Hallo Julia und alle Phytoparasitenfreunde,
Julia hat geschrieben:
Hi!
Diesen Rostpilz habe ich in der letzten Juliwoche in Bayern, Oberallgäu, bei der Rappenseehütte auf den Blättern vom Knöllchen-Knöterich (Bistorta vivipara, Syn. Polygonum vivipara) gefunden.
Handelt es sich hierbei um Puccinia mei-mamillata Semadeni 1903 s.str.?
Sporen im Durchschnitt 36,7 x 21,7
mfg Jule
habe gerade festgestellt, daß zu diesem Beitrag, für den ich umfangreiche Recherchen angestellt habe, meine abschließende Stellungnahme noch fehlt, "Asche auf mein Haupt".
Der Formenkreis der Puccinia bistortae ( Strauss ) de Candolle ist lt. Gäumann sehr umfangreich und gliedert sehr präzise wirtsbezogen gemäß der Ausbildung der III-Teleutosporen insgesamt 13 Kleinarten der Puccinia auf den Polygonum - Arten.
Dank Deiner guten Mikrobilder mit
stark hervortretender Papille der Keimporen der III-Teleutosporen war die Bestimmung mit dem Dikaryophyten ( Telienwirt ) Polygonum viviparum L. relativ einfach und es handelt sich hier tatsächlich um
Puccinia mei-mamillata Semadeni 1903 s.str.
die Du somit richtig bestimmt hast, Gratulation dazu.
Das Schöne bei diesem Fund ist, daß wir jetzt nach dem Fund der I-Aezien auf
Mutterwurz (Ligusticum mutellina) als Haplonten ( Aezienwirt ) gemäß diesem Beitrag:
http://www.pilzfotopage.de/cgi-bin/sbb/ ... 3&show=565
den zugehörigen Dikaryophyten ( Telienwirt ) Polygonum viviparum ebenfalls belegen können.
Puccinia mei-mamillata Semadeni 1903 s.str. beginnt seine Entwicklung auf dem Haplonten ( Aezienwirt ) Ligusticum mutellina mit 0-Pyknien und I-Aezien und
wechselt dann auf den Dikaryophyten ( Telienwirt ) Polygonum bistorta und P. viviparum , um mit II-Uredien und III-Telien die Entwicklung abzuschließen.
Hier die Daten aus Gäumann, Brandenburger und Zwetko zum Nachlesen und Erkennen:
I-Aeziensporenlager auf schwielig verdickten, verlängerten Stellen der Blättchen, Fiederstiele und Blattstiele dichtstehend, becherförmig, doch ohne auswärts gebogenen Rand ( sehr gut auf den Bildern 1 - 4 zu erkennen ). Pseudoperidienzellen in der Radialansicht fast rechtwinklig, sehr dickwandig; Außenwand 7 - 9 µm, Innenwand 4 - 5 µm dick, beide mit Stäbchenstruktur, letztere von der Fläche gesehen klein und dichtwarzig, erstere ebenso, aber etwas feiner.
I-Aeziosporen stumpf polyedrisch bis ellipsoidisch; Ø 16 - 21 µm; Wand dünn äußerst fein- und dichtwarzig.
III-Teleutosporenlager rundlich oder länglich, auf der unteren Blattfläche zerstreut, braunschwarz, früh nackt.
III-Teleutosporen meist ellipsoidisch, am Scheitel und an der Basis meist gerundet, an der Grenze beider Zellen nicht oder schwach eingeschnürt;
Länge 24 - 35 µm, Ø 18 - 21 µm; beide Zellen in Länge und Durchmesser meist einander gleich; Wand gelbbraun, gleichmäßig dick, glatt oder mit vereinzelten Höcker oder Höckerreihen; Keimporus der oberen Zelle scheitelständig, derjenige der unteren seitlich und meist der Stielansatzstelle mehr oder weniger genähert, aber meist nicht hart neben der letzteren,
beide von stark vorspringender, farbloser Papille bedeckt; Stiel kurz, farblos; Sporen abfallend.
Verbreitungsgebiet: Mittel - und Nordeuropa
Damit ist auch die Bestimmung des neuvorgestellten Rostpilzes Puccinia mei-mamillata Semadeni 1903 s.str. nach dem
Haplonten Ligusticum mutellina auch für den
Dikyryophyten Polygonum viviparum erfolgreich abgeschlossen und der gesamte Entwicklungsgang bildmäßig belegt.
Für Dein jetzt beinnendes Biologie-Studium wünsche ich Dir viel Erfolg und Erbauung und Erholung beim Abbau des Stresses durch weitere erfolgreiche Mitarbeit in diesem Forum und bei gelegentlichen gemeinsamen Exkursionen, da Dein neuer Lebensmittelpunkt Hannover jetzt ja im "Nahbereich" zu mir liegt.
Danke für die inzwischen noch geschickten Herbarbelege, deren einwandfreien Erhalt ich hiermit bestätige.
Guten Start ins Studium auch von Anita.
Herzliche Grüße Detlef
Literaturnachweise:-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662
-Gäumann, Ernst: Die Rostpilze Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz
Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz Band XII mit 90 Tabellen und 1075 Abbildungen, 1407 Seiten
herausgegeben von einer Kommission der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft, Kommissionsverlag Büchler & Co. Bern 1959
-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X
-Poelt, Josef und Zwetko, Peter: Die Rostpilze Österreichs
Biosystematics and Ecology Series No. 12
2. revidierte und erweiterte Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil Heft1 Uredinales, 365 Seiten
Verlag: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1997
Bandherausgeber: Wilfried Morawetz & Hans Winkler Institut für Botanik, Universtät Wien
ISBN:3-7001-2650-6
-Zwetko, Peter: Die Rostpilze Österreichs
Biosystematics and Ecology Series No. 16
Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae,III. Teil Heft 1 Uredinales, 67 Seiten
Verlag: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2000
Bandherausgeber: Friedrich Ehrendorfer, Institut für Botanik, Universtät Wien, A-1030 Wien
Serienherausgeber: Wilfried Morawetz & Hans Winkler Institut für Spezielle Botanik, Universtät Wien
ISBN:3-7001-2910-6