Ein sehr häufiger Rostpilz auf Silene dioica, der Roten Lich

Spezialforum zum Thema phytoparasitische Kleinpilze ( Rost, Brand, Mehltaupilze etc. ) und tierische Gallen an Wild.- und Nutzpflanzen. Forumsstart - 15.07.2006
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Dedimyk
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Ein sehr häufiger Rostpilz auf Silene dioica, der Roten Lich

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Hallo Phytoparasitenfreunde,

am 14.8.2007 habe ich bei der Exkursion nach Höllbachspreng im Bayerischen Wald anläßlich der Bayerischen Mykologentagung auf Silene dioica, der Roten Lichtnelke einen Rostpilz gefunden, den ich erst jetzt mikroskopiert und bestimmt habe, da wir Schwierigkeiten bei der Pflanzenbestimmung hatten und erst letzte Woche ein Ergebnis aus dem Pflanzenforum erhielten.

Hier die Bilder, die schön die Befallsmerkmale des Rostpilzes auf der Silene dioica zeigen:


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Rostpilze auf Silene müssen unbedingt mikroskopiert werden, da es je nach Artauffassung bis zu 9 unterschiedliche Arten darauf gibt.

Hier die Mikrobilder in 400 facher Vergrößerung, die sowohl noch eingelagerte als auch freie zweizellige III-Teliosporen zeigen:

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Anhand dieser aussagefähigen Mikrobilder konnte ich mit dem Schlüssel aus Klenke und den Detailangaben im Gäumann relativ schnell den polyphagen Rostpilz ( viele Pflanzenarten befallend ) als

Puccinia arenariae ( Schumacher 1803 ) G.Schröter 1880

bestimmen, der verbreitet auf einigen Silene-Arten, darunter auch Silene dioica, gefunden werden kann.

Hier die relevanten Daten zur Erkennung aus Brandenburger, Gäumann und Klenke:

III-Teleutosporenlager auf der Blattunterseite, rundlich oder länglich, polstergförmig, braun, auf der Blattfläche zerstreut, gewöhnlich aber zu Gruppen vereinigt und dabei oft kreisförmig gestellt.

III-Teleutosporen sofort keimend, ellipsoidisch oder spindelförmig, am Scheitel meist etwas zugespitzt oder papillenförmig ausgezogen, an der Basis in den Stiel verschmälert oder gerundet, an der Grenze beider Zellen schwach eingeschnürt; Länge 28 - 49 ( Vereinzelt bis 63 ) µm, Durchmesser 10 - 19 µm beide Zellen meist ungefähr von gleicher Länge und gleichem Durchmesser; Wand glatt, hellgelb, am Scheitel stark verdickt; Keimporus der oberen Zelle scheitelständig oder ein wenig seitwärts geückt, derjenige der unteren Zelle hart nebem der Scheidewand; Stiel sehr lang, bis 140 µm, fest, farblos, Sporen nicht abfallend.
Anomalie: 1- und 3 zellige Teleutosporen

Puccinia arenariae ( Schumacher 1803 ) G.Schröter 1880 verkürzt seine Entwicklung auf nur III-Teleutosporen und führt keinen Wirtswechsel durch, sondern verbleibt auf der Silene.


Viel Spaß beim Betrachten der Bilder und Erfolg bei der Nachsuche in der neuen Saison.


Herzliche Grüße Detlef


Literaturnachweise:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Gäumann, Ernst: Die Rostpilze Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz
Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz Band XII mit 90 Tabellen und 1075 Abbildungen, 1407 Seiten
herausgegeben von einer Kommission der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft, Kommissionsverlag Büchler & Co. Bern 1959

-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X
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Harry
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Re: Ein sehr häufiger Rostpilz auf Silene dioica, der Roten Lich

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo Detlef,

vielen Dank für die Vorstellung dieses interessanten Rostpilzes. 2008 stehen bei mir Anschaffungen von Phyto- Literatur auf dem Programm. Ich denke nach einer gewissen Einarbeitungszeit kann ich auch mal ein wenig mitreden.

Gruß und alles gute im neuen Jahr.

Harry
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Dedimyk
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Re: Ein sehr häufiger Rostpilz auf Silene dioica, der Roten Lich

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Hallo Harry und alle Phytoparasitenfreunde,

das klingt ja richtig verheißungsvoll mit Deinem Vorsatz jetzt im Jahre 2008, zu dem ich Allen nochmals alles Gute und eine pilzreiche Saison wünsche, verstärkt in das Phytoparasitenthema einzusteigen.

Bezüglich der angesprochenen Einarbeitungszeit brauchst Du Dir keine Gedanken zu machen.

Das ist doch das Schöne, daß wir gerade dieses Spezialforum haben, wo sich jeder mit Phytoparasitenfunden,- und - fragen hier einbringen kann und wir alle gemeinsam daran und an den Ergebnissen partizipieren können.

Wenn ich mir rückblickend nur ansehe, welche Entwicklung z.B. Julia im letzten Jahr gerade auf dem Gebiete der Phytoparasiten gemacht hat und das allgemeine stark gestiegene Interesse der Forumsfreunde bedenke, dann steht uns in 2008 noch so mancher schöne und interessante Fund ins Haus und wird hier vorgestellt.

Dein Vorsatz mit der Anschaffung von Phytoparasiten-Literatur :tup: toppt das Ganze noch und Du machst mir längerfristig dann die Vormachtstellung sicher streitig :lol: , aber Spaß beiseite, das finde ich echt gut.

Dann wünsche ich uns Allen eine erfolgreiche Pilzsaison als Euer Phytoparasiticus Detlef
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Dedimyk
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Re: Ein sehr häufiger Rostpilz auf Silene dioica, der Roten Lich

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Hallo Andreas und alle Phytoparasitenfreunde,

zunächst erstmal danke für das Lob, das mich natürlich sehr freut und bestärkt, weiter so engagiert an meinem Lieblingsthema zu arbeiten.

Es ist ganz selbstverständlich, daß zum Teil nicht soviele Kenntnisse über die so lange im Verborgenen ihr Dasein fristenden Phytoparasiten vorliegen, deshalb habe ich es mir ja zur Aufgabe gemacht, deren Bekanntheitsgrad zu steigern.

Wenn ich so die Mitarbeit an diesem Spezialforum betrachte, so ist ein riesiger Zuspruch und aus den einzelnen Beiträgen auch ein stark gesteigertes Interesse erkennbar, das für die zukünftige Entwicklung hoffen läßt.

Da sind wir auch schon beim Thema.
Der eine oder andere von Euch wird sich gewundert haben, daß in letzter Zeit sehr wenige Beiträge hier eingestellt wurden.

Das liegt darin begründet, daß ich seit ca. 1/2 Jahr in jeder freien Minute mich der Bearbeitung der Rostpilze für die Datenbank pilzbestimmung widme, um diesen gigantischen Umfang aufzubereiten und in ca. 6 Bearbeitungsschritten dann entsprechend einzustellen.

Das endlich fertig gestellte Konzept mit Bearbeitung nach Ainsworth & Bisby´s Dictionary of the Fungi , Gäumann , Brandenburger , Klenke , Zwetko u. Index Fungorum umfaßt insgesamt 136 Gattungen, sowie zusätzlich nochmals 18 Gattungen sogenannter "Anamorphen Uredinales".

Unter Zugrundlegung unserer Prämisse: "Verbreitung Europa vom Nordkap bis an die Grenzen Afrikas und Asiens, sowie überseeische Wirte auch bei uns auftretend oder zu erwarten" , bleiben noch 42 Gattungen, sowie 9 Gattungen "Anamorphe Uredinales" übrig.

Das klingt nicht so umfangreich, aber es befinden sich Großgattungen wie z.B. Puccinia mit insgesamt 5.179 , sowie Uromyces mit 1.500 Einträgen im Index Fungorum darunter, die das Gesamtbearbeitungsvolumen auf z.Z. ca. 12.800 Einträge erhöhen.

Hier eine Erklärung, was sich unter den "Anamorphen Uredinales" verbirgt:

Unter den Anamorphen Gattungen werden die Rostpilze geführt, bei denen nur 0-Pyknien und zum Teil I-Aezien bekannt sind und III-Telien selten bis überhaupt nicht gefunden werden.
Außerdem auch noch als Sammelbegriff, wenn die Kleinarten nur durch Infektionsversuche sicher wirtsbezogen trennbar sind.
Als Beispiel sei Ranunculus ficaria und andere Ranunculus-Arten genannt, wo 0-Pyknien und I-Aezien auf nicht verformten Blättern in der Sammelart Aecidium ranunculi-acriserfaßt und als Wirtswechsel Poaceae angegeben werden.
Erst Trennung mit Wechsel und genauer Kenntnis des Wirtes auf Phragmites wäre es z.B. Puccinia magnusiana, bzw. auf Alopecurus ist es Puccinia recondita und Puccinia perplexans, bei Festuca, Bromus, Dactylis, Agrostis, Poa, etc. sind es andere wirtsbezogene Kleinarten .

Deshalb ist diese Erfassung als Anamorphe wichtig und wird so auch bei Feldarbeit gehandhabt.

Diese umfangreiche Bearbeitung des Gesamtpaketes ist jetzt in die sogenante "heiße Phase" getreten und ich erwarte so als voraussichtliches Ergebnis um die 1.000- 1.500 Arten, die in die Datenbank aufgenommen werden gemäß obiger Prämisse.

Bei der Schätzung stütze ich mich auf die neuesten Bearbeitungen von Zwetko, der für Österreich bisher 491 Species aus 33 Genera ausweist, sowie 129 Species aus 10 Genera für Österreich erwartet, da die Taxa aus Nachbarländern bekannt sind und die Wirtspflanzen auch hier vorkommen.

Jetzt fängt die wirtsbezogene Untersuchung und nomenklatorische Abgrenzung an und wird mich lange Zeit beschäftigen.

Natürlich werden zuerst die Gattungen mit den wenigsten Arten untersucht und entsprechend sukzessive in die Datenbank eingestellt, damit die entsprechenden Bilder ebenfalls eingestellt und allen zugänglich gemacht werden können.

So das war eine kurze Erklärung, warum es etwas mit neuen Beiträgen hapert.

Ein weiterer Grund ist natürlich, daß unsere fleißige Beitragsschreiberin Juila im Abiturstreß liegt und deshalb sich zur Zeit ebenfalls zurückhält.

Aber das ist ja bald geschafft und die neue Saison hat ja bereits angefangen, so daß bestimmt bald wieder Leben hier herrscht.


Herzliche Grüße Detlef
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