Hallo Boris,
zuerst einmal herzlichen Dank für diese verrückte "Missbildung".
---> Da sieht man, was eine "Kleider-Vorschrift" anrichten kann.
- Doch um Ernst zu bleiben:
---> Eine Schublade für eine derartige Missbildung (wird in meiner Literatur nicht erwähnt) habe ich nicht.
---> Deshalb muss ich arg spekulieren, wie es zu dieser Missbildung gekommen ist:
"Doppelhütiger Röhrling"
Grundsätzliche Vorbemerkung:
- Die Wachstumsrichtung eines Basidiomyzetenfruchtkörpers wird vor allem durch zwei Faktoren bestimmt: (a) Schwerkraft und (b) Licht, wobei die Schwerkraft dominiert. Dies führt dazu, dass der Hut so ausgerichtet wird, dass die Röhren, Lamellen, Stacheln oder Leisten zum Erdboden hin zeigen, damit die Sporen möglichst ungehindert nach unten fallen können.
---> Dies nennt man
"Geotropismus".
- Den Lichteinfluss kann man meist nur bei sehr "schräg" einfallendem Licht (z.B. in Kellerräumen) beobachten. Die Stiele wachsen dann "schräg" in Richtung Lichtquelle (man nennt dies
"positiven Phototropismus"), um sich dann vor der "endgültigen Hutstreckung" aufzurichten, um eine geotrope Ausrichtung der Hüte zu erreichen.
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Doch nun zu meiner Spekulation, wie ich mir diese Missbildung in 2 Wachstumsstufen erkläre:
(1) In [1], S. 41 Abb.7. wird ein umgekehrt gewachsener Fruchtkörper, mit dem Hutscheitel am Erdboden verankerter Fruchtkörper eines "Blaublättrigen Täublings" (Rusula delica), gefunden 1947 in Oberbromberg am Attersee/Österreich, gezeigt. Hut/Lamellen sind, abgesehen von einem auffälligem Hutbuckel (interpretiere ich als rudimentären Stiel), nicht auffällig deformiert. Der Fruchtkörper ist allerdings nicht vollständig entwickelt, da vom Erdboden weg nur ein Stielstummel ausgebildet wurde. Die Ursache für diese nicht geotrope Ausrichtung des Fruchtkörpers wird nicht erklärt.
- In Analogie zu dieser Bildungsabweichung scheint die Annahme gerechtfertigt zu sein, dass auch hier sich zuerst ein auf dem Kopf liegender Hut entwickelt hat.
(2) Auch für den 2. Entwicklungsschritt (Ausbildung eines geotrop ausgerichteten in Stiel und Hut gegliederten Fruchtkörpers) habe ich eine Erklärung gefunden:
[1] zeigt im Kapitel Doppelfruchtkörper ("Stockwerkpilze") ein Beispiel ("Wiesen-Egerling" (Agaricus campestris), bei dem der obere Fruchtkörper verkehrt herum mit dem Hut am unteren Fruchtkörper angewachsen ist. Und das Erstaunliche dabei ist, dass sich durch Regeneration/Weiterwachsen des nach oben gerichteten Stiels (oberer Fruchtkörper) ein neuer vollständig entwickelter Hut mit Hymenophor gebildet hat.
--> Und in Analogie zu dieser gerade geschilderten nachträglichen Hutbildung kann ich mir auch hier die vervollständigung der Fruchtkörperbildung vorstellen.
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Bleibt nur noch folgendes zu klären:
(1) Ich kann mich nicht damit anfreunden (beachte Röhren-/Hutfarbe), dass es sich hier um einen
"Rauhfussröhrling" (Leccinum spec.) handelt.
---> Mir sieht das eher nach einem
"Dickfussröhrling" (Boletus spec.), evtl. gar ein
"Fichten-Steinpilz" (Boletus edulis), aus.
(2) Unklar ist auch (kann das anhand des Bildes nicht beurteilen), ob die Röhren normal ausgeprägt sind.
Grüße
Gerd