Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

hier kann alles gepostet werden was mit Pilzen zu tun hat. Forumsstart - 22.12.2004

Moderator: Harry

Benutzeravatar
Gerd †
Forums Gott
Beiträge: 1831
Registriert: Fr 31. Dez 2004, 19:34
Wohnort: Alb-Donau-Kreis

Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo zusammen,

Angeregt durch diesen Beitrag versuche ich nachfolgend wenige m.E. “fundamentale“ Zusammenhänge des Ökosystems „Wald“ (kann man auch auf andere Ökosysteme übertragen) darzustellen.
---> Und, ich reduziere dabei meine Notizen auf 3 Gruppen von Lebewesen („Produzenten“, „Konsumenten“, „Reduzenten“), die nur im Zusammenspiel ein stabiles, geschlossenes Ökosystem garantieren, dem von außen nur noch „Sonnenenergie (Licht) zugeführt werden muss.

---> Ich stelle dabei die Pilze nicht in den Mittelpunkt der Natur und zeige dennoch (so hoffe ich), dass ohne „Pilze“, die Natur nicht überlebensfähig wäre.
NU_Lehrpfad_StoffkreislaufImWald.jpg
NU_Lehrpfad_StoffkreislaufImWald.jpg (52.56 KiB) 2489 mal betrachtet

(1) Produzenten „grüne Pflanzen“:

- Sie ernähren sich „C-autotroph“ (selbständig):
---> Nur sie können sich „selbständig“ ernähren. Sie benötigen „Sonnenenergie, Kohlendioxid (aus der Luft) und Wasser/wenige anorganische Elemente (aus dem Boden)“

- Doch betrachten wir einmal was „langfristig“ passieren würde, wenn es nur „grüne Pflanzen“ gäbe?
(a) Sie würden das in der Luft verfügbare „Kohlendioxyd (CO2)“ verbrauchen.
(b) Sie würden die im Boden verfügbaren Mineralien „auslaugen“.
(c) Sie würden (beachte „Laub-/Nadelwurf“ und Tod durch „Altersschwäche“) rel. schnell in ihrem eigenen „Müll“ ersticken.

Und wie sichern die „grünen Pflanzen“ ihr „langfristiges, dauerhaftes“ Überleben?
---> Ganz einfach: Sie gönnen sich Wasserträger/Sklaven, auf die ich nachfolgend eingehe.

(2) Konsumenten „Tiere“:

- Tiere (genauer Konsumenten 1. ArtOrdnung; auf die Kette der „fleischfressenden Nachfolge-Konsumenten“ sei hier nur hingewiesen) ernähren sich „C-hetreotroph“ (unselbständig) von „pflanzlichen“ Stoffen, die ihnen die „grünen Pflanzen“ zur Verfügung stellen.
---> Der entscheidende Punkt für die Pflanzen ist, dass die Konsumenten den von den Pflanzen produzierten Sauerstoff einatmen und beim Ausatmen den für die Pflanzen notwendigen Nachschub an Kohlendioxyd produzieren.

Fazit 1:
(a) Ein erster (Teil-)Erfolg für die Pflanzen:
---> Der Kreislauf „Sauerstoff-Produktion“ und „Kohlendioxyd-Verbrauch“ wird durch die „Konsumenten“ stabilisiert.

(b) Aber, da bleibt noch der „Müll“ (zwischenzeitlich neben pflanzlichen auch tierische Abfälle) übrig, an denen die Pflanzen ersticken würden!
(c) Und auch die langfristige „Verfügbarkeit“ von anorganischen Stoffen (N, P, S etc.) im Boden ist noch nicht sichergestellt!

---> Doch diese Lücke wurde durch die „Reduzenden“ geschlossen!!!

(3) Reduzenten „Pilze, Bakterien, Würmer etc.“

- Diese Reduzenten (auch Destruenten genannt) ernähren sich wie die „Konsumenten“ auch „C-heterotroph“ von „organischen, pflanzlichen oder tierischen Stoffen“.
---> Allerdings haben sie sich darauf spezialisiert, den „organischen Müll“ (totes organisches Material = Detritus) zu recyceln und daraus den für die Pflanzen-Ernährung notwendigen Nachschub an „anorganischen Stoffen“ sicher zu stellen.
- Die Hauptlast übernehmen nach meiner Kenntnis Pilze, die insbesondere sehr schwer abbaubares organisches Material bereits in der Initialphase zersetzen können. Und so nebenbei: Die Pilze sind hochmotiviert „ggg“) und „recyceln“als „Schwächeparasiten“ zusätzlich auch noch „altersschwache“ oder auf einem „ökologisch ungeeigneten“ Standort wachsende Bäume und schaffen dadurch Platz für eine Verjüngung.

Fazit 2:
- „Produzenten, Konsumenten, Reduzenten“ zusammen sorgen für ein stabiles Ökosystem

- So nebenbei: „Grüne Pflanzen“ halten sich noch weitere „Wasserträger/Sklaven“ (---> Mykorrhiza, Pilze, die Mineralien und Wasser aus Bereichen, die die Wurzeln nicht mehr erreichen heranschleppen.

ALLES KLAR ???

Grüße
Gerd


Noch eine Abschlussbemerkung sei erlaubt:

- Ich zeige noch die vollständige Tafel 28 (Pilze) von 30 aus dem „Stadtökologisches Lehrpfad der Stadt Neu-Ulm“ aus dem „Silberwald“:
NU_Lehrpfad_001_g-.jpg
NU_Lehrpfad_001_g-.jpg (106.32 KiB) 2478 mal betrachtet
---> Die Idee/der Vorschlag/Entwurf für diese Tafel stammt von mir.
---> Insgesamt ein hervorragender „Lehrpfad“ in dem viele äußerst interessante „Nischen/Details“ gezeigt werden. Aber, leider kam keiner der „Verantwortlichen“ auf die Idee, eine Tafel (die hätte ich als Tafel Nr. 1 aufgestellt) zu entwerfen, die "globale" Zusammenhänge im „Ökosystem Wald“ beschreibt.

---> Na ja, immerhin kam man recht spät auf die Idee, dass eine „Pilztafel“ auch nicht schlecht wäre und hat bei mir einen Entwurf dazu angefragt.

Und was mache ich?
- Ich stelle die Pilze nicht in den Mittelpunkt der Natur und zeige dennoch (so hoffe ich), dass ohne „Pilze“, die Natur nicht überlebensfähig wäre.
---> Nur schade, dass eine derartige Tafel (hätte ich natürlich nicht den Pilzen gewidmet) nicht gleich am Anfang des „ökologischen Lehrpfads“ aufgestellt wurde.

Und, wie das Leben so spielt:

- Die Tafel enthält 2 "Tippfehler", für die ich nicht verantwortlich bin:
(a) Sporen "keinen" statt "keimen"
(b) "A. melea" statt A. mellea

Nachtrag: 10.11.2009; 23:50Uhr

- Bilder ausgetauscht
- Abschlussbemerkung gekürzt
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
kurtjegle
treues Mitglied
Beiträge: 488
Registriert: Mo 13. Jul 2009, 17:21

Re: Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Gerd

Du schreibst gobal von den "Pilzen" . In welcher "Nische" des Kreislaufs sitzt oder steht mein Helmling? Mir ist keine plausible Antwort eingefallen. Ich habe ihn nur auf Moospolstern gesehen. Oder sitzt er nur auf dem Baumstamm, weil er hoch hinauf will, aus welchem Grund auch immer?

Gruss
Kurt
Rita

Re: Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

Ungelesener Beitrag von Rita »

Hallo Kurt,

auch dein Helmling gehört zu den von Gerd angesprochenen Redundanten. Er kümmert sich um den organischen "Abfall" wie Holz, Blätter, Nadeln usw. Auch wenn Helmlinge sehr klein sind, so sind sie in ihrer Vielfalt (mehr als 100 Arten) doch sehr effektiv für den Wald.

Und ein Pilz, der hoch hinauskommt, kann auch besser sein Sporenpulver zur Verbreitung verteilen.

Dein Buch, das über 30 Helmlinge enthält, ist nicht so schlecht, wie du denkst, wenn es über 100 Arten gibt. Viele Bücher führen nur 2-3 Helmlinge auf.

LG
Rita
kurtjegle
treues Mitglied
Beiträge: 488
Registriert: Mo 13. Jul 2009, 17:21

Re: Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Rita

Du erwähnst Redundanten. In diesem Kontext ist mir dieses Wort unbekannt. Oder meinst du Reduzenten?
Die bessere Sporenverbreitung in der Höhe leuchtet mir ein. Darauf hätte ich eigentlich auch selbst kommen können :x .
Aber welches Substrat zersetzt er (Rinde, Erde ?) und wer ist der Nutzniesser (die Moose?) Dringt sein Mycel bis ins Kambium des Baumes vor?
Ich weiss, von mir kommen immer nur Fragen. Ich weiss halt noch zu wenig, bin neu auf diesem Gebiet.

Gruss
Kurt
Benutzeravatar
Harry
Administrator
Beiträge: 4714
Registriert: Mi 22. Dez 2004, 09:37
Kamera: Nikon D500
Nikon Z5
Olympus Tough TG-6
Pilzverein: Pilzfreunde Saar - Pfalz e.V.
Wohnort: Bexbach - Saarland
Kontaktdaten:

Re: Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

Ungelesener Beitrag von Harry »

Hallo Kurt,

ich denke Rita meint Reduzenten, die von ihr genannten Redundanten passen hier ja überhaupt nicht.

Dein Helmling ist ein Saprobiont der sich von toten Mossfragmenten ernährt. Sein Mycel dringt nicht ins Holz des Baumes ein, schädigt ihn also nicht.

Gruß
Harry
Dass man immer noch lernen kann ist herrlich, und auch dass man andere dazu braucht.
kurtjegle
treues Mitglied
Beiträge: 488
Registriert: Mo 13. Jul 2009, 17:21

Re: Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Somit ist das Nebenthema Helmling zumindest zu meiner Zufriedenheit abgehandelt. Danke an alle. Nun wieder zurück zu Gerds Hauptthema.

Gruss
Kurt
Benutzeravatar
Gerd †
Forums Gott
Beiträge: 1831
Registriert: Fr 31. Dez 2004, 19:34
Wohnort: Alb-Donau-Kreis

Re: Notizen zum "Stoffkreislauf" im Ökosystem Wald

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Kurt,
kurtjegle hat geschrieben:Hallo Gerd

Du schreibst gobal von den "Pilzen" . In welcher "Nische" des Kreislaufs sitzt oder steht mein Helmling? Mir ist keine plausible Antwort eingefallen. Ich habe ihn nur auf Moospolstern gesehen. Oder sitzt er nur auf dem Baumstamm, weil er hoch hinauf will, aus welchem Grund auch immer?

- Die Einordnung "Reduzent" haben RITA und HARRY schon erklärt.

---> Die Zuordnung ist einfach: Die Arten der Gattung Mycena (Helmlinge) sind keine "Mykorrhiza-Pilze" sondern besiedeln "totes organisches Material" (Nadel-/Laubstreu, Rinde, Holz, am Boden liegende Ästchen etc.) und gehören deshalb in die Schublade "Reduzenten".
---> Es spielt dabei keine Rolle, ob sie das Substrat von der Initialphase bis zur Finalphase besiedeln oder einzelne dieser Phasen bevorzugen.

Grüße
Gerd
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
Antworten