Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf Saue

Spezialforum zum Thema phytoparasitische Kleinpilze ( Rost, Brand, Mehltaupilze etc. ) und tierische Gallen an Wild.- und Nutzpflanzen. Forumsstart - 15.07.2006
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Dedimyk
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Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf Saue

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Hallo Phytoparasitenfreunde,

unsere "brandgefährlichen Tanja und Andreas" haben wieder zugeschlagen. :lol:

Wie im Beitrag Anthracoidea caricis #1 Datum: 28.05.2007, 22:01 angekündigt haben mir die beiden den Herbarbeleg des Sauerampfers mit dem Brandpilz in den Antheren ( Blüten ) geschickt, der heute per Post ankam und für den ich einen neuen Beitrag hier jetzte erstelle. :freu: :freu: :freu:

Ich habe sofort noch ein paar Bilder gemacht, bewußt auf weißem Papier, damit man die kleinen schon abgefallenen Blütenkapseln und auch das beim Transport ausgefallene schwarze Sporenpulver besser erkennen kann.

Da es zwingend erforderlich war den Herbarbeleg sofort zu trocknen, um Schimmelbildung zu vermeiden, habe ich direkt mikroskopiert, das sehr einfach war durch Ausschütteln einer Kapsel über dem Objektträger mit einer Vielzahl von Sporen.

Durch den Befall der Blüten auf Rumex acetosa agg., dem Sauerampfer, war es durch Schlüsseln nach Klenke einfach auf den Brandpilz

Microbotryum stygium (Liro 1924) Vánky 1998 , syn. Ustilago stygia Liro 1924

zu kommen, der selten auf dem Sauerampfer gefunden wird und bundesweit gefährdet ist.

Hier die entsprechenden Bilder:

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Die mikroskopische Absicherung , auch im Hinblick auf die von Tanja ins Gespräch gebrachte Microbotryum kuehneanum (R. Wolff 1874) Vánky 1998 , syn. Ustilago kuehneana R. Wolff 1874 ergab, daß diese mikroskopisch nicht in Frage kam, sondern die Daten der Mikrobotryum stygium nach Scholz absolut passen.

Hier die Mikrobilder in 400 facher und 1.000 Facher Vergrößerung:

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Beschreibung aus Scholz Englera 8:

Sori ( Sporenlager ) auf Rumex subgenus Acetosa, gewöhnlich in den Blüten, wobei meist alle Blütenknospen anschwellen und die inneren Organe völlig zerstört werden. Sporenpulver ist schwarz.
Sporen kugelig, selten ellipsoidisch, durch gegenseitigen Druck etwas eckig, 12 - 17 µm im Durchmesser, bis 19 µm lang; Sporenwand braunviolett, mit 1,5 - 2 µm hohen, relativ ( etwa 0,5 µm ) dicken Leisten, die meist 1 µm ( selten auch 2 - 2,5 µm ) weite Maschenfelder umschließen.

Meine runden Sporen lagen im Bereich von 14 - 16 µm und die leicht ellipsoidischen Sporen waren bis ca. 18µm lang und passen damit absolut in das obige Spektrum, ebenfalls die Sporenwand in Ausführung und Dicke, so daß ich die Bestimmung auf Microbotryum stygium als gesichert betrachte.

Tanja, Du schriebst, daß der Fund bei Dir im Garten geschehen ist ( Adresse habe ich), dann brauche ich doch bitte noch MTB und Quadrant zur Datensicherung, die ich auch in die Datenbank pilzbestimmung.de mit einstelle bei der Bildbearbeitung und außerdem die Bestätigung, daß der Wirt Rumex acetosa agg. ist, da Du bisher nur vom Sauerampfer geschrieben hast.

Selbst auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, möchte ich Dein und Andreas Engagement hier nochmal lobend erwähnen und Euch beiden recht herzlich dafür danken.

Wenn Du Tanja auch der Meinung bist, daß die Brandpilze nicht so selten sind, so muß ich Dich da doch berichtigen und darauf verweisen, daß ein Großteil selten bis sehr selten sind und viele gefährdet, durch Gefährdung ihrer Wirte.

:ci Detlef

Literaturverzeichnis:

-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge
Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Scholz, Hildemar & Scholz Ilse:Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales )
Band 8 der Reihe "Englera" des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem 1988, 691 Seiten
ISBN-3-921800-28-5

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2000, Seitenanzahl: 343 - 398
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.133 S. 343-398, Berlin 2000

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag 2
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2004, Seitenanzahl: 441 - 487
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.137 S. 441-487, Berlin 2004
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Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf Saue

Ungelesener Beitrag von Huperzia »

Hallo Detlef,

Erstmal danke für deinen klasse Beitrag. Erstaunlich, was du so aus unserem Biomüll herauskitzelst :-D .

Beim Ampfer ist´s nicht anders wie bei der Segge :ugh: .... als ich mich dann rangemacht hatte, Pilz und Plflanze anzuschauen, waren die Blätter bereits weggefault oder abgefallen......jegliche Überreste wurden weggesenst, werden aber wohl demnächst wieder sprießen.
Ich hab´s beim Hingucken eher für R. acetosa gehalten, habe aber zwischen unseren neuen Treppen einige acetosella-verdächtige Blättchen entdeckt und möchte auch das nicht ausschließen. Einer von beiden wird´s aber wohl sein. Am besten nennst du ihn vorerst Rumex cf. acetosa agg.
Funddaten: Jenaprießnitz, 5035/4/24 ...in einem etwas ungepflegtem Garten, Höhe c.a. 237m

Na, wenn mir mal wieder ein Brand begegnet, greife ich nun aber sicher zu!

VG, Tanja
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Julia
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Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf Saue

Ungelesener Beitrag von Julia »

Hi ihr!

Ich klincke mich nun einfach mal ein.

Bei dem Wirt handelt es sich mit 100%iger Wahrscheinlichkeit nicht um den Großen geschweigen denn den Kleinen Sauerampfer.

Meines Erachtens haben wir es hier mit einem "Ampfer" und nicht mit einem "Sauerampfer" zu tun.

Um sagen zu können welche Art, müsste man bessere Bilder der Valven haben (Das sind die Früchte von dem Ampfer), aber du (Tanja), hast ja selber gesagt, dass die Sense alles vernichtet hat;)

mfg Jule
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Re: Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf

Ungelesener Beitrag von Huperzia »

[quote=Julia,05.06.2007, 21:28]
Bei dem Wirt handelt es sich mit 100%iger Wahrscheinlichkeit nicht um den Großen geschweigen denn den Kleinen Sauerampfer.

Meines Erachtens haben wir es hier mit einem "Ampfer" und nicht mit einem "Sauerampfer" zu tun.

[/quote]

Hallo Jule,

Ich muß dir widersprechen, da es sich zu 100% um einen Sauerampfer handelt (die Blätter waren eindeutig typisch pfeilförmig) und zu etwa 98% auch um Rumex acetosa. R. acetosella kann man eigentlich vom Standort her ausschließen.
An Detlefs Bild kann man vom Ampfer leider gar nichts mehr sehen, was eine Bestimmun ermöglicht ....was nich an Detlef liegt, sondern an der Woche im Wasserglas :smirk: .

Viele Grüße,
Tanja
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Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf Saue

Ungelesener Beitrag von Julia »

Hi Tanja!

Ich zweifel immer noch daran, tut mir leid. Aber wenn du sagst dass die Blätter pfeilförmig waren, dann hast du wohl recht.

Von der Ansicht der Blüte hätte ich aber auf jedenfall gegen einen Sauerampfer gestimmt^^

mfg Jule
Huperzia
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Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf Saue

Ungelesener Beitrag von Huperzia »

Hallo Julia,

Du mußt bedenken, daß die Blüten vom Brandpilz befallen sind.

VG, Tanja
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Dedimyk
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Re: Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

[quote=Julia,05.06.2007, 22:02]
Hi Tanja!

Ich zweifel immer noch daran, tut mir leid. Aber wenn du sagst dass die Blätter pfeilförmig waren, dann hast du wohl recht.

Von der Ansicht der Blüte hätte ich aber auf jedenfall gegen einen Sauerampfer gestimmt^^

mfg Jule
[/quote]

Hallo Julia und Tanja,

also im unteren Stielbereich waren noch 2 vergammelte und ein kleines neues "pfeilförmiges Blatt" zu sehen.

Aber wir können das Pferd auch von hinten aufzäumen und zwar über den Brandpilz:

Auf Rumex Subgenus Rumex s.str. dem Ampfer kommen zwei Brandpilzarten vor und zwar:

1. An Rumex longifolius besonders am Blattrand, auch in Blüten. Sporenpulver bräunlich fleischfarben. Sporen 6 -10 µm im Durchmesser
ist
Microbotryum warmingii (Rostrup 1886) Vánky 1998 , syn. Ustilago warmingii Rostrup 1886

paßt weder in Sporenpulverfarbe noch in den viel zu kleinen Sporen

2. An Rumex alpinus, R. crispus, R. longifolius, R. maritimus, R. obtusifolius und R. palustris, Sori in den Stängeln, Infloreszenzachsen und Blättern.Befallene Teile verfärben sich rot, schwellen an und verkrüppeln; befallene Pflanzen bleiben steril ( wo kommen dann die Blüten her? ); die angeschwollenen und verbogenen Blattnerven treten unterseitig stark hervor.Spoprenpulver dunkelbraunviolett. Sporen rundlich, seltener etwas ellipsoidisch, 11 - 16 µm im Durchmesser ; porenwand intensiv braunviolett, mit 1 - 1,5 µm hohen, sehr schmalen Leisten ist

Microbotryum parlatorei (A.A. Fischer von Waldheim 1876) Vánky 1998, syn. Ustilago parlatorei A.A. Fischer von Waldheim 1876

paßt aber auch nicht, da nur Stängel und Blätter befallen werden und keine Blüten und die Aussage: befallene Pflanzen bleiben steril und wir haben ja einen einwandfreien Antherenbrand ( Blüten ) hier vorliegen

Fazit: Rumex Subgenus Rumex s.str. Ampfer kann es nach dem Brandpilz Microbotryum stygium nicht sein, sondern es muß Rumex Subgenus Acetosa/ Acetosella - Sauerampfer sein und hier kristallisiert sich der Subgenus Acetosa heraus, da dort explizit der Blütenbefall vorliegt mit passendem Sporenpulver und Sporengröße,- Ausführung.

Deshalb werde ich für den Microbotryum stygium - Fund den Wirt als Rumex cf. acetosa agg. bezeichnen und Bilder , sowie Mikrobilder mit den Funddaten von Tanja so in die Datenbank pilzbestimmung.de einstellen.

War doch mal ein schönes Beispiel, wie über einen hochspezialisierten Brandpilz auch mal im Umkehrschluß eine strittige Pflanzenbestimmung nachträglich in etwa durchgeführt werden kann.

Herzliche Grüße Detlef

Literaturverzeichnis:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge
Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Scholz, Hildemar & Scholz Ilse:Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales )
Band 8 der Reihe "Englera" des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem 1988, 691 Seiten
ISBN-3-921800-28-5

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2000, Seitenanzahl: 343 - 398
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.133 S. 343-398, Berlin 2000

-Die Brandpilze Deutschlands ( Ustilaginales ), Nachtrag 2
Scholz, Hildemar & Scholz Ilse
Kategorie: Zeitschrift,Erscheinungsdatum: 2004, Seitenanzahl: 441 - 487
Verlag: Verh.Bot.Ver. Berlin Brandenburg Nr.137 S. 441-487, Berlin 2004
Andreas
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Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf Saue

Ungelesener Beitrag von Andreas »

Hallo Detlef,

herzlichen Dank für die viele Mühe, die Du Dir machst.

Hätte mich im Übrigen auch sehr gewundert, wenn Tanja keinen Ampfer von einem Sauerampfer unterscheiden könnte, selbst bei nicht so ganz genauem Hinsehen ;-)

beste Grüße und bis zum nächsten Brand (sozusagen *gg*),
Andreas
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Dedimyk
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Re: Re: Microbotryum stygium, wieder ein seltener Brandpilz auf

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

[quote=Andreas,06.06.2007, 11:57]
Hallo Detlef,

herzlichen Dank für die viele Mühe, die Du Dir machst.

Hätte mich im Übrigen auch sehr gewundert, wenn Tanja keinen Ampfer von einem Sauerampfer unterscheiden könnte, selbst bei nicht so ganz genauem Hinsehen ;-)

beste Grüße und bis zum nächsten Brand (sozusagen *gg*),
Andreas
[/quote]

Hallo Andreas,

danke für das Lob, aber es ist mir auch eine Herzensangelegenheit diesen stark vernachlässigten Zweig der Mykologie bekannter zu machen und eben den einen oder anderen dafür zu interessieren und auch Vorurteile abzubauen.

Wie an der stetig steigenden Zahl der Beiträge und auch Autoren zu ersehen ist, hat sich da schon eine fast beängstigende Dynamic entwickelt, die ich vor knapp einem Jahr beim Start dieses Spezialforums nicht für möglich gehalten hätte. :stolz:

Tanja und Du, Ihr seid das aktuellste Beispiel dafür, wenn ich sehe, wie Ihr Euch bei den beiden hervorragenden Brandpilzfunden eingesetzt habt :su: und Dein Nachsatz "beste Grüße und bis zum nächsten Brand (sozusagen *gg*)," läßt mich auch für die Zukunft hoffen ( wie versprochen, habe ich eben einen Brief mit einem Markenheftchen für Portobeteiligung an Euch fertig gemacht , um Euch bei Laune zu halten :lol: ).

Auch von mir bis zum nächsten Beitrag !

Herzliche Grüße Detlef
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