Hallo Julia und alle Phytoparasitenfreunde,
auch zu diesem Rostpilz auf Sonchus asper, der Rauen Gänsedistel hat mir Julia einen Herbarbeleg geschickt, den ich gestern und heute mikroskopiert habe.
Dabei kam wieder einmal ganz klar zum Ausdruck, daß eben mit makroskopischem Schlüsseln, wie in meiner ersten Stellungnahme keine verbindliche Aussage gemacht werden kann, sondern erst das Mikroskopieren eine Bestimmung ermöglicht.
Ich hatte ja das als Selektionsergebnis ermittelt:
Vom ersten Eindruck her vermutet man I-Aeziensporenlager zu sehen, doch das stimmt nicht, es sind vermutlich doch die rot-krustigen oder gelborange polsterförmigen oder lange epidermisbedeckten II- Urediensporenlager.
Mit dem Durchschlüsseln nach Klenke lande ich bei 2 möglichen Arten, die solche Uredien ausbilden und sich unter anderem optisch durch eine bzw. keine Pseudoperidie um die Uredien unterscheiden, ist auf den Bildern nicht so gut zu erkennen, aber sie scheint zu fehlen.
Dann lande ich immer wieder bei der Coleosporium tussilaginalis ( Persoon ) Berk. em. Braun deren Sporenlager auf Tussilago farfara aber doch einiges anders aussehen und an die ich nicht so recht glaube
Coleosporium tussilaginalis bildet auf Sonchus II- Uredien und III-Telien aus und führt einen Wirtswechsel nach Pinus sylvestris, der Waldkiefer durch.
Unterstelle ich eine Pseudoperidie, so lande ich bei Miyagia pseudosphaeria ( Mont. ) Jorst., die eine verkürzte Entwicklung ( 0-Pyknien ), II-Uredien und III-Telien auf Sonchus durchläuft, also keinen Wirtswechsel durchführt.
Die habe ich noch nie gesehen und kann deshalb auch keine makroskopische Aussage machen.
Die folgenden Mikrobilder ergaben sehr schnell, daß
Coleosporium tussilaginalis ( Persoon ) Berk. em. Braun absolut mikroskopisch nicht paßt, also habe ich in Richtung des 2. in Frage kommenden Rostpilzes
Miyagia pseudosphaeria ( Mont. ) Jorst. untersucht und bin dort fündig geworden.
Im Gäumann fand ich bei der Puccinia pseudosphaeria Montagne 1840 die entsprechenden Daten und Schnittbilder, die eine sichere Bestimmung gewährleisteten.
Hier die Mikrobilder in 400 facher Vergrößerung:
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Hier die relevanten Daten zur Erkennung aus Gäumann:
0-Pyknien ( Spermogonien ) auf beiden Blattseiten, zerstreut, gemeinsam mit den Uredolagern auftretend.
II-Uredosporenlager auf beiden Blattseiten und an den
Blattstielen ( gut zu sehen auf Bild1 und 4 von Julia), zerstreut oder häufiger in kleinen rundlichen oder länglichen Gruppen von 3 -5 Sori ( Sorus=Sporenlager), welche Gruppen 1 -3 mm lang von einem farbigen Hof umgeben sind, gelblich, lange von der Epidermis bedeckt und dann durch einen unregelmäßigen, scheitelständigen Porus sich öffnend ,]umgeben von einer einzigen Lage von dickwandigen kastanienbraunen Paraphysen.
Die Uredosporen sind eiförmig bis lang ellipsoidisch, 24 - 38 µm lang, 15 - 24 µm breit; Wand farblos, etwa 2 - 4 µm dick entfernt stachelwarzig , Warzenabstand 2 - 3 µm.Keimporen 4 undeutlich, erst bei der Keimung erkennbar., schwer erkennbar.
Lange zylindrische, am Ende nur wenig verdickte, dickwandige und nach oben tiefbraune Paraphysen umgeben wie ein Kranz die Urdelager und wölben sich von der Seite her nach der Mitte hin über dieselben; das Aussehen der farblosen fast zarten Uredolager mit dem Kranz der derben, braunen Paraphysen ist sehr eigenartig und ein sicheres Erkennungsmerkmal. ( gut zu sehen in meinem Mikrobild 1, das ein Uredolager zeigt ).
Da im vorliegenden Fall nur Uredosporenlager gefunden wurden, spare ich mir die Beschreibung der Teleutosporenlager.
Der Rostpilz
Puccinia pseudosphaeria Montagne 1840 ,
der jetzt aktuell Miyagia pseudosphaeria ( Montagne 1840 ) Jorst. 1962 heißt durchläuft seine verkürzte Entwicklung 0-Pyknien, II-Uredien und III-Telien auf einigen Sonchus-Arten, eben auch Sonchus asper und
führt also keinen Wirtswechsel durch.
Damit ist auch diese Bestimmung durchgeführt und mikroskopisch abgesichert worden.
Klenke verweist in seinem Buch von 1995 darauf, daß dieser Rostpilz bisher noch in Sachsen fehlt, aber sicher zu erwarten sei, deshalb kann ich auch keine Aussage über die Verbreitung machen, nehme aber an, da ich bisher noch nichts davon gesehen habe , daß er eben doch selten ist.
Auf jeden Fallist Dir da ein besonderer Fund gelungen

.
Vielen Dank fürs Zeigen und den Herbarbeleg

, der mir die Möglichkeit gab einen mir bisher unbekannten Rostpilz zu untersuchen.
Herzliche Grüße Detlef
Literaturnachweise:
-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662
-Gäumann, Ernst: Die Rostpilze Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz
Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz Band XII mit 90 Tabellen und 1075 Abbildungen, 1407 Seiten
herausgegeben von einer Kommission der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft, Kommissionsverlag Büchler & Co. Bern 1959