Mein erster Becherling

[mykologicus]

Liebe Forumsleser,
am Samstag habe ich meinen ersten Becherling gefunden. In einer aufgelassenen Baumschule an einer liegenden Fichte. Große Freude über die kleinen Schönheiten! Zur Beschreibung:
Bild 1: Gesamteindruck.
Junge Fruchtkörper glockenförmig umgekehrt eiförmig mit kleiner Öffnung. Größere Fruchtkörper allmählich ausbreitend, aber noch mit zum Teller eingerollten Rand. Älteste Fruchtkörper tellerförmig ausgebreitet und mit nach unten umgebogenen, leicht trichterförmigem Rand.

Größe der Fruchtkörper: 3 - 5 mm, größte noch unter 1 cm im Durchmesser.
Oberseite der Fruchtkörper: leuchtend dottergelb bis hellorange. Glatt bis leicht glänzend.
Unterseite der Fruchtkörper: weiss behaart und gestielt. Zum Stielansatz des Bechers faltig zusammengezogen, wie wenn man Stoff zusammenzieht.
Becherform: jung rund, älter teils wellig verbogen, teils eingekerbt oder eingerissen.
Becherrand: der weiße Flaum der Unterseite ist deutlich am Becherrand von oben gesehen zu sehen.
Stiel: oben in der Farbe der Becherunterseite, an der Stielbasis dunkelbraun. Teils leicht konisch nach unten zulaufend, teils am ganzen Stiel in gleicher Dicke.

Leider waren mehr halbwegs scharfe Bilder nicht möglich. Ein mir bis zum Bauchnabel reichender Hund schoß auf mich zu und wollte den Rückrufen seines Herrchens rein gar nicht gehorchen. Und ich stand nur noch zitternd da. Hunde sind mein absolutes KO-Kriterium beim "Pilzlern".

Insgesamt sieht mein Fund eigentlich gerade so aus wie das Avatarbild von Ingo W. In meinen Büchern habe ich leider keinen passenden gefunden, ich hoffe, dass jemand diese Schönheit kennt und nicht wieder auf das Mikroskop verweist.

Liebe Grüße Sabine

[Harry]

Hallo Sabine,

das sieht mir nach einem Vertreter aus der Gattung Lachnellula aus. Von diesen Haarbecherchen könnten aber einige Arten in Frage kommen. Sehr wichtig wäre das Substrat auf dem du die Pilze gefunden hast. Kannst du darüber was sagen?

Ich denke Ingo wird sich noch zu deinem Fund melden und rechne mal vorsichtshalber damit dass dein Fund mikroskopiert werden muss.

Gruß
Harry

[mykologicus]

Hallo Harry,
danke sehr für deine erste Weisung in Richtung Lachnellula Haarbecherchen. Das Substrat ist eine liegende Fichte. Einen Beleg habe ich nicht mitgenommen, könnte jedoch besorgt werden - aber nur in Begleitung
Habe schon etwas zu Lachnellula gegoogelt aber auch nichts passendes gefunden, außer L. agassizii auf einer französisch-sprachigen Seite, der Pilz wird auf Tanne/Fichte (sapin) angegeben. Leider zeigt kaum eine Abbildung die Stielbasis...
Liebe Grüße Sabine

[Harry]

Hallo Sabine,

auf Fichte könnte das Pokalförmige Haarbecherchen ( Lachnellula calyciformis ) in Frage kommen. Das würde meiner Meinung nach zu deinem Fund ganz gut passen. Aber warten wir mal Ingos Meinung ab.

Gruß
Harry

[Ingo W]

Hallo Sabine!

Insgesamt sieht mein Fund eigentlich gerade so aus wie das Avatarbild von Ingo W. In meinen Büchern habe ich leider keinen passenden gefunden, ich hoffe, dass jemand diese Schönheit kennt und nicht wieder auf das Mikroskop verweist.

Ja, schön sind sie.
Die schlechte Nachricht:
Es geht wieder nicht ohne Mikroskop, denn die meisten Lachnellula-Arten sind orange.
Hätte ich ihn bei mir gefunden, wäre er ziemlich sicher Lachnellula subtilissima (Tannen-Lachnellula), der immer öfter auf Kiefer und Fichte zu finden ist.
Bei mir ist nämlich mit Lachnellulen gar nicht viel los, nur 2 Arten. Mein Avatar in diesem Forum ist übrigens auch subtilissima, und auch an Fichtensubstrat gewachsen.

Für Lachnellula subtilissima spräche die Farbwandlung (jung orange, später dieses cremige Gelb) und die Größe von teilweise über 5mm.

Die Intensität des Orange-Farbtons (weil du versuchst ein passendes Bild zu finden) und das Vorhandensein des kurzen Stiels lässt keinen sicheren makroskopischen Rückschlüsse auf die Art zu.
Es kann also bei dir auch gut calyciformis oder eine weitere von ca. 10 in Frage kommenden Arten sein. Tut mir leid.

VG Ingo W

[mykologicus]

Guten Abend Ingo,
ich bedanke mich sehr herzlich für deine ausführliche Antwort. Ich ahnte es bereits, ohne Mikroskop geht es wieder mal nicht. Und wenn es nur die Auswahl zwischen 10 Arten ist. Ich werde die kleinen zarten Schönheiten denn unter "Haarbecherchen" Lachnellula ablegen.

Außerdem überlege ich ernsthaft, ob ich inzwischen "so weit" bin, mich einem mykologischen Verein anzuschließen. Es gibt in Hamburg einen. Vor 15 Jahren hörte ich, dass die Mitglieder sich treffen und die Pilze nur über die Vornamen (hinterer Namensteil) des wissenschaftlichen Namens ansprechen. Das fand ich sehr abschreckend, inzwischen habe ich mich ganz gut an die botanischen Namen gewöhnt und suche im Internet fast ausschließlich über die wiss. Namen.

Danke also nochmals für deine Mühe!
Liebe Grüße Sabine

[Ingo W]

Hallo Sabine!

Guten Abend Ingo,
Außerdem überlege ich ernsthaft, ob ich inzwischen "so weit" bin, mich einem mykologischen Verein anzuschließen. Es gibt in Hamburg einen. Vor 15 Jahren hörte ich, dass die Mitglieder sich treffen und die Pilze nur über die Vornamen (hinterer Namensteil) des wissenschaftlichen Namens ansprechen. Das fand ich sehr abschreckend, inzwischen habe ich mich ganz gut an die botanischen Namen gewöhnt und suche im Internet fast ausschließlich über die wiss. Namen.

Ich versichere dir, du bist schon lang soweit, und es ist in deinem Fall längst überfällig, sich einem Pilzverein anzuschließen.
Dass dich die Redensweise mit den botanischen Namen abschreckt, kann ich nachvollziehen, ich kann dir aber fast garantieren, dass dort auch viele Mitglieder sind, die mit nur wissensch. Namen nichts anfangen können, und du dann wahrscheinlich bei Gesprächen sogar als "Übersetzer" tätig wirst, weil du sowohl deutsche als auch wissenschatliche Namen kennst.

Außerdem ist Erfahrungsaustausch mit anderen "Pilzverrückten" der praktikabelste Weg was zu lernen, weil die Bestimmungsarbeit ja die anderen schon gemacht haben.

VG Ingo W

[mykologicus]

Guten Morgen Ingo,

Ich versichere dir, du bist schon lang soweit, und es ist in deinem Fall längst überfällig, sich einem Pilzverein anzuschließen.

Naja, ich bin selbstkritisch genug, um zu sehen, dass ich bei den Pilzen an allen Ecken und Kanten Defizite habe. Wissenschaftliche Namen fließend aussprechen können und flott in die Tastatur zu werfen, ist ja noch keine nennenswerte Qualifikation... ich hatte Latein in der Schule, das hilft schon sehr. Na, und nur weil ich nicht mit der Bratpfanne im Hinterkopf den Pilzen nachstelle, das ist auch keine relevante Qualifkation. Aber vielleicht bin ich zu kritisch.
Ich werde mal Kontakt zu dem Verein aufnehmen, es kann aber sein, dass die doch recht weit weg sind, in Hamburg kann man auch gut und gern zwei Stunden von einem zum anderen Ende unterwegs sein.

Liebe Grüße Sabine

[Gerd †]

Hallo Sabine,

ich kann den Kommentar von Ingo und die Aufmunderung Kontakt zu einem Pilzverein aufzunehmen, nur Wort für Wort unterstreichen.

- Auch wenn wir uns bemühen, dich im Forum zu gut wie möglich zu unterstützen.
---> Den Erfahrungsgewinn, den eine Diskussion mit Pilzfreunden und einem Fruchtkörper in der Hand bringt, können wir dir im Forum kaum bieten.

Liebe Grüße
Gerd

PS.:
Na ja, die "wissenschaftlichen Namen":
- Da habe ich sehr oft auch nur den Klang im Ohr und muss die exakte Schreibweise (hatte nie Latein) nachschauen.
- Übrigens, ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei den "Hamburgern" anders zugeht wie bei den "Ulmern":
---> Wenn ich mit "Manfred Enderle, Karl Keck, Kurt Köhler etc." diskutiere, dann verwende ich meist (aber nicht immer) wissenschaftliche Namen.
---> Und wenn ein Fund der Allgemeinheit vorgestellt wird, dann steht der deutsche Name im Vordergrund und der "wissenschaftliche" wird oft nicht einmal erwähnt.

[mykologicus]

Hallo Gerd,
danke fürs Mutmachen
ihr werdet es definitiv erfahren, wenn ich was passendes gefunden habe. Bin selbst gespannt, wo sich die Hamburger treffen, wie gesagt, zwei Stunden pro Weg sind durchaus drin.
Liebe Grüße Sabine