Oidium carpini, der etwas andere "Echte Mehltaupilz"

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Dedimyk
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Oidium carpini, der etwas andere "Echte Mehltaupilz"

Ungelesener Beitrag von Dedimyk »

Hallo Phytoparasitenfreunde,

mit Oidium carpini Foitzik 1995 will ich Euch heute mal einen etwas anderen "Echten Mehltaupilz" vorstellen.

Wie Ihr ja inzwischen wißt, durchlaufen die Echten Mehltaupilze ( Erysiphales ) als Ascomyceten eine aus zwei unterschiedlichen Abschnitten bestehende Entwicklung.

In der ersten, der sogenannten anamorphen Phase ( Bildung der Nebenfruchtform ) werden asexuell Konidien gebildet.

In der zweiten, der sogenannten teleomorphen Phase ( Bildung der Hauptfruchtform ) werden die Asci mit den Sporen gebildet.

Aus dieser bekannten Entwicklung heraus haben Eric und ich uns bei der Bearbeitung der Datenbank pilzbestimmung.de darauf verständigt, bei den Echten Mehltaupilzen die Anamorphen nicht explizit darzustellen, sondern in den einzelnen Arten zu hinterlegen.

Das hat auch soweit gut geklappt, bis mir am 6.5.2007 ein ziemlich spektakulärer Fund eines "Echten Mehltaupilzes" auf Carpinus betulus - der Hainbuche gelang, ist gleichzeitig Erstnachweis für Niedersachsen.

Denn es sind einige Arten der Mehltaupilze bekannt, die sich die energieaufwändige sexuelle Phase sparen, oder bei denen die Teleomorphe bisher nicht bekannt ist und die deshalb nur als Anamorphe gefunden werden.

Für diese speziellen Arten kann natürlich kein Teleomorphen-Gattungsnamen wie z.B. Erysiphe verwendetn werden, sondern sie werden in der Gattung Oidium - Anamorphen, wie eben alle Nebenfruchtformen erfaßt.

Und da ging unser Problem auch schon richtig los:

Nach Überprüfung der einschlägigen Literatur mußte ich feststellen, daß es für meinen neuen "Echten Mehltaupilz" nur eine Beschreibung der Anamorphe gibt und die ist auch noch sehr neu durch U.Braun 1995 erfolgt und bisher ist keine Teleomorphe gefunden worden ( habe Rücksprache mit Dr.Horst Jage gehalten ).

Diese Anamorphe wurde natürlich deshalb auch der bestehenden Anamorphen-Gattung Oidium zugeordnet und als

Oidium carpini Foitzik 1995

durch Professor Braun so benannt.

Professor Braun hat in seiner Grundsatzarbeit The Powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe (siehe Literaturhinweis) 18 Arten der Oidium für Europa separiert, bei denen bis heute keine Teleomorphe gefunden wurden, u.a. eben auch die Oidium carpini.

Dieser Auffassung haben wir uns angeschlossen und deshalb diese Arten der Oidium nun in die Datenbank pilzbestimmung.de übernommen, als quasi Teleomorphenersatz.

Deshalb habe ich auch bei der Verwendung des Namens "Echter Mehltaupilz" für Oidium die "Zeichen" gesetzt, um diesen Sonderfall damit zu dokumentieren.

Ich habe den Fund natürlich mikroskopiert und stelle nachfolgend die Bilder und Mikrobilder vor:

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Und hier die zugehörigen Mikrobilder mit 400er und 1.000Objektiv, die nur unscheinbare Konidien zeigen, die natürlich keinem Vergleich mit den zum Teil futuristischen Perithezien mit ihren Appendices ( wie ich sie des öfteren schon vorstellte ) standhalten :

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Diese Bilder werden heute noch in die Datenbank eingestellt.

So viel Spaß beim Lesen und Betrachten der Bilder und Erfolg bei der Nachsuche.

Herzliche Grüße Detlef

Literaturhinweis:

-Braun, Uwe: The powdery mildews ( Erysiphales ) of Europe, Gustav Fischer Verlag, Jena,
Stuttgart, New York 1995, 338 Seiten ISBN 3-334-60994-4 ( Jena ), ISBN 1-56081-424-1 ( New York )

-Klenke, Friedemann: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsicher Botaniker. Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze Sachsens
Verlag: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker Neue Folge
Band 16 - Sonderheft Institut für Botanik der Tech. Universität Dresden
ISSN: 1434-1662
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