Brandkrustenpilz als Argument für Baumfällung

hier kann alles gepostet werden was mit Pilzen zu tun hat. Forumsstart - 22.12.2004

Moderator: Harry

Benutzeravatar
Harald
Junior Poster
Beiträge: 64
Registriert: Do 3. Mär 2005, 22:35
Wohnort: Neunkirchen - Furpach

Brandkrustenpilz als Argument für Baumfällung

Ungelesener Beitrag von Harald »

Hallo Pilzfreunde,

bei uns im Ort (Neunkirchen-Furpach) wurden in einer "Nacht- und Nebelaktion" vom Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) einige verzwieselte (zwei bis drei Stämme, die aus der Basis wuchsen) Eichen gefällt. Sie standen auf einer Länge von ca. 30 Metern in drei Gruppen. Sie waren einige Jahrzehnte alt. Da sie am Straßenrand standen und wie gesagt verzwieselt waren, hatten sie nur eine Höhe von ca. 15 m, waren aber soweit ich das beurteilen kann noch sehr vital. Nach Angaben des LfS war das Fällen zwingend ohne Aufschub erforderlich. Begründung: "Konkret habe es sich um einen Befall mit dem sogenannten Brandkrustenpilz gehandelt, der an schwarzen Flächen und Fruchtkörpern erkennbar ist". Wie der LfS auf seiner Webseite mitteilt, verursacht der Pilz eine Moderfäule, die von der Wurzel aus den Baum befällt. Dies könne zum unvermittelten Umstürzen der Bäume führen. Ich vermute als Grund allerdings die Angst der Verwaltung von Haftungsfragen im Bezug auf die Verkehrssicherungspflicht. Die Schnittstellen an den noch vorhandenen Stümpfen sind jedenfalls kerngesund. Es waren weder Fruchkörper noch graue Zuwachszonen (konidienstadium) zu erkennen. Material zum nachprüfen war keines mehr vorhanden. Unabhängig davon, dass man solche Fällaktionen eh nicht verhindern kann, frage ich euch, ob jemand die Begründung bezüglich des Brandkrustenpilzes nachvollziehen kann. In der Literatur habe ich nur gelesen, dass er auf morschen Strünken und Wurzeln von Fagus (Buche) vorkommt, aber nicht an lebenden Bäumen.
Gruß Harald
Benutzeravatar
Harry
Administrator
Beiträge: 4714
Registriert: Mi 22. Dez 2004, 09:37
Kamera: Nikon D500
Nikon Z5
Olympus Tough TG-6
Pilzverein: Pilzfreunde Saar - Pfalz e.V.
Wohnort: Bexbach - Saarland
Kontaktdaten:

Re: Brandkrustenpilz als Argument für Baumfällung

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo Harald,

der Brandkrustenpilz ( Kretzschmaria deusta ) kommt vorwiegend als Saprobiont an totem Laubholz, vorzugsweise Buche vor. Er kann aber auch parasitisch auftreten und im Wurzelbereich seiner Wirte großen Schaden anrichten. Schau dir mal den Artikel bei Tante Wiki an. Ich denke der beantwortet zumindest einige Fragen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Brandkrustenpilz


Ergänzung: ich habe gerade mal bei Heinz Butin´s Krankheiten der Wald und Parkbäume nachgeschaut. Hier heißt es:

Bei der Linde dringt der Pilz über Wurzelverletzungen in das Holz ein, wo es zu einer intensiven, von schwarzen Demarkationslinien begleitenden Weißfäule kommt. Zusätzlich kann der Fäuleprozeß von einer Moderfäule begleitet sein. Der Befall kann sich sowohl kronenwärts im Holzzylinder des Stammes als auch über die Wurzelanläufe in das Wurzelholz ausdehnen. Häufig bleibt der Befall bis zum unvermittelten Umstürzen eines Baumes unerkannt. In gleicher Weise können Rotbuche, Roßkastanie, Ulme und Platane befallen werden.

Von Eichenbefall steht weder bei Butin noch in meiner restlichen Literatur was. Mich würde mal interessieren wer den Befall und wie festgestellt hat. Weiß du da was?
Ich schreibe Heinz mal an, vielleicht kann er ja Stellung dazu nehmen.

Gruß
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
Heinz †
Senior Poster
Beiträge: 177
Registriert: Mo 17. Jul 2006, 22:14

Re: Brandkrustenpilz als Argument für Baumfällung

Ungelesener Beitrag von Heinz † »

Hallo Harry,

zum Wirtskreis des Brandkrustenpilzes gibt es in Wirklichkeit mehr Hinweise als mein Buch hergibt. So gehört auch die Eiche, wenn auch weniger häufig, zu den Wirten von Kretzschmaria deusta. Erreichbare Literatur gibt es z.B. von Hartmann et al.: Farbatlas Waldschäden, Ausgabe 2007. Wenn gewünscht, könnte ich weitere Literatur zitieren. Also ist die umstrittene Angabe wohl richtig! Was allerdings das Fäuleausmaß betrifft, so kann man hierzu natürlich ohne Augenschein wenig sagen. Bei Eiche dürfte die Möglichkeit einer ernsthaften Schädigung meiner Meinung nach sehr gering sein. Es ist allerdings bekannt, dass Pilze gerne als Anlaß für fragwürdige Fällungaktionen herhalten müssen.

Mit Gruß aus Wolfenbüttel
Heinz Butin
Benutzeravatar
Harry
Administrator
Beiträge: 4714
Registriert: Mi 22. Dez 2004, 09:37
Kamera: Nikon D500
Nikon Z5
Olympus Tough TG-6
Pilzverein: Pilzfreunde Saar - Pfalz e.V.
Wohnort: Bexbach - Saarland
Kontaktdaten:

Re: Brandkrustenpilz als Argument für Baumfällung

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo Heinz
Heinz hat geschrieben:
Bei Eiche dürfte die Möglichkeit einer ernsthaften Schädigung meiner Meinung nach sehr gering sein. Es ist allerdings bekannt, dass Pilze gerne als Anlaß für fragwürdige Fällungaktionen herhalten müssen.

Mit Gruß aus Wolfenbüttel
Heinz Butin
Vielen Dank für deine Erläuterungen. Dass man in der Literatur nur sehr wenig über Brandkrustenpilzbefall an Eiche findet ist wahrscheinlich der Tatsache geschuldet das der Pilz a. selten Eiche befällt und b. dann auch keine größeren Schäden anrichtet. Ich hab mich gefragt wer den Befall und wie festgestellt hat und warum eine sofortige Fällung unumgänglich war. Laut Haralds Angaben waren die Bäume noch sehr vital und zeigten an den Schnittstellen keinerlei Anzeichen eines Pilzbefalles, zumal um diese Jahreszeit weder das Konidienstadium noch die Hauptfruchtform am Stamm sichtbar ist. Meiner Meinung nach ist es so wie du es geschrieben hast, die " bösen " Pilze müssen herhalten wenn es um fragwürdige Baumfällungen geht. Schade, aber bei solchen Sachen ist man einfach nur machtlos und kann im Vorfeld nichts dagegen unternehmen.

Gruß
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
Benutzeravatar
Harald
Junior Poster
Beiträge: 64
Registriert: Do 3. Mär 2005, 22:35
Wohnort: Neunkirchen - Furpach

Re: Brandkrustenpilz als Argument für Baumfällung

Ungelesener Beitrag von Harald »

Hallo Harry,
in dem Zeitungsbericht steht, dass auf dringende Bitte der Stadtverwaltung man am 17.01. die Bäume durch Baumkontrolleure der Meisterei Limbach untersuchen hat lassen. Dabei wurde festgestellt, dass die Fällung notwendig ist. Die Bäume hätten massive Risse aufgewiesen, so dass die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Im Sinne der Verkehrssicherungspflicht habe man beim LfS dann schnell gehandnelt und die unverzügliche Fällung als Sofortmaßnahme in Auftrag gegeben. Dabei hat man festgestellt, dass die Eichen ab den Zwieselstellen komplett verfault waren. Zumindest das kann nicht sein, da die Schnittstellen keinerlei Faulstellen aufweisen. Vielleicht hat sich der Pilz ja vom nicht einsehbaren Wurzelbereich an den Schnittstellen vorbeigemogelt und dann den darüberliegenden Bereich angeknabbert. Du kannst dir die Stümpfe ja mal bei Gelegenheit ansehen. Sie stehen nicht weit von unseren Haus bzw. vom Hofgut an der Limbacher Straße.
Schräg gegenüber steht noch eine uralte Rosskastanie, fragt sich nur noch wie lange. Unsere beiden sicher über 100j Jahre alten Eichen am Grünen Baum sollten schon mal einem Kreisel zum Opfer fallen, das konnte mit Mühe verhindert werden.
Gruß Harald.
Antworten