Rostpilz an der Alpen-Kratzdistel
Verfasst: Mo 22. Sep 2008, 00:10
von Julia
Hi!
Diesen Rostpilz habe ich in der letzten Juliwoche in Bayern, Oberallgäu, Aufstieg Linkerskopf auf den Blättern der Alpen-Kratzdistel (Cirsium spinoissimum) gefunden.
Leider kann ich aus der Auswahl im Brandenburger nicht den richtigen herausfiltern. Ist das nun Puccinia oder Uromyces...weil irgendwie ist ja ein- und zweizellig vertreten^^
Wer kann helfen?
zweizellige Sporen im Durchschnitt 28,75 x 40,4
einzellige Sporen im Durchschnitt 30,8 x 32,1
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mfg Jule
Re: Rostpilz an der Alpen-Kratzdistel
Verfasst: Mi 24. Sep 2008, 19:20
von Dedimyk
Hallo Julia und alle Phytoparasitenfreunde
[quote=Julia,22.09.2008, 00:10]
Hi!
Diesen Rostpilz habe ich in der letzten Juliwoche in Bayern, Oberallgäu, Aufstieg Linkerskopf auf den Blättern der Alpen-Kratzdistel (Cirsium spinoissimum) gefunden.
Leider kann ich aus der Auswahl im Brandenburger nicht den richtigen herausfiltern. Ist das nun Puccinia oder Uromyces...weil irgendwie ist ja ein- und zweizellig vertreten^^
Wer kann helfen?
zweizellige Sporen im Durchschnitt 28,75 x 40,4
einzellige Sporen im Durchschnitt 30,8 x 32,1
mfg Jule
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wie ich eben im Chat geschrieben habe, hat mir diese Bestimmung graue Haare gebracht, denn sie war sehr umfangreich und erforderte umfangreiche Literaturrecherchen, mit allerdings einem letztendlich für uns positivem Ergebnis.
Zunächst erstmal wurde das Rätsel der ein,- und zweizelligen Sporen gelöst:
Die einzelligen Sporen sind II- Uredosporen und die zweizelligen Sporen sind III- Teleutosporen, beide aus der Gattung Puccinia
Damit scheidet die Gattung Uromyces in der Untersuchung aus und es blieben nur noch 13 mögliche Rostpilzarten auf der Wirtsgattung Cirsium übrig.
Nach Gäumann konnte ich wirtsbezogen auf Alpen-Kratzdistel (Cirsium spinosissimum) den Kreis auf nur noch 4 Arten einschränken und diese habe ich gemäß der makroskopischen und mikroskopischen Bilder untersucht und bin letztendlich bei Puccinia cirsii Lasch 1859 mit 4 Variationen gelandet.
Nach Zwetko ist Puccinia cirsii Lasch 1859 neben diversen anderen Arten inzwischen synonymisiert und heißt jetzt:
Puccinia laschii Lagerheim 1895
Die Puccinia laschii wurde dann durch Savile ( 1970 ) gemäß den Gäumannschen Festlegungen in 4 Variationen untergliedert und diese von Zwetko und Brandenburger übernommen; dem habe ich mich bei der Bearbeitung der Gattung Puccinia für die Datenbank fungiworld.com angeschlossen und damit heißt Julias Fund aktuell:
Puccinia laschii var. spinosissimi Savile 1970
die lt. Zwetko verbreitet in den Alpen auf Cirsium spinosissimum gefunden wird.
Hier die Daten aus Brandenburger, Gäumann, Klenke und Zwetko zum Nachlesen und Erkennen:
Da Julia beim Mikroskopieren sowohl einzellige II-Uredosporen, als auch zweizellige III-Teleutosporen gefunden hat, nachfolgend beide Sporenbeschreibungen:
II- Uredosporenlager auf beiden Blattseiten, besonders unterseits, 1/4 - 1mm groß, unregelmäßig zerstreut, pulverig, früh nackt, braun, oberseits braune Flecken mit hellerem Hof verursachend.
II-Uredosporen kugelig, ellipsoidisch bis eiförmig, 22 - 27 ( 29 ) µm lang, 19 - 26 µm breit. Wand 2 - 3 µm dick, dunkel kastanienbraun, einzeln blaß, entfernt stachelig. Warzenabstand 2 - 3 µm; mitunter streckenweise ohne Stacheln. 3 äquatoriale Keimporen mit schwach entwickelter Papille.
III-Teleutosporenlager vorwiegend auf der Blattoberseite oder am Blattstiel, klein ,rundlich , schwarzbraun bis schwarz, früh nackt, meist einzeln, seltener zusammenfließend.
III-Teleutosporen ellipsoidisch bis eiförmig, 24,5 - 38,5 ( 41 ) µm lang, 17 - 26,5 ( 28 ) µm breit, am Scheitel und meist auch an der Basis abgerundet, seltener unten leicht verschmälert, in der Mitte nicht oder nur leicht eingeschnürt. Wand dunkel kastanienbraun 1,3 - 2,7 ( 3, 5 ) µm dick, feinwarzig.Keimporus der oberen Zelle bei 2/3 der unteren Zelle bis zur Hälfte herabgedrückt, beide mit breiter niedriger Papille. Stiel kurz, farblos und brüchig.
Puccinia laschii var. spinosissimi Savile 1970 durchläuft seine komplette Entwicklung mit 0-Pyknien, I-Aezien, II-Uredien und III-Telien auf der Alpen-Kratzdistel (Cirsium spinosissimum), führt also keinen Wirtswechsel durch.
Danke für die Vorstellung der schönen Bilder dieses neuen, mir bisher unbekannten Rostpilzes ( kein Wunder bei dem alpinen Wirt ).
Herzliche Grüße Detlef
Literaturnachweise:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662
-Gäumann, Ernst: Die Rostpilze Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz
Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz Band XII mit 90 Tabellen und 1075 Abbildungen, 1407 Seiten
herausgegeben von einer Kommission der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft, Kommissionsverlag Büchler & Co. Bern 1959
-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X
-Poelt, Josef und Zwetko, Peter: Die Rostpilze Österreichs
Biosystematics and Ecology Series No. 12
2. revidierte und erweiterte Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil Heft1 Uredinales, 365 Seiten
Verlag: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1997
Bandherausgeber: Wilfried Morawetz & Hans Winkler Institut für Botanik, Universtät Wien
ISBN:3-7001-2650-6
-Zwetko, Peter: Die Rostpilze Österreichs
Biosystematics and Ecology Series No. 16
Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae,III. Teil Heft 1 Uredinales, 67 Seiten
Verlag: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2000
Bandherausgeber: Friedrich Ehrendorfer, Institut für Botanik, Universtät Wien, A-1030 Wien
Serienherausgeber: Wilfried Morawetz & Hans Winkler Institut für Spezielle Botanik, Universtät Wien
ISBN:3-7001-2910-6