Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwingend

Spezialforum zum Thema phytoparasitische Kleinpilze ( Rost, Brand, Mehltaupilze etc. ) und tierische Gallen an Wild.- und Nutzpflanzen. Forumsstart - 15.07.2006
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Dedimyk
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Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwingend

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Liebe Phytoparasitenfreunde,

gerade bei der Bestimmung von Mehltaupilzen, bei genauer Kenntnis des Wirtes, ist man leicht geneigt nur mal so eben durch zu schlüsseln und dann anhand der makroskopischen Merkmale dem Pilz einen plausibelen Namen zu geben, passiert mir auch schon mal.

Am folgenden Beispiel von Mehltaupilzfunden auf Cornus- Hartriegel will ich aufzeigen, wie wichtig hier Mikroskopieren ist, da vom makroskopischen Befallsbild beide gleich aussehen.

Als zusätzliche Hilfe habe ich jetzt aktuell vom Nikolaus und Weihnachstmann ( per 8.12.06 ) ein Stereomikroskop mit 20x, 50x und 100x Vergrößerungen bekommen, bei dem bei 100x facher Vergrößerung im Auflicht allerdings schon die Appendices an den Perithezien erkennbar sind und schon unterschieden werden können.

Aber erstmal hat nicht jeder sowas, ich bis dato ja auch nicht und außerdem ist das nur als Zusatzhilfe gedacht bei stark unterschiedlichen Appendices-Formen, um im Vorfeld bei mehreren Möglichkeiten ( 2- x Arten ) schon eine Vorauswahl treffen zu können.

Hier also zu den Mehltaupilzen auf Cornus:

Laut Klenke, Braun und Brandenburger ( siehe Literaturhinweise ) werden selten 2 unterschiedliche Mehltaupilzarten auf den Cornus-Arten: Cornus alba agg.,Cornus mas und Cornus sanguinea gefunden, die optisch gleichartig aussehen.

Die 1. Art Phyllactinia guttata (Wallroth 1819) Léveillé 1851

mit Perithezien von 150-250 µm Durchmesser, mit basal angeschwollenen, starren Appendices ( Anhängseln ), nur an Cornus mas und Cornus sanguinea vorkommend ist lt. Klenke bisher noch nicht in Sachsen nachgewiesen und fehlt auch bisher bei uns auf diesen Wirten. ( Auf anderen Wirten wie: Hasel, Birke und Azalee wird er selten gefunden )

Die 2. Art Erysiphe tortilis (Wallroth 1819) Link 1824, syn. Microsphaera tortilis (Wallroth 1819 : Fries 1829) Speer 1978

mit Perithezien von 75 - 95 µm Durchmesser, mit basal nicht angeschwollenen, schopfartigen, einheitswendigen Appendices ( Anhängseln ) an allen Cornus-Arten vorkommend wird recht selten nur auf Cornus gefunden.

Hier die Bilder von Cornus mas, der Kornelkirsche:





Sowie die Bilder von Cornus sanguinea, des Blutroten Hartriegels:





Wie zu sehen ist sind es optisch gleichartige Mehltaupilzbefallsbilder, doch die Mikroskopie zeigt eindeutig wer sich hinter dem jeweiligen Bild verbirgt:

Hier das Mikro-Bild von Cornus mas, der Kornelkirsche, ich habe nur 1 Bild gemacht, da alle Appendices gleichartig sind:



mit Perithezien von 150-250 µm Durchmesser, mit basal angeschwollenen, starren Appendices ( Anhängseln ), ist

Phyllactinia guttata (Wallroth 1819) Léveillé 1851

und damit der erste Nachweis dieses Mehltaupilzes auf dem Wirt Cornus mas bei uns in Niedersachsen :stolz:

Hier die Mikro - Bilder von Cornus sanguinea, des Blutroten Hartriegels, ich habe 3 Bilder gemacht, die unterschiedliche Appendices und Asci ( Schläuche ) mit Sporen zeigen:







mit Perithezien von 75 - 95 µm Durchmesser, mit basal nicht angeschwollenen, schopfartigen, einheitswendigen Appendices ( Anhängseln ), ist

Erysiphe tortilis (Wallroth 1819) Link 1824, syn. Microsphaera tortilis (Wallroth 1819 : Fries 1829) Speer 1978

Damit sind also beide möglichen Mehltaupilzarten auf Cornus gefunden und hier vorgestellt worden.

Ich hoffe ich konnte Euch mit dieser Untersuchung zeigen, daß Mikroskopieren gerade auch bei der Bestimmung von Phytoparasiten manchmal wirklich unverzichtbar ist.

Bei Hans, unserem "Mykophagenmonster", möchte ich mich noch recht herzlich für seinen Rat bedanken, beim Mikroskopieren dem Wasser etwas Spülmittel zu zufügen, ich konnte trotz der knochenharten Perithezien endlich schlierenfreie Bilder durchs Okular machen, wie unschwer zu sehen ist. :freu:

Herzliche Grüße Detlef

Literaturhinweis:

-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge
Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X

-Braun, Uwe: The powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe, Gustav Fischer Verlag, Jena,
Stuttgart, New York 1995, 338 Seiten ISBN 3-334-60994-4 ( Jena ), ISBN 1-56081-424-1 ( New York )

-Phylogeny of Erisiphe, Microsphaera, Uncinula ( Erysipheae )
and Cystotheca, Podosphaera, Sphaerotheca ( Cystotheceae ) inferred from rDNA IST sequences- some taxonomic consequences
Autor: Braun, Uwe & Takamatsu, Susumu
Kategorie: Zeitschrift
Seitenanzahl:S.1 - 33
Schlechtendalia 4 ( 2000 ), Veröffentlichungen aus dem Institut für Geobotanik und Botanischer Garten der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg
Anmerkungen: Vollkommene Überarbeitung der Taxonomie und Nomenklatur anhand molekularbiologischer Untersuchungen
Tomate1
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Re: Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwingend

Ungelesener Beitrag von Tomate1 »

Hallo Dedimyk,
ein schöner Beitrag mit guten Bildern. Besonders gefallen mir ja die Pacman-Perithezien.
Alles Gute

Tomate
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Dedimyk
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Re: Re: Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwing

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

[quote=Tomate,12.12.2006, 19:11]
Hallo Dedimyk,
ein schöner Beitrag mit guten Bildern. Besonders gefallen mir ja die Pacman-Perithezien.
Alles Gute
Tomate
[/quote]

Hallo Tomate,

danke, ja es wird langsam was mit den Bildern, vor allem auch mit den Mikrobildern.
Mit den Pacman-Perithezien, das ergibt sich ganz von selbst.

Die Perithezien, als Fruchtkörper der Mehltaupilze sind kugelig und haben eine relativ harte Schale, die beim Pressen aufplatzen um die Asci mit den Sporen frei zu setzen und das ergibt dann die Pacman-Perithezien :freu: , oder wenn man zu feste drückt Schalensalat. :heul:

Es freut mich , daß der Beitrag Dir gefallen hat, denn das ist ja unsere Zielsetzung.

Wir wollen die Phytoparasiten , die meistens ein ziemlich unbeobachtetes Dasein fristen, allen etwas näher bringen und helfen den Blick zu schärfen, sie als solche zu erkennen.

Herzliche Grüße Detlef

Re: Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwingend

Ungelesener Beitrag von »

Hallo Detlef,

gibs zu - du hast heimlich geübt !

Werden immer besser Deine Mikrobuidln

Gruß Hans
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Dedimyk
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Re: Re: Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwing

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

[quote=,13.12.2006, 22:22]
Hallo Detlef,

gibs zu - du hast heimlich geübt !

Werden immer besser Deine Mikrobuidln

Gruß Hans
[/quote]

Hallo Hans,

warum denn schon wieder das Versteckspiel, hier brauchst Du doch keine Mehrfachnamen, um kein "Alter Hase" zu werden, der Du ja inzwischen bei pilzbestimmung geworden bist :giggle:

Ja langsam werden die Mikrobilder gebrauchsfähiger, da kommt im Winter noch einige Arbeit auf mich zu.
Ich werde anhand meiner Exsikkate noch diverse Mikrobilder erstellen, zum Teil als Austausch für die weniger guten Anfänge und natürlich auch zur Ergänzung der Datenbank.

Nur die Auflichtbilder durch das Stereomikroskop, sind z.Z. noch Mist, da muß noch fleißig experimentiert und geübt werden.

Dein Tipp mit dem kleinen Anteil Spülmittel im Wasser hat mir wirklich sehr geholfen :wo: , es entspannt das Wasser und dadurch bleibt die ganze Deckglasfläche wasserhaltig und umspült die zum Teil trotz Pressung immer noch wirklich massiven Perithezien ausgezeichnet.

In diesem Zusammenhang habe ich überlegt, wie wäre es eigentlich, wenn man destilliertes Wasser nimmt, das müßte, da zusatzfrei, doch auch eine ähnliche Wirkung erzielen, oder ? :idee:

Hast Du das schon mal , oder ein anderer untersucht?

Das wäre auf jeden Fall einen Versuch wert, den ich bald mal starten werde ( habe z.Z. kein destiliertes Wasser, muß erst besorgt werden ), aber erstmal warte ich Deine Rückmeldung ab.

Herzliche Grüße Detlef

Re: Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwingend

Ungelesener Beitrag von »

Serfus Detlef,

ist doch kein Versteckspiel.. schaut doch schön aus mit dem (Gast) :lol:

Momentan habe ich auch keine schönen Mikrobuidl (gute machen kann nur jemand bestimmtes) die ich einstellen könnte... fast alles was ich derzeit untersuche ist nix fürs Internet - des kimmt auf Papier *g

Mal schaun was sich morgen im Wald beim Christbaumschneiden ergibt - vieleicht werde ich wieder rückfällig und stell schlechte mikrobuiln hier ein :)

LG H
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Dedimyk
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Re: Re: Manchmal ist eben eine mikroskopische Untersuchung zwing

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

[quote=,15.12.2006, 15:14]
Serfus Detlef,

Mal schaun was sich morgen im Wald beim Christbaumschneiden ergibt - vieleicht werde ich wieder rückfällig und stell schlechte mikrobuiln hier ein :)

LG H
[/quote]

Hallo Hans,

da bin ich aber gespannt, was Du uns da schönes anbietest, denn Du hast keine schlechten Mikrobilder, ganz im Gegenteil. :su: :wo:

Ich finde es immer wieder prima, daß Du so ab und zu Fliegenköttel und Co. einstellst, wenn die Du die auch nicht so leiden kannst, nach Deinen Angaben :giggle: ( glaub ich nicht, dafür kniest Du Dich zu stark hinein :prost: )

Herzliche Grüße Detlef
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