Unbekannter mit Ritterlingshabitus

hier kann alles gepostet werden was mit Pilzen zu tun hat. Forumsstart - 22.12.2004

Moderator: Harry

Armin
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Unbekannter mit Ritterlingshabitus

Ungelesener Beitrag von Armin »

Hallo zusammen,
bei diesen 2 Exemplaren bin ich ratlos.

Fundort: Wegrand, im trockenem, Kalksand- Kieferwald, mit eingestreuten div. Laubbäumen.
Ritterlingshabitus, robust, auch nach Tagen relativ fest.
Hut 35-50mm: hell- gelbbräunlich, trocken, nicht gerippt
Lamellen weiß bis schwach creme (nach Tagen), mit typ. Ritterlingsansatz, untermischt, in Stielnähe mehr oder weniger auffällig gegabelt.
Stiel 40-60 mm, in der Hälfte mit einer Pseudo- Ringzone, ähnlich T. fracticum dem Fastberingenten Ritterling, oder besser wie bei T. imbricatum ohne klare Abgrenzung . Stiel über dieser Zone hell und unterhalb bräunlich schwach gefasert bis körnig.
Kein besonderer Geruch und Geschmack festgestellt (was bei meinem Geruchsinn nicht viel zu sagen hat).

Mikro: Sporen 4-6 x 3-4 elliptisch bis breitelliptisch hyalin. Unter Immersion mit körnigem Inhalt oder eventuell sogar schwach feinwarzig ?? (bin mir hier nicht sicher).
Zur Sporenpulverfarbe kann ich (leider) keine gesicherte Aussage machen.
Cheilozystiden sehr auffällig von flaschenförmig, lageniform bis spindelig- fusifom, manchmal sogar leicht kopfig. !!

Anmerkung.Makroskopisch hatte ich mich ganz auf einen Ritterling eingestellt, aber mit diesen auffälligen Cheilozystiden komme ich nicht weiter.

>> Fotos sind nicht vom Standort
Gruß Armin







Rudi
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Versuchs mal mit

Ungelesener Beitrag von Rudi »

Chamaemyces fracidus, dem fleckenden Schmierschirmling!

Grüße Rudi
Armin
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Re: Unbekannter mit Ritterlingshabitus

Ungelesener Beitrag von Armin »

Hallo Rudi, das isser. :wo:
Gelesen habe ich diesen Namen schon irgendwo, aber wie diese Gattung bzw. Art aussieht wusste ich bis jetzt, dank deiner Hilfe, noch nicht.

Da dies wahrscheinlich die einzige Art in der Gattung ist (laut Tintling Nr 21 und Abbildungsverzeichnis APS), wäre ich wohl nie auf diese Gattung gekommen. Nach Vergleich mit Pilze d. Schw. 4/200 (u.a.) passt alles. Die HDS hymenioform mit keuligen Zellen habe ich als Foto (nicht optimal gelungen) beigefügt. Was die Sporen betrifft, so sind sie in PDS etwas länglicher gezeichnet, aber dies dürfte wohl hinkommen. Ein weiteres Foto mit den Sporen, das wahrscheinlich etwas aussagekräftiger ist habe ich beigefügt.

Der Fundort: Mainz 5915.3

Also Rudi, nochmals vielen Dank für diese Auflösung.
Gruß Armin



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Gerd †
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Re: Unbekannter mit Ritterlingshabitus

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Armin,
Da dies wahrscheinlich die einzige Art in der Gattung ist (laut Tintling Nr 21 und Abbildungsverzeichnis APS), wäre ich wohl nie auf diese Gattung gekommen.


- Ja, auch nach CANDUSSO, LANZONI[1] handelt es sich um eine monotypische Gattung. Ein hier erwähnte var. pseudocastaneus Bon & Boiffard wird auch bei Breitenbach-Kränzlin erwähnt.

- Natürlich hat es noch weitere Versuche gegeben, die Gattung etwas aufzumöbeln. Ich zitiere KRIEGLSTEINER[2]:
"Kollektionen mit gelbrot- bis kastanienbrauner Hutmitte können als f. pseudocastaneus (Bon & Boiffard) Migliozzi & Zechin) abgetrennt werden, solche mit olivlichen Tönen als f. passerinii Migliozzi & Zechin.
...
Eine Abgrenzung in eine robuste Sippe mit reichlich vorhandenen pleurozystyden (CH. fracidus ss. str.) und eine schmächtigere Art mit nur spärlich vorhandenen Pleurozystiden (Ch. demisannulus), wie Bon (1996) dies vorschlägt, läßt sich m.E. nicht konstant durchführen.
- Im Gegensatz dazu bingt MOSER [3] beide Sippen (Ch. fracidus und Ch. demisannulata), letztere im Kleindruck auf Artrang. Auch HORAK[4] unterscheidet beide Sippen (ohne Kleindruck) auf Artrang.

- Interessant: BON[5] erwähnt nur Ch. fracidus ohne Hinweis auf weitere Sippen.
---------------------------
Was die Sporen betrifft, so sind sie in PDS etwas länglicher gezeichnet, aber dies dürfte wohl hinkommen.
- Deine Sporen sind 4-6x2-3µm.

---> Bei einem Vergleich mit den PDS-Angaben ( 4.7-6x2,8-3,5µm; Q 1,5-1,9; Vm29) wären die Mittelwerte (insbesondere Q und Vm) interessant.

--> Ansonsten differieren die Angaben in der Literatur etwas, z.B:

[1] 4-5x2-3µm
[2] 4-5,5x2,2-3(3,5)µm
[3] 4,5-5x 2-2,5µm
[4] 4,5-5x2,5-3µm
[5] 4,5x2,5µm
[6] 4-5x2,5-3µm
[7] 4-5x2,8-3,5µm

---> Macht nix, da die Sporenmessung eh nicht eindeutig und allgemein anerkannt definiert ist.

---> Wer's nicht glaubt, dem empfehle ich die Lektüre von [8], [9], [10]
-------------------

Literatur:

[1] M. Candusso - G. Lanzoni (1990): Lepiota s.L., Fungi Europaei Vol. 4

[2] G.J. Krieglsteiner (2003): Die Großpilze Baden-Württembergs Band 4

[3] M. Moser (1983): Die Röhrlinge und Blätterpilze, Kleine Kryptogamenflora Band IIb/2

[4] E. Horak (2005): Röhrlinge und Blätterpilze in Europa

[5] M. Bon (): Pareys Buch der Pilze

[6] Michael- Hennig - Kreisel (1977): Handbuch für Pilzfreunde Band 3

[7] M. Enderle (1989): Pilzporträt Nr. 14: Chamaemyces fracidus (Fr.)Donk - Fleckender Schmierschirmling, APN 7(2):109-113

[8] Gross, G. (1976): Messen von Pilzsporen, Zeitschrift für Pilzkunde 42(B)

[9] Gross, G.; Schmitt, A. (1974): Beziehungen zwischen Sporenvolumen und Kernzahl bei einigen Höheren Pilzen, Zeitschrift für Pilzkunde 40(3-4)

[10] Krueger, H (1987): Die normierte Sporenmessung - Diskussion von Voraussetzungen und Vorstellung eines Lösungsansatzes, Zeitschrift für Mykologie 53(1)

Grüße
Gerd

PS.:

- Obwohl mir beim Betrachten Deiner Bilder sofort Ch. fracidus (hatte ich leider nur 2x in der Hand, ist wohl etwa 20 Jahre her) einfiel, habe "feige" gekniffen.

---> Grund: Du hast den Hut als "trocken" bezeichnet !!!

---> Das hat mich stark verunsichert, da diese Art m.E. (Speicheltest durchführen!) deutlich "schmierig" sein müßte!!!
Armin
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Re: Re: Unbekannter mit Ritterlingshabitus

Ungelesener Beitrag von Armin »

[quote=Gerd,16.11.2006, 02:16]

- Obwohl mir beim Betrachten Deiner Bilder sofort Ch. fracidus (hatte ich leider nur 2x in der Hand, ist wohl etwa 20 Jahre her) einfiel, habe "feige" gekniffen.

---> Grund: Du hast den Hut als "trocken" bezeichnet !!!

---> Das hat mich stark verunsichert, da diese Art m.E. (Speicheltest durchführen!) deutlich "schmierig" sein müßte!!!
[/quote]

Hallo Gerd danke für deine Anmerkungen und Literaturhinweise.

Zum "Thema "trockener Hut" muss ich dir völlig recht geben. Wer soll bei dieser Aussage noch an diese Art denken.

Mein "trockener" Hut kommt ganz einfach von der Tatsache, dass der Hut auch "trocken" war. Es war seit Tagen trocken und laut Literatur soll der Hut bei Trockenheit auch trocken erscheinen.
Wenn ich auch nur den geringsten Verdacht auf einen schmierigen Art gehabt hätten, hätte ich die Speichelprobe gemacht.
Wir (nicht nur ich) waren halt alle auf einen trockenen Ritterling fixiert. Im Nachhinein mussten wir uns alle eingestehen, dass wir diese, zumindest in unseren Breiten, seltenen Art nicht kannten.
Beim nächsten Mal (sofern ich ihn noch mal finden sollte) werde ich besser aufpassen.
Interessant wäre es ob unabhängig von der Literatur noch jemand diesen relativ trockenen Hut bei trockenem Wetter bestätigen kann.

Gruß Armin
>> viele Grüße auch an Karl und Thaddäus.

Editierhinweis: einmal Quote am Anfang zuviel.
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Gerd †
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Re: Unbekannter mit Ritterlingshabitus

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Armin,
Mein "trockener" Hut kommt ganz einfach von der Tatsache, dass der Hut auch "trocken" war. Es war seit Tagen trocken und laut Literatur soll der Hut bei Trockenheit auch trocken erscheinen.
Frage:

Wundert Dich das ?

- Sogar der extrem schleimige "Suillus grevillei" zeigt bei entsprechender Trockenheit keineswegs, dass er schleimig ist.

---> Ich habe mir deshalb bei jedem "unbekannten Fund " reflexartig angewöhnt :

(1) daran riechen

(2) "Speicheltest"
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Wenn ich auch nur den geringsten Verdacht auf einen schmierigen Art gehabt hätten, hätte ich die Speichelprobe gemacht.
Wir (nicht nur ich) waren halt alle auf einen trockenen Ritterling fixiert. Im Nachhinein mussten wir uns alle eingestehen, dass wir diese, zumindest in unseren Breiten, seltenen Art nicht kannten.
Beim nächsten Mal (sofern ich ihn noch mal finden sollte) werde ich besser aufpassen.
Na ja (gebe ich gerne zu) , habe anschließend auch wenige Ritterlinge, die einen derartigen "kontrastierenden" Farbwechsel " im Stiel haben, berücksichtigt.

----> Doch alles, was mir dazu einfiel , hat auch einen wenigsten "schmierigen" Hut.

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Interessant wäre es ob unabhängig von der Literatur noch jemand diesen relativ trockenen Hut bei trockenem Wetter bestätigen kann.


- Na, diese Frage kannst Du wohl (beachte: Von mir zitiertes Beispiel "Suillus grevillei" selbst beantworten


Schönes Wochenende
Gerd
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