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verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Mo 27. Okt 2008, 22:40
von Horst Schlüter
Liebe Phytoparasitenfreunde,
am 25.10.2008 fand ich am Sonnenberg, Winnenden-Breuningsweiler an einer Stieleiche diese Schadensbilder.
Was läßt sich hierzu sagen?

Viele Grüße
Horst Schlüter
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Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Di 28. Okt 2008, 06:52
von Julia
Hi!

Also:

Die gelben Flecken wage ich mal nicht zu beurteilen.

Auf dem untersten Bild hast du mal wieder schwarze Kügelchen fotografiert. Das weißt auf Perithezien eines Echten Mehltaupilzes hin.

Nun wäre noch interessant zu wissen ob das Blatt mit den Perithezien unten drauf oben drauf Myzel hatte. Ich glaube ja nicht und deswegen denke ich auch, dass es sich hierbei um Phyllactinia guttata (Wallr. ex. Schlecht.) Lév. handelt.
Dieser zeichnet sich durch fehlendes oder kaum sichtbares Myzel aus und dass man ihn eigentlich erst sieht wenn man das Blatt umdreht;)

Das andere weiße...naja, dachte erst an einen Falschen Mehltaupilz, aber auf Eiche soll keiner vorkommen.
Deswegen ist es wohl was tierisches.


lg Jule

Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Di 28. Okt 2008, 07:05
von Dedimyk
Hallo Horst und alle Phytoparasitenfreunde,

Julia hat ja schon einiges beantwortet, dem ich mich anschließe, allerdings interessiert mich der Echte Mehltaupilz mit den blattunterseitigen Perithezien auf wenig bis keinem Myzel sehr.

Das weiße, was einem "Falschen Mehltaupilz" ähnelt ist sicher ein tierischer Befall, ich vermute mal eine Milbe.

Das andere könnte ein seltener Echter Mehltaupilz sein ( immerhin gibt es 4 Arten davon auf Quercus), den ich gerne mikroskoiperen möchte.

Kannst Du mir bitte den Herbarbeleg zuschicken, damit ich eine Untersuchung einleiten kann ?

Herzliche Grüße Detlef

Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Di 28. Okt 2008, 14:59
von Horst Schlüter
Hallo Detlef,
ich habe ausnahmsweise sogar Belege gesammelt, die liegen unverarbeitet in einer Plastiktüte im Kühlschrank. Wenn Du mir mitteilst wie und wohin, würde ich die Sachen so schnell wie möglich verschicken.

Gruß
Horst

Re: Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Di 28. Okt 2008, 15:05
von Dedimyk
Hallo Horst,

[quote=Horst Schlüter,28.10.2008, 14:59]
Hallo Detlef,
ich habe ausnahmsweise sogar Belege gesammelt, die liegen unverarbeitet in einer Plastiktüte im Kühlschrank. Wenn Du mir mitteilst wie und wohin, würde ich die Sachen so schnell wie möglich verschicken.

Gruß
Horst
[/quote]

das ist prima, ich schicke Dir per PM meine Adresse und die Belege bitte einfach im Brief an mich schicken, bin schon sehr gespannt.

Danke und herzliche Grüße

Detlef

Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Fr 31. Okt 2008, 18:20
von Dedimyk
Hallo Horst und alle Phytoparasitenfreunde,

heute kam der Brief mit verschiedenen Herbarbelegen wohlbehalten bei mir an und ich habe sofort den Befall auf Quercus robur untersucht und heute nachmittag mikroskopiert.

Makroskopisch paßte der Befall absolut nicht auf die gewöhnliche

Erysiphe alphitoides (Griffon & Maublanc 1912) U. Braun & S. Takamatsu 2000, syn. Microsphaera alphitoides Griffon & Maublanc 1912

die so aussieht:

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hier die zugehörigen Mikrobilder:

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also mußte es was anderes sein.

Hier nochmal die Befallsbilder von Horst Echtem Mehltaupilz:

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und mein eben gemachtes Mikrobild:

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damit entfielen die beiden Arten Phyllactinia gutta und Phyllactinia roboris, die deutlich andere Mikrobilder zeigen.

Blieb nur noch die Art

Erysiphe hypophylla (Nevodovskij 1952) U. Braun & Cunnington 2003 , syn. Microsphaera hypophylla Nevodovskij 1952

übrig, die laut Klenke ein flaumig vergängliches Myzel nur blattunterseitig zeigt, keine Deformierung verursacht und auf Quercus petraea und Quercus robur, wie vorliegend, vorkommt.

Vergleiche der Daten und Mikrobilder im Braun ( siehe Literaturhinweis ) brachten mich nicht weiter, denn die Abweichungen waren so marginal, daß ich keinen Unterschied feststellen konnte.

Also habe ich eben meinen Mentor Professor Braun, den Erysiphales-Spezialist schlechthin, angemailt und ihm die Bilder und Mikrobilder geschickt mit der Bitte sich das Ganze anzusehenn und mir die Unterscheidungsmerkmale dieser beiden Arten zu benennen.

Sobald ich mehr weiß, werde ich abschließend berichten.


Herzliche Grüße Detlef


Literaturhinweis:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge
Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X

-Braun, Uwe: The powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe, Gustav Fischer Verlag, Jena,
Stuttgart, New York 1995, 338 Seiten ISBN 3-334-60994-4 ( Jena ), ISBN 1-56081-424-1 ( New York )

-Phylogeny of Erisiphe, Microsphaera, Uncinula ( Erysipheae )
and Cystotheca, Podosphaera, Sphaerotheca ( Cystotheceae ) inferred from rDNA IST sequences- some taxonomic consequences
Autor: Braun, Uwe & Takamatsu, Susumu
Kategorie: Zeitschrift
Seitenanzahl:S.1 - 33
Schlechtendalia 4 ( 2000 ), Veröffentlichungen aus dem Institut für Geobotanik und Botanischer Garten der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg

Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Fr 31. Okt 2008, 20:31
von Horst Schlüter
Hallo Detlef,
das ist ja richtig spannend.

Gruß
Horst

Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Fr 31. Okt 2008, 22:12
von Heinz †
Hallo Detlef,

zu den Pilzen auf den Eichenblättern möchte ich mich doch noch zusätzlich äußern, denn etwas scheint hier übersehen worden zu sein. Es wird wohl zutreffen, dass auf den Blättern Erysiphe-Arten vorkommen, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Mich interessieren vielmehr die im dritten Bild von Horst deutlich erkennbaren weißen Flecke, bei denen Du einen Milbenbefall vermutest. Ich glaube vielmehr, dass es sich hierbei um Microstroma album (Desm.) Sacc. handelt. Neben der Tatsache, dass dieser Pilz äußerst selten ist, ist er auch in systematischer Hinsicht bemerkenswert. Bis vor kurzem wurde er zu den Deuteromyzeten gerechnet. Neuerdings stellt man ihn wegen seiner basidienartigen Trägerzellen und den exogen abgeschnürten Sporen (nebst weiteren systematischen Merkmalen) zu den Ustilaginomyzeten, unter denen er eine eigene Ordnung bildet (Microstromatales), also nahe verwandt mit den Exobasidiales und Tilletiales. "Auf deutsch" gehört Microstroma album zu den "Brandpilzen", und - in größeren Kategorien gedacht - zu den Basidiomyzeten. Über den Aufbau dieses empfindlichen Pilzchens kann man sich in einer Abbildung im "Tintling" (Heft 2/2004, s. 80) informieren. Zwar handlt es sich hier um Microstroma juglandis (Walnuß); morphologisch lassen sich beide Pilze aber kaum unterscheiden. Ihr trennendes Merkmal liegt in der Wirtsspezifität.
Ich gehe davon aus, dass das Material noch vorhanden ist, so dass man die Bestimmung absichern kann.

Gruß aus Wolfenbüttel, Heinz

Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Sa 1. Nov 2008, 06:19
von Dedimyk
Hallo Heinz und natürlich alle Phytoparasitenfreunde,

das wäre großartig, falls es sich wirklich um Microstroma album (Desm.) Sacc. handeln sollte.
Natürlich kenne ich Deinen Bericht im Tintling und Du hast mir damals ja auch dankenswerterweise einen Herbarbeleg zukommen lassen von dem Befall auf der Walnuß ( Microstroma juglandis ) .

Ich habe sofort das gottseidank recht umfangreiche Material von Horst eben ( bin ja Frühaufsteher ) sortiert und die mit dem "weißen Befall" für Dich herausgesucht und lediglich einige mit klassischem Echten Mehltaupilzbefall für meine weiteren Untersuchungen behalten.

Den Brief mit den Proben bringe ich gleich zur Post, erhälst Du dann wahrscheinlich am Montagmorgen.

Da bin ich wirklich gespannt, was Deine Untersuchungen ergeben werden.

Ein schönes Wochenende und Gruß nach Wolfenbüttel

Detlef

PS.: Ich habe Dir auch die Herbarbelege von Horst beigelegt, die er mir ebenfalls geschickt hat und die von Vertretern der Deuteromycotina, Deinem Spezialgebiet befallen sind. Die Echten Mehltaupilzbefälle auf Weide und Topinambur habe ich behalten und werde dazu schreiben.

Detlef

Re: Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Mo 3. Nov 2008, 15:23
von Dedimyk
Hallo Horst und alle Phytoparasitenfreunde,


[quote=Dedimyk,31.10.2008, 18:20]
Makroskopisch paßte der Befall absolut nicht auf die gewöhnliche
Erysiphe alphitoides (Griffon & Maublanc 1912) U. Braun & S. Takamatsu 2000, syn. Microsphaera alphitoides Griffon & Maublanc 1912 also mußte es was anderes sein.

Blieb nur noch die Art Erysiphe hypophylla (Nevodovskij 1952) U. Braun & Cunnington 2003 , syn. Microsphaera hypophylla Nevodovskij 1952 übrig, die laut Klenke ein flaumig vergängliches Myzel nur blattunterseitig zeigt, keine Deformierung verursacht und auf Quercus petraea und Quercus robur, wie vorliegend, vorkommt.

Vergleiche der Daten und Mikrobilder im Braun ( siehe Literaturhinweis ) brachten mich nicht weiter, denn die Abweichungen waren so marginal, daß ich keinen Unterschied feststellen konnte.

Also habe ich eben meinen Mentor Professor Braun, den Erysiphales-Spezialist schlechthin, angemailt und ihm die Bilder und Mikrobilder geschickt mit der Bitte sich das Ganze anzusehenn und mir die Unterscheidungsmerkmale dieser beiden Arten zu benennen.
Sobald ich mehr weiß, werde ich abschließend berichten.


Herzliche Grüße Detlef

[/quote]

so schrieb ich und mein Gefühl, daß es sich vermutlich um den seltenen Echten Mehltaupilz Erysiphe hypophylla (Nevodovskij 1952) U. Braun & Cunnington 2003 , syn. Microsphaera hypophylla Nevodovskij 1952 handeln könnte wurde heute durch Professor Braun bestätigt siehe hier:

Lieber Herr Emgenbroich!

Molekulare Untersuchungen haben gezeigt, dass E. hypophylla eine gute
Art ist (siehe Anhang). Das Problem ist, dass sich die Fruchtkörper von
E. alphitoides kaum unterscheiden. Aus Europa gibt es nur alte
Kollektionen. Der Nachweis, dass E. hypophylla noch heute in Europa
vorhanden ist, ist unsicher. Da könnte Ihr Fund helfen. Nach den Befall
scheint es sind tatsächlich um E. hypophylla zu handeln. Wenn Sie
auszeichend Material haben, könnten Sie es mir schicken. Ich würde es zu
Prof. Takamatsu nach Japan zur molekularen Untersuchung schicken, dann
hätten wir Sicherheit.

Viele Grüße,

Uwe Braun

--
Prof. Dr. Uwe Braun
Martin-Luther-Universität, Institut für Biologie,
Bereich Geobotanik und Botanischer Garten, Herbarium,
Neuwerk 21
D-06099 Halle (Saale), Germany

Ich werde morgen die restlichen Blätter, bis auf ein Belegexemplar, das bei mir verbleibt an Professor Braun schicken, die restlichen mit dem weißen Befall sind ja schon am Samstag an Heinz ( Professor Butin ) auf dem Weg nach Wolfenbüttel zur Überprüfung auf den Befall durch Microstroma album (Desm.) Sacc. .

Horst da hast Du einen Superfund gemacht und wir haben die Möglichkeit ähnlich wie bei der Taphrina farlowii vergessene bzw. bei uns unbekannte Phytoparasiten zu dokumentieren, großartig.

Als Funddaten sind folgende Angaben bekannt:
Am 25.10.2008 am Sonnenberg, Winnenden-Breuningsweiler auf lebenden Quercus robur-Stieleichenblättern, Finder Horst Schlüter.
Kannst Du bitte noch das MTB ( Meßtischblatt ) und den zugehörigen Quadranten angeben, brauchen wir zur Dokumentation.

Falls Du die Möglichkeit haben solltest, noch Belegexemplare mit den beiden Befällen zu sammeln und zu trocknen, um bei Dir als Belege zu bleiben und mir ebenfalls bei einer späteren Zusendung von Überprüfungsmaterial etwas mitzuschicken für mein Herbar daran wäre ich sehr interessiert.

Ich bin wirklich gespannt, was die Untersuchung der beiden unterschiedlichen Phytoparasitenarten ergeben wird.

Herzliche Grüße Detlef

Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Mo 3. Nov 2008, 20:35
von Horst Schlüter
Hallo Detlef,
klasse.
Es zeigt mir aber auch, daß meine Hartnäckigkeit in manchen Dingen immer wieder belohnt wird.
Es tut mir leid, daß ich als blutjunger Anfänger in diesem Teil der Mykologie im Grunde wild einfach nach Befall suche und dann die Bestimmung weitergebe. Aber ich bin dankbar, daß es so viele im Internet gibt, die geduldig meine Anfragen beantworten. Zum Glück gibt es dann manchmal das Salz in der Suppe, was hoffentlich versöhnt. Ich kann ja nicht beurteilen, was lohnenswert ist zu sammeln. Hier hatte ich ja richtig ein glückliches Händchen und das vor allem deshalb, weil ich bei der Suche nach Schäden am Blatt immer beide Seiten begutachte.
Nun aber noch zu Beantwortung Deiner Fragen. Ich war ja schon am Sonnenberg, um mehr Material für Dich zu sammeln, mein ursprünglicher Vorrat war weitaus geringer. Beim Zweiten Mal habe ich schon den weißen Pilz nicht mehr gefunden. Ich werde aber nochmals danach suchen, vielleicht hab ich ja Glück. Wobei natürlich die Schwierigkeit besteht, daß die Blätter von Tag zu Tag bräunen. Oder hat es Sinn, auch bei am Boden liegenden Blättern zu suchen?
Übrigens habe ich diese Pilze nur an einem Baum gefunden, an den Nachbarbäumen konnte ich nichts erkennen.

MTB 7122 linker unterer, also südwestlicher Quadrant
9°24'22" O 48°50'52" N Höhe 365 m

Ich hoffe, das ist so o.K.

Es grüßt
Horst

Re: Re: verschiedene Schadbilder an Stieleiche, Quercus robur

Verfasst: Di 4. Nov 2008, 15:58
von Dedimyk
Hallo Horst,

[quote=Horst Schlüter,03.11.2008, 20:35]
Hallo Detlef,
Nun aber noch zu Beantwortung Deiner Fragen. Ich war ja schon am Sonnenberg, um mehr Material für Dich zu sammeln, mein ursprünglicher Vorrat war weitaus geringer. Beim Zweiten Mal habe ich schon den weißen Pilz nicht mehr gefunden. Ich werde aber nochmals danach suchen, vielleicht hab ich ja Glück. Wobei natürlich die Schwierigkeit besteht, daß die Blätter von Tag zu Tag bräunen. Oder hat es Sinn, auch bei am Boden liegenden Blättern zu suchen?
Übrigens habe ich diese Pilze nur an einem Baum gefunden, an den Nachbarbäumen konnte ich nichts erkennen.

MTB 7122 linker unterer, also südwestlicher Quadrant
9°24'22" O 48°50'52" N Höhe 365 m

Ich hoffe, das ist so o.K.

Es grüßt
Horst
[/quote]

danke für die Daten.
Klar werden die Blätter zum Teil braun, aber wenn Du trotzdem noch was finden solltest, dann mitnehmen.
Blätter vom Boden bringen nichts.

Ich glaube Heinz hat genug Material, um seine Untersuchungen durchführen zu können.

Ich habe auf jeden Fall zumindest 1 Blatt mit dem Echten Mehltaupilz mit seinen Perithezien ( sind die Kugeln mit den Asci und Sporen ) als Beleg sowie die Bilder.


Herzliche Grüße Detlef