Milbenbefall und vermuteter Pilzbefall an einem Ginsterzweig

Spezialforum zum Thema phytoparasitische Kleinpilze ( Rost, Brand, Mehltaupilze etc. ) und tierische Gallen an Wild.- und Nutzpflanzen. Forumsstart - 15.07.2006
Fahrenheit
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Re: Milbenbefall und vermuteter Pilzbefall an einem Ginsterzweig

Ungelesener Beitrag von Fahrenheit »

Guten Abend,

hier nun die Bilder vom Dauerpräparat der N3 bis N5 Nymphen der Ginster-Blattflöhe.

Alle Aufnahmen über Leica DM E mit C-Plan Objektiven (Vergrößerung gemäß Bildbeschriftung) und Canon A520 am Herrmannschen Adapter.

Bild 34: Ein Häutungsrest N3 in der Übersicht bei 100x, ca. 1 mm. Gut zu sehen sind die Mundwerkzeuge mit den Saugfilamenten sowie der für die jeweilige Art charakteristische Afterring.
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Bild 35: Abdomen mit Afterring und Borsten (seta) bei 400x. Auch die Borsten werden zur Artbestimmung herangezogen, hier beringte zweiteilige Borsten (ringed sectaseta).
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Bild 36: N3- und N4-Nymphe (in Bauch- bzw. Rückenlage) bei 40x.
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Bild 37: N5-Nymphe bei 40x mit gut erkennbaren Flügelanlagen.
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Bild 38: Die gleiche Nymphe bei 40x in polarisiertem Licht. Die Muskulatur tritt leuchtend hervor. Leider gilt dies auch für einige Staubpartikel.
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Nun fehlt nur noch ein adulter Blattfloh, um den Reigen abzuschließen. Einige Nymphen sitzen noch an meinem Ginsterzweig. Ich hoffe, sowohl Zweig als auch Nymphen halten lange genug durch.

Vielen Dank und schöne Grüße
Fahrenheit
Fahrenheit
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Re: Milbenbefall und vermuteter Pilzbefall an einem Ginsterzweig

Ungelesener Beitrag von Fahrenheit »

Hallo liebe Freunde der Blattflöhe,

nach einem Rückschlag (mir sind während eines Seminars die Ginsterzweige vertrocknet und dabei sind leider auch alle Blattflöhe abgestorben) kann ich heute nach erfolgreicher Kleinwildjagt erste Bilder der Imagos meiner Ginsterblattflöhe zeigen.

Die Bilder sind unter dem Stereomikroskop MBL-10 entstanden, bei 16-facher Vergrößerung. Photografiert habe ich mit der Canon A520 über den Herrmannschen Okularadapter mit Universalokular. Die Gesamtlänge der Blattflöhe beträgt ca. 2 mm.

Bild 1: ein weibliches Tier, hier ist schön der Legestachel zu erkennen, mit dem die Eier im Parenchym des Ginsters abgelegt werden.
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Bild 2: ein männliches Tier mit dem recht komplexen Begattungsorgan.
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Bild 3: das männliche Begattungsorgan in Nahaufnahme
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Die Bildqualität lässt leider etwas zu wünschen übrig. Sobald die Tierchen durchfixiert sind, werde ich sie wie gehabt für das Durchlichtmikroskop präparieren und ich hoffe, dann bessere Bilder nachliefern zu können.

Auf den Bildern nicht zu erkennen: die Mundwerkzeuge liegen auch beim Imago zwischen dem ersten Beinpaar.

Schöne Grüße
Fahrenheit
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Volker
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Re: Milbenbefall und vermuteter Pilzbefall an einem Ginsterzweig

Ungelesener Beitrag von Volker »

Hallo Fahrenheit

vielen Dank für die Hammerbilder und die interessanten Infos dazu, einfach brillant. Ich freue mich auf weitere Berichte von dir.

Ciao Volker
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Harry
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Re: Milbenbefall und vermuteter Pilzbefall an einem Ginsterzweig

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo Fahrenheit,

ich kann mich Volker nur anschließen. Die Bilder sind einfach genial. Selbst ein Blattflohlaie kann anhand der Aufnahmen und deinen Erläuterungen sehr gut den Unterschied zwischen " Weiblein und Männlein " erkennen. Nochmals vielen Dank für diese ausgezeichnete Dokumentation.

:su:

Gruß
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
Fahrenheit
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Re: Milbenbefall und vermuteter Pilzbefall an einem Ginsterzweig

Ungelesener Beitrag von Fahrenheit »

Hallo Zusammen,

nach einer kleinen Pause möchte ich das Thema Blattflöhe nun mit einem Bestimmungsversuch zum Abschluss bringen.

Die Tiere habe ich anhand der Vorgaben der im Netz zugänglichen Informationen präpariert:
Informationen zur Morphologie der Blattflöhe
(unvollständiger) Bestimmungsschlüssel

Zur Technik:
Die Fixierung erfolgte in AFE und der Einschluss in Euparal - nach der üblichen Entwässerung über Alkoholstufen und Isopropanol.
Die Bilder sind wie immer mit meinem Leica DM E entstanden. Verwendet wurden die C-Plan Objektive 4x, 10x, 20x und 40x.

Die Aufnahmen erfolgten über ein Periplanokular und der Canon A520 am Herrmannschen Adapter. Bis auf den Flügel handelt es sich um Stacks mit 9 bis 19 Bildern (Zeren Stacker), die anschließend für das Forum verkleinert und leicht nachgeschärft wurden.

Für die Bestimmung relevant sind die folgenden morphologischen Merkmale:
- Aderung und Felderform der Vorderflügel
- Antennenform
- Anzahl und Anordnung der Apikalsporne an der Tibia der Sprungbeine (Metatibia)
- Anzahl der Sporne auf dem ersten Tarsenglied der Sprungbeine (Metabasitarsus)
- Form und Aufbau der weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane (Terminalien)

Mit Hilfe der entsprechenden Präparate geht es nun an die Bestimmung:

1. Einordnung in eine der 4 Familien der Überfamilie Psylloidea
(Psyllidae, Homotomidae, Triozidae und Calophyidae)

Bild 42a: Vorderflügel (40-fache Vergrößerung)
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Bild 42b: Vorderflügel mit Beschriftung (40-fache Vergrößerung)
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Bild 43: Antenne (40-fache Vergrößerung)
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Die Hauptader des Flügels (R+M+Cu1) gabelt sich in 2 Äste. Auch der Analbruch nahe des Apex (Berührungspunkt der Ader mit der Flügelaussenkante) Cu1b ist vorhanden. Die Antenne hat einen runden Querschnitt und ist nur wenig behaart.

-> Familie Psyllidae

2. Bestimmung der Unterfamilie (zur Familie Psyllidae gehören die Unterfamilien
Psyllinae bzw. Arytaininae, Acizziinae, Spondyliaspidinae, Aphalarinae,
Diaphorininae, Euphyllurinae,Liviinae, Paurocephalinae, Rhinocolinae und Strophingiinae

Bild 44: Hinterbein (Femur, Tibia und Tarsus, 200-fache Vergrößerung)
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Bild 45: Metatibia und Metabasitarsus mit den relevanten Dornen
(zwei liegen in der gleichen Ebene, siehe Zeichnung - Ausschnitt aus Bild 44)
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Die Apikalsporne auf der Metatibia stehen gruppiert (nicht kronenförmig um den gesamten Rand der Tibia) und der Metabasitarsus ist röhrenförmig.

-> Unterfamilie Psyllinae bzw. Arytaininae

3. Bestimmung der Gattung (Zur Unterfamilie Arytaininae gehören die Gattungen Cacopsylla
Chamaepsylla, Spanioneura, Baeopelma, Psylla, Acizzia, Arytaina, Arytainilla, Livilla
und Cyamophila).

Auf Basis der Bilder 42b und 45 findet man eine niedrige Zellenform der Zelle cu1 auf dem Vorderflügel. Weiterhin tragen die Metatibiae je 5 Apikaldornen und auf den Metabasitarsen befindet sich ein Sporn.

-> Gattungen Arytaina,Arytainilla, Livilla

4. Bestimmung der Art

Leider ist der oben verlinkte Schlüssel für die gefundenen Gattungen nicht ausgeführt. Ein vollständiger Schlüssel (z.B. aus dem Handbuch der Zoologie*) liegt mir leider zur Zeit nicht vor.

Bild 46: Weibliche Terminalien in der Übersicht (100-fache Vergrößerung)
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Die Form der Legescheide ist unter anderen Merkmalen bestimmungsrelevant. Beim weiblichen Blattfloh hat sich der von den Nymphen bekannte circumanale Porenring erhalten.

Bild 47: Paarig ausgelegter Ovipositor (100-fache Vergrößerung)
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Bild 48: Lage der Muskeln in den weiblichen Terminalien in polarisiertem Licht (100-fache Vergrößerung)
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Bild 49: Männliche Terminalien in der Übersicht (100-fache Vergrößerung)
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Bild 50: Paramere (100-fache Vergrößerung)
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Bild 51: Aedeagus (das eigentliche Begattungsorgan) mit Distalglied (100-fache Vergrößerung)
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Bestimmungsrelevant sind hier Form und Gliederung der Paramere und des Aedeagus sowie die Form des Proctiger.

Bild 52: Lage der Muskeln in den männlichen Terminalien in polarisiertem Licht (100-fache Vergrößerung)
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Blattflöhe ernähren sich in der Regel von wenigen, oft auch nur von einer Wirtspflanze. Zieht man den Fundort auf Ginster in Betracht, ist die Art Arytaina genistae (Psylla genistae) naheliegend. Genauere Hinweise gibt es von mir, wenn mir der komplette Schlüssel vorliegt - sind aber auch von den Lesern hoch willkommen.

Vielen Dank
Fahrenheit

P.S.:
Zwei Detailbilder möchte ich Euch nicht vorenthalten: der Analbruch am Flügel und der circumanale Porenring der weiblichen Terminalien sind auf den Bestimmungsbildern ja allenfalls zu erahnen.
Die Technik ist die gleiche, wie oben beschrieben, die Aufnahmen wurden mit dem Leica C-Plan 40x gemacht und sind Stacks aus 7 bzw. 29 Bildern.

Bild 53: Analbruch
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Der Analbruch liegt am Ende der Linie "Cs" (siehe Bild 42b). Wenn der Blattfloh den Flügel anlegt, wird er entlang dieses 'Kniffs' gefaltet und der Analbruch ist das dazu notwendige Gelenk.

Bild 54: Circumanaler Porenring
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Hier noch mal der Porenring der weiblichen Terminalien (Position siehe Bild 46), wie er auch schon bei den Nymphen auftritt (Bild 35).


(*)
Handbuch der Zoologie / Handbook of Zoology
Eine Naturgeschichte der Stämme des Tierreiches / A Natural History of the Phyla of the Animal Kingdom
Begr. v. Kükenthal, Willy
Fortgef. v. Beier, Max / Fischer, Maximilian / Helmcke, Johann-Gerhard / Starck, Dietrich / Wermuth, Heinz
29 x 21.5 cm.

Band 4: Arthropoda

2. Hälfte: Insecta
Hrsg. v. Kristensen, Niels P. / Beutel, Rolf

Tlbd/Part 28

Strümpel, Hans
Homoptera (Pflanzensauger)
1983. 29.7 x 21 cm. XI, 222 Seiten. 237 Abb. Gebunden.
ISBN 978-3-11-008856-4
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