 800x600, damit ich die mit Dir als Bildautor ebenfalls nach entsprechender Beschriftung einstellen kann.

Dieser hervorragende Fund zeigt mal wieder, daß es sich lohnt, unbekannte Phytoparasitenfunde hier vorzustellen und wir gemeinsam versuchen dem "Kind einen Namen zu geben" und dabei so schöne seltene Funde machen, die natürlich auch Alle anregen danach Ausschau zu halten.

Wie ich ja vor einiger Zeit schon mitteilte, schreitet die Bearbeitung der Rostpilze für die Datenbank pilzbestimmung.de, nach Erstellung des Konzeptes, munter fort und ich habe Eric vorgestern bereits die ersten 52 Arten ud 85 Synonyme aus 8 Gattungen zur Einstellung in die DB zugeschickt, so daß auch hier sukzessive Fertigstellung und damit zukünftige Bildeinstellungsmöglichkeiten gegeben werden.
Ist ein langwieriges Geschäft, vor allem der beiden Großgattungen Uromyces mit ca. 1.500 Einträgen und Puccinia mit ca. 5.100 Einträgen aus dem Index Fungorum die als letztes bearbeitet werden.
In den ersten Schritten kommen die Kleingattungen dran aus dem Pool von insgesamt 42 Europäischen Gattung plus noch 9 Gattungen Anamorphe.

So jetzt wünsche ich Allen viel Erfolg bei der Sammelei in der schon kräftig beginnenden Phytoparasitenzeit.


Herzliche Grüße Detlef


Literaturverzeichnis:

-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Scholz, Hildemar & Scholz Ilse:Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales )
Band 8 der Reihe "Englera" des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem 1988, 691 Seiten
ISBN-3-921800-28-5

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2000, Seitenanzahl: 343 - 398
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.133 S. 343-398, Berlin 2000

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag 2
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2004, Seitenanzahl: 441 - 487
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.137 S. 441-487, Berlin 2004

-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X

Re: ? Brandpilz am Wiesenknöterich

Verfasst: Sa 12. Apr 2008, 12:57
von Harry
Hallo Detlef,

vielen Dank für deine Mühe. Hat mich sehr gefreut dass wir auch meinen Fund unter Microbotryum pustulatum (De Candolle 1815) R. Bauer & Oberwinkler 1997 verbuchen können. Ich werde dir in den nächsten Tagen die gewünschten Bilder und Funddaten zuschicken.

Gruß und ein entspanntes Wochenende.

Harry

PS. ich leite heute Nachmittag eine VHS - Wildpflanzenexkursion. Wir kommen dabei an einigen Beständen des Wiesenknöterichs vorbei . Bin mal gespannt ob auch dort unser Brandpilz zugegen ist.