Rostpilz an Netz-Weide

Spezialforum zum Thema phytoparasitische Kleinpilze ( Rost, Brand, Mehltaupilze etc. ) und tierische Gallen an Wild.- und Nutzpflanzen. Forumsstart - 15.07.2006
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Julia
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Rostpilz an Netz-Weide

Ungelesener Beitrag von Julia »

Hi!

Diesen Rostpilz habe ich im Juli in Bayern, Oberallgäu, nahe Enzianhütte, Aufstieg Linkerskopf auf den Blättern der Netz-Weide (Salix reticulata) gefunden.

Über Auschlussprinzip durch die Wirte bin ich zu folgenden Auswahlmöglichkeiten gekommen:

Melampsora alpina
M. lapponum
M. repentis
M. reticulatae - favorisiere ich, weil Saxifrage sehr viel dort oben vorkam und weil der Artname meiner Weide auch mit drinne steckt:)

Sporen im Durchschnitt 18,75 x 29,25.
Paraphysen: Kopf 18,12 breit, Stiel 8,25 dick und gesamte Paraphyse 71,25 lang.

























[br][br]


lg Jule
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Dedimyk
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Re: Rostpilz an Netz-Weide

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Hallo Julia und alle Phytoparasitenfreunde,

[quote=Julia,25.11.2008, 07:10]
Hi!

Diesen Rostpilz habe ich im Juli in Bayern, Oberallgäu, nahe Enzianhütte, Aufstieg Linkerskopf auf den Blättern der Netz-Weide (Salix reticulata) gefunden.

Über Auschlussprinzip durch die Wirte bin ich zu folgenden Auswahlmöglichkeiten gekommen:

Melampsora alpina
M. lapponum
M. repentis
M. reticulatae - favorisiere ich, weil Saxifrage sehr viel dort oben vorkam und weil der Artname meiner Weide auch mit drinne steckt:)


Sporen im Durchschnitt 18,75 x 29,25.
Paraphysen: Kopf 18,12 breit, Stiel 8,25 dick und gesamte Paraphyse 71,25 lang.
lg Jule
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Du hast Dir viel Mühe mit den möglichen Aspiranten aus Brandenburger gegeben und auch die Bekanntgabe des Haplonten Saxifraga ist sehr hilfreich, doch es ist eben die Problematik, daß der Brandenburger keine artbezogene Untergliederung macht, sondern nur die Gattung Salix anspricht.

Die Arten Melampsora lapponum mit Haplonten Viola und auch Melampsora repentis mit Haplonten Orchideen werden nicht auf Salix reticulata, sondern auf anderen Salix-Arten als Dikaryophyten gefunden und Saxifraga als Haplont fehlt damit auch.

Sowohl Melampsora alpina, als auch Melampsora reticulatae benutzen Saxifraga als Haplonten, sind sich auch sehr ähnlich, aber nur die Melampsora reticulatae A. Blytt 1896 wechselt auf Salix reticulata L., die M. alpina hat andere Salix-Arten als Dikaryophyten.

Damit hättest Du letztendlich mit Deiner favorisierten Art Melampsora reticulatae A. Blytt 1896 absolut richtig bestimmt.

In diesem Fall ist es sogar noch einfacher, denn Salix reticulata L. ist der einzige Dikaryophyt, den Melampsora reticulatae befällt.

Aber Du hast Dich so auf den Haplonten Saxifraga eingeschossen, der der stand, daß Du den weiteren Haplonten Larix der ebenfalls eine Melampsora mit Wirtswechsel auf den Dikaryophyten Salix reticulata völlig außer Acht gelassen hast.

Ich kann mir gut vorstellen, daß Larix dort ebenfalls im Infektionsbereich stand und diese Melampsora ist die Melampsora laricis-epitea Klebahn 1899, die wir gerade auf Salix viminalis, der Korbweide untersucht haben.

Also mußte ich im Gäumann, der explizit auf diese Möglichkeit verwies, die beiden möglichen Arten vergleichen, wobei mir die Zusammenfassung einen schnellen Überblick erlaubte:
Die beiden Arten sind in der Regel unschwer zu unterscheiden. Bei der Melampsora laricis-epitea Klebahn sind die II-Uredosporen meist länglich, etwa 12 -25 µm lang und 9 - 19 µm breit. Bei der Melampsora reticulatae Blytt sind sie dagegen meist kugelig oder jedenfalls deutlich breiter als bei der Melampsora laricis-epitea, nämlich 1 7 - 35 µm lang und 15 - 23 µm breit.

Deine Sporenmaße, sowie die Mikrobilder mit Paraphysen und stark rundlichen II-Uredosporen beseitigten aber alle Unklarheiten und zeigten klar, daß es sich gottseidank doch um die Melampsora reticulatae A. Blytt 1896 handelt, die ein neuer Fund für unsere Datenbank fungiworld.com bedeutet.

Hier die Daten aus Brandenburger, Gäumann, Klenke und Zwetko zum Nachlesen und Erkennen:

II-Uredosporenlager auf der Blattunterseite, vereinzelt oder in Gruppen, rundlich, 0,5 - 1 mm im Ø, lebhaft goldgelb ( sehr schön auf Bild 3 zu sehen ).

II-Uredosporen kugelig oder etwas abgeplattet, ellipsoidisch, ei- oder birnenförmig, in Gestalt und Größe sehr veränderlich, allseitig stachelig-warzig, 17 - 35 µm lang, 15 - 23 µm breit. Wand 2 - 3,5 µm dick. Paraphysen zahlreich ( gut auf Mikrobild erkennbar ), kopfig, 60 - 95 µm lang, oben 18 - 41 µm breit; Wand bis auf 10 µm verdickt.

Melampsora reticulatae A. Blytt 1896 schließt mit II-Uredien und III-Telien seine Entwicklung auf Salix reticulata ab und wechselt im Frühjahr auf einige Saxifraga-Arten, um mit 0-Pyknien und I-Aezien seine Neuinfektion zu beginnen.

Verbreitungsgebiet: Zirkumpolar- alpin

Da ist Dir ein sehr schöner Fund eines mir bisher unbekannten Rostpilzes ( kein Wunder bei der alpinen Verbreitung ), gelungen, der lt. Zwetko allerdings recht verbreitet alpin zu finden ist.

Die Bilder werden natürlich, genau wie bei der Korbweide, die ich gestern schon eingestellt habe, nach entsprechender Aufbereitung ebenfalls in die Bilddatei fungiworld.com mit Dir als Autorin eingestellt.

Herzliche Grüße Detlef

Literaturnachweise:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662

-Gäumann, Ernst: Die Rostpilze Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz
Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz Band XII mit 90 Tabellen und 1075 Abbildungen, 1407 Seiten
herausgegeben von einer Kommission der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft, Kommissionsverlag Büchler & Co. Bern 1959

-Brandenburger, Wolfgang: Parasitische Pilze an Gefäßpflanzen in Europa
Verlag: Gustav Fischer Verlag-Stuttgart-New York Erscheinungsdatum: 1985, 1248 Seiten
ISBN: 3-437-30433-X

-Poelt, Josef und Zwetko, Peter: Die Rostpilze Österreichs
Biosystematics and Ecology Series No. 12
2. revidierte und erweiterte Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil Heft1 Uredinales, 365 Seiten
Verlag: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1997
Bandherausgeber: Wilfried Morawetz & Hans Winkler Institut für Botanik, Universtät Wien
ISBN:3-7001-2650-6

-Zwetko, Peter: Die Rostpilze Österreichs
Biosystematics and Ecology Series No. 16
Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae,III. Teil Heft 1 Uredinales, 67 Seiten
Verlag: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2000
Bandherausgeber: Friedrich Ehrendorfer, Institut für Botanik, Universtät Wien, A-1030 Wien
Serienherausgeber: Wilfried Morawetz & Hans Winkler Institut für Spezielle Botanik, Universtät Wien
ISBN:3-7001-2910-6
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Julia
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Re: Rostpilz an Netz-Weide

Ungelesener Beitrag von Julia »

Hi!

Nur dass dus weißt: Ich habe alle bedacht die da drinne waren, und dort waren nunmal absolut keine Larix. Da wette ich meinen Kopf drauf. Dort oben können auch nicht mehr solch Bäume stehen:P

Aber dennoch danke für deine Bestimmung/Bestätigung:)

lg Jule
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Dedimyk
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Re: Re: Rostpilz an Netz-Weide

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Hallo Julia,

[quote=Julia,26.11.2008, 18:47]
Hi!

Nur dass dus weißt: Ich habe alle bedacht die da drinne waren, und dort waren nunmal absolut keine Larix. Da wette ich meinen Kopf drauf. Dort oben können auch nicht mehr solch Bäume stehen:P

Aber dennoch danke für deine Bestimmung/Bestätigung:)

lg Jule
[/quote]

nur eines zur Klarstellung, die als sichere Infektion angegebene Entfernung mit 500 -1.000m zwischen Haplont und Dikaryophyt( kann natürlich auch deutlich noch weiter sein durch Sporenflug, allerdings mit abnehmender Infektionssicherheit ) betrifft natürlich auch Höhenmeter im Gebirge, gelle, dadurch war der Hinweis auf den Haplonten Larix absolut berechtigt.

Auch ich berücksichtige grundsätzlich bei Bestimmungen alle möglichen Haplonten und Dikaryophyten und selektiere erst danach beim Vergleich der Befalls,- und Mikromerkmale, denn wie sagt die Werbung so schön: "nichts ist unmöglich ,Toyota !"

Solltest Du auch beherzigen und der Hinweis war nur als konstruktive Kritik Alles zu beachten gedacht, genau wie die Erläuterungen zu diesem Part:

"Die Arten Melampsora lapponum mit Haplonten Viola und auch Melampsora repentis mit Haplonten Orchideen werden nicht auf Salix reticulata, sondern auf anderen Salix-Arten als Dikaryophyten gefunden und Saxifraga als Haplont fehlt damit auch."

Herzliche Grüße Detlef
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