Hallo Gerd!
Ein sehr umfangreiches Thema, das du ansprichst. Erst mal besten Dank für deine Bilder, denen ich nichts hinzuzufügen habe.
Und dabei habe ich bewusst viele "Frühjahrs-Ascos" und auch "herbst-Ascos" nicht gezeigt. Die gibt es demnächst als Rätsel.
Wird sicher interessant!
(2) Abstossend finde ich die für mich nicht nachvollziehbare "Spitterei" bei Ascos.
- Und hier befinde ich mich da in guter Gesellschaft und zitiere einmal "H. ROMAGNESI" (Franzose), ein m.E. zweifelsfrei weltweit anerkannter Mykologe:
Splitterei empfindet man immer dann für überflüssig, wenn man sie nicht nahvollziehen kann.
Mir z.B. schwirrt der Kopf bei den vielen Cortinarien und deren Aufspaltung in neue Arten oder auch bei Russula komme ich nicht mit und halte vieles für übertrieben.
Wenn ich bei Entoloma bloß das Kürzel var. sehe, denke ich genauso wie du.
Ich denke aber, das liegt hauptsächlich daran, dass die Gattungen mir bisher eben weitestgehend fremd sind. Ich schätze, würde ich mich sehr intensiv damit befassen, könnte es sein, dass ich zu den gleichen Schlüssen käme (oder auch nicht, weiß ich eben nicht).
---> Er hat bereits 1977 eine streckenweise nicht unpolemische "Kampfansage" gegen die in aller Welt beobachtete "Vermehrung" der supraspezifischen Taxa (Stoßrichtung "Ascos" = Schlauchpilze und "Aphyllophorales" = Nichtblätterpilze) veröffentlicht.
Dabei hat er 1977 wohl noch nicht gewusst, auf was man jetzt alles achten kann, damit eine Determinierung leichter fällt. Ich denke, Ascos und Aphyllos waren nicht sein Ding und es ging ihm wohl ähnlich wie mir mit Cortinarius, Entoloma, Russula, Tephrocybe,
braune Tricholoma etc. etc.
- Für mich ist es einfach nicht nachvollziehbar, was da teilweise als "Fliegenschiss-Trennmerkmalen" angeboten wird:
Ich bin gewissermaßen mit dieser freizügig veröffentlichten DVD in Sachen Ascos pilzlich groß geworden. Nach großer Skepsis am Anfang muss ich jetzt sagen,
es gibt nichts besseres, um kleine Ascomyceten zu bestimmen. Die Altmeister Dennis, Ellis, Pilze der Schweiz u.a. mit ihren schwabbeligen ungenauen Beschreibungen nehme ich nur noch selten, weil einfach zu wenig auf die Merkmale eingegangen wird. Ich will die aber nicht herunterwürdigen, hatte alles seine Berechtigung in der jeweiligen Zeit. Aber jetzt: auf ihre Ansage Becher weiß, bis 0,5mm, haarig, auf Laubholz, Sporen 8x3, Paraphysen zylindrisch kann ich 10 Arten drauf legen.
(a) "In vivo veritas", Merkmale, die im Exsikkat nicht nachprüfbar sind.
Das ist wahr, im Exsikkat verschwinden wichtige Merkmale. Jemand, der versucht z.B. eine Original-Mollisia aus dem 18. Jrh. nachzubestimmen, der muss viel Erfahrung mitbringen.
(b) Konträr dazu muss man "vergammelte" Fruchtkörper untersuchen
Ja, ist z.B. bei Sarcoscypha sehr dienlich, weil die sich abschnürenden Sporenkonidien unterscheiden. Das ist aber nicht der einzige Unterschied, da gibt es auch noch andere wie Haare oder Substrat. Aber diese Überreife ist halt das eindeutigste!
(c) Und zu allen Überdruss gibt es eine Gattung, bei denen man die Anzahl und Länge der Randhaare beurteilen muss.
Haare sind ganz wichtig. Sie weisen erst mal in die Gattung.
Dabei darf man hier die Haare oder Endzellen von der Lage am Apothezium nicht durcheinanderbringen. Am Rand sehen sie anders aus als an der Flanke, haben auch andere Längen- und Breitenmaße. Im Übergang zur Fruchschicht gibt es dann noch Zellen (Marginalzellen), die von der Form her zwischen Haarform und Paraphysen vermitteln. Auch die darf man nicht mit den Haaren/Endzellen durcheinanderbringen.
Mein Fazit:
- Solange diese notorischen Splitter kein eigenes Artkonzept veröffentlichen, geht mir ihre "Splitterei" am "Arsch" vorbei.
Zotto ist sicher kein notorischer Splitter, er ist ein guter Beobachter. Seine "in vivo veritas" ist aber eben nur eine Arbeitsgrundlage, nichts festgeschriebenes. Viele Dinge sieht er inzwischen anders als 2005, weil sich eben auch die Erkenntnisse zu den Arten erweitert haben.
Als ich anfing mit seiner DVD zu arbeiten, fand ich vieles übertrieben (mein "Pilzchef" glaubt jetzt noch nicht an die Haken als Unterscheidungsmerkmal), inzwischen kann ich das meiste nachvollziehen.
Ich schüttelte damals mit dem Kopf, als als Unterscheidungsmerkmal von Orbilien plötzlich noch ein "Spore-Body =SB" herangezogen wurde. Wie soll man den denn noch sehen? Und auch noch
Konidien Nebenfruchtformen einsammeln?
Mal eine etwas größersporige Orbilia, um den Spore-Body zu verdeutlichen, welcher besonders mit wässrigem Brilliant-Kresylblau angefärbt gut zu sehen ist.
Siehe Bild im Anhang!
- Und ich setze da noch etwas drauf:
---> Der "In vivo veritas"-Papst ist nach einer Anfrage (nach Diskussion im "ERIC"-Forum) nicht einmal bereit Auskunft darüber zu geben wie man seine Sporenmaße zu interpretieren hat.
Da kann ich nix dazu sagen. Mir ist er bisher noch keine Antwort schuldig geblieben.
Kannst du Link mal zu dieser Diskussion setzen?
- Schick mir eine Email mit deiner Adresse, wenn dich der Romagnesi-Artikel (gibt's auch in Deutsch) interessieren sollte.
Ja, Gerd, nimm´s nicht krumm, aber im Prinzip ist es mir egal, was Romagnesi 1977 dazu äußerte.
Ich bin inzwischen da angelangt, dass ich kaum noch auf irgendwas Geschriebenes was gebe. Ich glaube nur noch, was ich sehe und nachvollziehen kann oder wenn ich die Leute, die was sagen, als "gut" eingeschätzt habe.
Als "bestens" habe ich für mich H.O.Baral eingeschätzt. Aber wir müssen da ja nicht der gleichen Meinung sein, solange wir in die gleiche Richtung ziehen.
VG Ingo W