Gruselig hat geschrieben: ↑Fr 24. Mai 2019, 00:20
Hallo!
Ganz so verrückt wie die hier gezeigten Bilder ist mein Maipilz von heute nicht, aber ich dachte mir ich stelle ihn trotzdem mal ein, auch weil's mich interessiert wie das zu Stande kommt.
Neben normalen Maipilzen fand ich heute den hier:
DSC09152.jpg
Wie man sieht hat sich da eine Lamelle rechts oben gedacht, dass es langweilig ist, wenn alle in die gleiche Richtung wachsen und sich daher ihren eigenen Weg gebahnt.
Gibt es dafür einen Begriff? Was könnte das passiert sein?
Ich bin gespannt, was für Ideen kommen.
LG.
Hallo,
danke, dass du uns diese Missbildung zeigst!!!
- Ich finde deinen Fund durchaus sogar sehr interessant, da du uns m.E. (bin zu faul alle bisher gezeigten Bilder zu vergleichen) etwas noch nicht gezeigtes betrifft die Ursache) anbietest. Schön der Reihe nach:
Ja, es handelt sich um eine "Bildungsabweichung", die man in der Schublade
"Abweichende Hymenophore" ( Beispiele hatten wir schon) ablegen kann.
Ich fasse einmal nach [1] die wichtigsten Merkmale zu diesem Missbildungstyp zusammen:
(I) Konfigurationen (Makroskopische Ausprägungen):
(a) Gabelungen und Anastomosen (Querverbindungen) der Lamellen bei Blätterpilz-Arten, die diese Merkmale in der Regel nicht zeigen.
(b) "konzentrische (ringförmige)" Verbindungen (---> "cyclomycoide" Hymenophor-Bildung genannt) der Lamellen (z.B. bei Rhodocollybia maculata).
(c) Röhren-Hymenophor (---> "polyporoide" Hymenophor-Bildung genannt) bei z.B. "Agaricus campestris" (Wiesen-Egerling). Interessant, dass diese Funde voll fertil waren, normal gefärbtes Sporenpulver hatten und am gleichen Standort auch Fruchtkörper mit normal ausgebildeten Lamellen auftraten.
(d) Zahnförmigs (irpicoides) anstatt lamelliges Hymenophor; z.B. bei "Agrocybe dura" (Weißer Ackerling)
(e) Insbesondere bei wenigen Porlingen s.l. kann man regelmäßig eine erstaunlich große Variationsbreite der „Hymenophor-Ausprägung“ beobachten, die weit außerhalb der Literarurangaben liegen und dennoch nicht als Missbildung zu deuten sind; z.B. (Daedaleopsis confragosa; Rötende Tramete), bei der man
regelmäßig "röhrenartiges, bis labyrintisches oder fast lamelliges" Hymenophor finden kann.
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(II) Ursachen:
(a) ---> Als Grund für derartige "Missbildungen" wird eine Mutation angenommen und ein Befall durch Parasiten als unwahrscheinlich bewertet.
(b) ---> Doch, wie so oft wird noch eine weitere Ursache bei einem verblüffenden Fund von "Daedalea quercina" (Eichen-Wirrling) erwähnt. Der Fruchtkörper zeigte auf der Unterseite in der einen Hälfte die typisch "labyrinthische" Struktur und in der anderen Hälfte eine porige, außerhalb der Variabilität liegende) Struktur.
---> Der Auslöser für diese Wachstumsstörung war eine mechanische Verletzung des Fruchtkörpers, der bei seiner Regeneration (seinem Weiterwachsen) mit einer "porige Struktur" des Hymeniums reagierte.
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Hmm, jetzt bleibt nur noch zu klären, welche Ursache auf deinen Fund zutrifft???
- Für mich ist das (+-ohne Restzweifel) klar, wenn ich die "schräg verlaufende Lamelle" bewerte. Das war ursprünglich eine mechanische Verletzung und bei der anschließenden Regeneration hat der Fruchtkörper um diese Stelle herum etwas ungewöhnlich "restauriert".
Und um auch das nochmals zu betonen: Eine Mutation als Ursache schließe ich hier aus.
Grüße
Gerd
Literatur:
[1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62