Pilz auf verletzter Eiche --> Hypholoma fasciculare

hier kann alles gepostet werden was mit Pilzen zu tun hat. Forumsstart - 22.12.2004

Moderator: Harry

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Gerd †
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Kurt,
kurtjegle hat geschrieben: Der Stamm hat nur noch auf ca. 40% des Umfangs vitales Gewebe. Und nur dort erscheinen die Pilze. warum nicht auch auf der Seite mit dem toten Gewebe?
Eine interessante Frage, zu der ich zuerst eine Vorbemerkung bringe:

(1) Holz wird grob gesagt in 3 Stufen (Initialphase, Optimalphase und Finalphase) abgebaut und in jeder dieser "nicht scharf trennbaren" Phasen kann man eine von der Holzart und dem Vermorschungsgrad abhängige "sich ändernde, typische Pilzflora" (Sukzession von Pilzarten) beobachten.

---> Anders ausgedrückt:
- Mit zunehmender Holzzersetzung übernehmen neue Pilzarten den weiteren Abbau und verdrängen die Arten der davorliegenden Zersetzungsphase. Der Grund dürfte klar sein: Die "neuen Pilzarten" sind konkurrenzstärker und besser an den aktuellen Zersetzungsgrad angepasst, der zusätzlich den vorherigen Pilzarten evtl. nicht mehr genügend Nahrung bietet.

(2) Eine typische Sukzession an Buche zeige ich (ein Griff in mein Folienfundus) nachfolgend:
Sukzession_Buche-Gerd.jpg
Sukzession_Buche-Gerd.jpg (69.7 KiB) 4043 mal betrachtet
- Bei der Bewertung dieser Folie sollte man aus mehreren Gründen etwas vorsichtig sein:

(a) Insbesondere der Übergang zwischen Optimalphase und Finalphase ist m.E. extrem fließend:
---> "Hypholoma spec." wird hier der Finalphase zugeordnet. Auf extrem morschem Holz (späte Finalphase) habe ich diese Arten noch nie beobachtet, sondern eher bereits auf Holz mit noch rel. geringem Zersetzungsgrad.
---> Übrigens bestätigt RUNGE [1] (da wird auch auf H. lateritium an Quercus (Eiche) eingegangen) meine Beobachtung, das Hypholoma-Arten m.E. bereits in der Optimalphase das Holz besiedeln.

(b) Ein Baumstumpf z.B. wird nicht gleichmäßig abgebaut:
---> Man kann oft bereits stark morsches "Kernholz" und gleichzeitig noch kaum "vermorschtes" Splintholz und eine kaum geschädigte Rinde beobachten.
----------------

Und jetzt zu deiner Beobachtung:

- Ich kann da als reiner "Pilz-Amateur" nur spekulieren und biete dir eine aus meiner Sicht plausible Erklärung:

(a) Das stark vermorschte Holz bietet deiner "H. lateritium" nicht mehr genug Nahrung oder wurde dort von Konkurrenzmyzel verdrängt.
(b) Das Myzel durchwächst jetzt die noch nicht so stark zersetzten Holzanteile (evtl. nur Splintholz, das m.E. auch nicht mehr "vital" ist) und bildet dann zwangsläufig genau dort seine Primordien/Fruchtkörper.

Literatur:
[1] A. Runge (1975): Pilzsukzession auf Laubholzstümpfen; Zeitschr. f. Pilzkunde 41:3 1 - 38

Grüße
Gerd
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
kurtjegle
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Stefan

Wow!!! Hiermit hast du schon eine Menge Fragen beantwortet, die ich noch gestellt hätte. Bei deinem Wissensstand wundere ich mich, dass du mit anscheinend unendlicher Geduld so ausführlich auf für dich wohl naive Fragen antwortest. Ich komme mir vor wie ein Erstklässler mit Privatlehrer, nur dass ich selbst bestimme, was ich lernen will. Herzlichen Dank für deine Mühe. Ich sehe inzwischen die Pilzumwelt auf meinem Land mit ganz anderen Augen als noch zuvor. Damals gab es essbare und andere. Gut, von Mykorrhiza hatte ich schon etwas Ahnung. Jetzt eine weitere Frage:
Entsteht die Besiedlung von lebendem und totem Holz nur mittels Pollenflug? Wenn ein Pollen auf nicht adäquatem Substrat landet, dann stirbt er wohl einfach, oder? Wie kommt er aber dann in das marode Innere eines Stammes, wenn das Aeussere noch völlig gesund ist? Oder gelangen sie wie z.B. die Ganoderma über Risse und ähnliche Verletzungen in den bis änhin gesunden Kern und starten dort die Weissfäule?

Gruss
Kurt
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Gerd †
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Kurrt,
kurtjegle hat geschrieben: Hallo Stefan

Entsteht die Besiedlung von lebendem und totem Holz nur mittels Pollenflug? Wenn ein Pollen auf nicht adäquatem Substrat landet, dann stirbt er wohl einfach, oder? Wie kommt er aber dann in das marode Innere eines Stammes, wenn das Aeussere noch völlig gesund ist? Oder gelangen sie wie z.B. die Ganoderma über Risse und ähnliche Verletzungen in den bis änhin gesunden Kern und starten dort die Weissfäule?
- Ich versuche einmal deine Fragen (bin zwar nicht STEFAN „ggg“) schnell heruntergeschrieben und grob zu beantworten:

(1) Pilze (sind keine „Pflanzen“!!!) bilden keine „Pollen“ sondern verbreiten sich über „Sporen“, die „sexuell“ durch „Kernverschmelzung und anschließender Reduktionsteilung“ (Meiosporen) oder „vegetativ“ (Mitosporen) erzeugt werden.

(2) Die Frage, ob Pilze nur durch „Sporenflug“ lebendes oder totes Holz besiedeln muss man m.E. im Sinne von „Radio ERIWAN“ wie folgt beantworten:

- Im Prinzip JA, sofern die Sporen unter geeigneten Witterungsbedingung auf ein geeignetes Substrat fallen und der Baum seine Abwehrkräfte nicht wirkungsvoll aktivieren kann:
---> Aber auch ein „Überspringen“ des Myzels bei Substratkontakt oder (insbesondere bei „wurzelbündigen“ Pilzarten) über „Rhizomorphe“ (sterile, wurzelähnliche Myzelstränge) ist nicht ungewöhnlich.

===> So nebenbei: Ein „derartiges Überspringen“ habe ich letzte Woche beobachtet: Da zeigten sich Fruchtkörper von „Hypholoma capnoides (Graublättriger Schwefelkopf)“ auf einem Buchenstamm, der quer über einer von „Hypholoma capnoides“ befallenen Fichte lag.
---> Ich kann mir hier (H. capnoides ist ein Nadelholz-Bewohner) nicht so recht vorstellen, dass die Buche durch „Sporen“ infiziert wurde.

(3) Die Frage nach den potentiellen Infektionsstellen ist einfach zu beantworten:

- Ein vitaler, lebender, nicht beschädigter Baum bietet kaum eine Angriffsfläche für eine Pilzinfektion durch holzzersetzende Pilze:

(a) Die unbeschädigte Rinde ist besonders widerstandsfähig und kann eine „Pilzinfektion“ wirkungsvoll abschmettern.
---> Grund: Enthält nur ca. 20% Zellulose und einen erhöhter Anteil an „toxisch“ wirkender Gerbsäure.(b) Nur die Wurzeln (insbesondere die „Wurzelspitzen“) bieten eine potentielle Angriffsfläche für einen Pilzbefall.
---> Aber, sogar diese Feinwurzeln werden, sofern durch Mykorrhizapilze besiedelt, durch deren um die Feinwurzel gesponnenen Myzelmantel weitgehend vor einem Befall durch „parasitäre“ Pilzarten geschützt.
(4) Du kannst vereinfacht gesagt davon ausgehen, dass eine Pilzinfektion praktisch nur über eine Wunde (hervorgerufen z.B. über Astbruch/-schnitt, Rindenverletzung auch im Wurzelbereich) oder absterbende/abgestorbene „Äste“ erfolgt. Und dann bevorzugt nur, wenn es dem Baum nicht gelingt, schnell und wirkungsvoll die Wunde zu schließen.
---> Die Schwachstelle bleibt der Wurzelbereich, bei dem z.B. aggressive „Schächeparasiten“ wie „Hallimasch“ und „Wurzelschwamm“ über „Wurzelkontakt“ oder über „Rhizomorphen“ noch lebende (aber vermutlich geschwächte Bäume) infizieren können.

(5) Interessant ist noch folgender Aspekt: Bei der „Wunde“ kommt es auch noch auf den Ort am Baum an.
---> Vergleiche „Ökologische Nischen“ im Anhang.

(6) Ansonsten sollte man zwischen einem Befall noch „lebender Bäume“ und „Todholz“ unterscheiden.
---> Bei „lebende Bäumen“ besiedelnde „Schwächeparasiten“ geht man davon aus, dass eine Fruchtkörperbildung an Baumstümpfen oder gefällten Stämmen eine Folgeerscheinung einer Infektion am noch „lebenden Baum“ ist.
---> Anders ausgedrückt: Das Holz wurde vermutlich bereits vor dem „Fällen“ infiziert und das Myzel kann sich nach Wegfall der natürlichen Abwehrreaktion des Baumes „üppiger“ entwickeln und Fruchtkörper ausbilden.

Noch eine Abschlussbemerkung:
- Das Äußere des Baumes ist m.E. höchstens „scheinbar“ intakt, wenn das Innere durch einen holzabbauenden Pilz zersetzt wird:
---> Als Eintrittspforte für den Pilzbefall gibt es m.E. grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die eine Pilzinfektion bei „scheinbar“ intakter Rinde vortäuschen können: (a) eine rel. kleine „Wunde“, die zwischenzeitlich „überwallt wurde“ oder (b) eine Infektion über den „Wurzelbereich“, die ungleich schwieriger (es sei denn, man kennt die Pilzart und/oder das Schadbild) zu bewerten ist.
---> Bei deiner durch „Blitzschlag“ schwer geschädigten Eiche hatte der Baum (auch wenn er noch so vital war und die Schadstelle notdürftig durch teilweise „nachträgliche Überwallung“ repariert hat) keine Chance sich gegen die Pilzinfektion zu wehren.
------------
kurtjegle hat geschrieben: Ich sehe inzwischen die Pilzumwelt auf meinem Land mit ganz anderen Augen als noch zuvor. Damals gab es essbare und andere. Gut, von Mykorrhiza hatte ich schon etwas Ahnung
- Deine Bemerkung ist für mich ein „Erfolgserlebnis“ und zugleich ein Ansporn weitere „Pilzfreunde“ zu infizieren, über den Tellerrand hinaus zu schauen und sich auch für Zusammenhänge zu interessieren.
---> Finde ich übrigens zwischenzeitlich viel interessanter, als sich mit Arten-/Var.- oder Formen-Konzepten (*) herum zu schlagen, bei denen „n“ Autoren „n+1“ unterschiedliche Einschätzungen verbreiten.
---> Ok, damit schlage ich mich gelegentlich (ohne Autoritätsglauben!!!) auch rum, wenn ich einen „Sippenkomplex“ aus eigener Anschauung bewerten kann. Zuletzt HIER.

(*) Ist auch verständlich, da jeder Bearbeiter sein eigenes Artkonzept (ohne das nachvollziehbar begründen zu müssen!) vorstellen darf.

===> [/b]Meine Aufforderung an ALLE:[/b]
- Zeigt weniger „Autoritätsglauben“, sondern beurteilt Funde verstärkt auch nach eigener Beurteilung.
- Und als Pflichtlektüre (kritische Äußerungen von anerkannten Profis) empfehle ich:

[1] Clemencon (1988): Die Basidie; ZfM 54(1)

[2] E. Mayr (2000): Das ist Biologie. Die Wissenschaft des Lebens; Spektrum
---> Einer der bekanntesten Biologen des letzten Jahrhunderst, der sich hier sehr kritisch zum Thema „Biologie als Wissenschaft“ äußert.

[3] H. Romagnesi (1977): Sur la multiplication excessive des genres en mycologie; Bull. Doc. Myc. Fr. 93(2):233-259. In Deutsch auch in APN (1987)-5(1):30-53 erschienen.

[4] T.W. Kuyper (1987): Reflektionen über taxonomische Erkenntnisse; Beitr. z. Kenntnis der Pilze Mitteleuropas 3:55-61

[5] R.P. Korf (2005): Reinventing taxonomy: a curmulgeous view of 250 years of fungal taxonomy, the crisis in biodiversity and the pillfalls of the phylogenicticage; Mycotaxon 93:407-415

[6] G.J. Krieglsteiner (1987): Wege aus der taxonomischen Sackgasse; APN 5(1):53-69

[7] etc., etc. …
-------------------

Und abschließend noch wenige Quellen, die du dir beschaffen solltest:

[1] H. Jahn (1979). Pilze die an Holz wachsen; Busse-Verlag
---> Gibt es zwischenzeitlich als Nachfolgeauflage (verm. in einem anderen Verlag;habe das nicht nachgeprüft)

[2] H. Butin (1996): Krankheiten der Wald- und Parkbäume; Thieme-Verlag
---> Ist übrigens unser Mitglied HEINZ (Prof. Heinz Butin, bekannter Forstpathologe), der „so hoffe ich“ meine Beiträge auch bewertet und mich evtl. korrigiert, wenn ich als Amateur „Mist“ verbreite.

[3] H. Butin et al. (2003). Farbatlas Gehölzkrankheiten; Ulmer Verlag
---> Ein hervorragendes Buch, das in Farbbildern allerdings mehrheitlich keine holzzersetzende Pilze zeigt.
-------------------------------

Ok.: Ich zeige noch als Anhang wenige Übersichtsfolien (etwas wahllos herausgegriffen aus meinem Fundus) zu diesem Themenkomplex.

Grüße
Gerd

PS.:
- OK, meine Anhänge bringe ich noch als Nachtrag. Muss da noch geeignete Folien aus meinem Fundus heraus suchen/extrahieren.


Nachtrag: 05.11.2009:02:05Uhr (in blauer Schrift)

- Hier noch als Anhang die versprochenen Folien (teilweise ziemlich alt) aus meinem Fundus. Beachte dabei bitte, dass es nur "Übersichtsfolien" sind und die Detailfolienh den Rahmen des Forums sprengen würden.

- So nebenbei: In meinen "Uraltfolien" taucht noch der Begriff "Saprophyt" auf.
---> Den mag ich zwischenzeitlich (Pillze sind schließlich keine Pflanzen) nicht mehr und bitte dich diesen Begriff durch "Saprobiont" zu ersetzen
Dateianhänge
Holzzersetzung.pdf
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Baum-,Holzschäden.pdf
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Baumpilze(Literatur).pdf
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HolzabbauendePilze.pdf
(711.83 KiB) 192-mal heruntergeladen
ÖkoNischen.pdf
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WirtswahlHolzbewohnenderPilze.pdf
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kurtjegle
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Noch ein Thema, das die Baumliebhaber spaltet. Es geht um den Wundverschluss. Bis zu einer bestimmten Wundgrösse wird die Wunde mit der Zeit vollkommen überwallt, bei zu grosser nicht mehr vollständig. Die eine Fraktion verlangt eine Versiegelung der Wunde, um sie vor den Pilzsporen zu schützen. Die andere Fraktion sagt, es seien so viele Sporen in der Luft, dass ein Wundverschluss sowieso zu spät komme. Man schaffe dadurch ein optimales Mikroklima bezüglich Wärme und Feuchtigkeit für die schon eingedrungenen Sporen (nicht Pollen, ich weiss, war nur ein Schreibfehler). Wer hat nun recht?

Gruss
Kurt
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Kurt,
kurtjegle hat geschrieben: Noch ein Thema, das die Baumliebhaber spaltet. Es geht um den Wundverschluss.
- Ja , ich weiß, dass dieses Thema genau so kontrovers diskutiert wird, wie früher das Thema "Abschneiden oder Raushebeln" von Fruchtkörpern.

---> Wenn du meine nachträglich eingefügten Anhänge in meinem Vorbeitrag anschaust, kannst du evtl. erahnen, wie ich dieses Problem bewerte.
---> Ich melde mich dazu (nach Blick auf die Uhrzeit :un: ) noch demnächst.

Grüße
Gerd
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Gerd †
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Gerd hat geschrieben: ---> Ich melde mich dazu (nach Blick auf die Uhrzeit :un: ) noch demnächst.
Hallo Kurt,

Voilà:
kurtjegle hat geschrieben:Noch ein Thema, das die Baumliebhaber spaltet. Es geht um den Wundverschluss. Bis zu einer bestimmten Wundgrösse wird die Wunde mit der Zeit vollkommen überwallt, bei zu grosser nicht mehr vollständig. Die eine Fraktion verlangt eine Versiegelung der Wunde, um sie vor den Pilzsporen zu schützen. Die andere Fraktion sagt, es seien so viele Sporen in der Luft, dass ein Wundverschluss sowieso zu spät komme. Man schaffe dadurch ein optimales Mikroklima bezüglich Wärme und Feuchtigkeit für die schon eingedrungenen Sporen (nicht Pollen, ich weiss, war nur ein Schreibfehler). Wer hat nun recht?
Vor diesem Beitrag habe ich bei Astschnitt die Wunde auch mit „Wundverschlussmittel“ zugeschmiert.

Doch „Wundverschlussmittel“ spare ich mir jetzt und folge den Ratschlägen der Praktiker (z.B. Baumpfleger) und Forstpathologen:

(1) Vertraue auf die „Abwehrreaktion“ des Baumes und schneide nach dem Laubaustrieb.

(2) Beim Schnitt den „Astkragen“ nicht verletzen und keine „Stummel“ stehen lassen.

(3) Der Verschluss der Wunden wurde durch Versuche als weitgehend nutzlos entlarvt, schafft ein für die Sporenkeimung eher günstiges Mikroklima (Windstille und Feuchtigkeit) und kostet nur Geld.

(4) Ein Verschluss des Kambium-Bereichs (nicht aber der gesamten Schnittstelle) bei Schnitt von Ästen >10cmØ kann insbesondere bei Schnitt außerhalb der Vegetationsphase des Baumes sinnvoll sein, da dadurch ein Austrocknen des Kambiums reduziert wird und der Baum in der nachfolgenden Vegetationsperiode mit einer intensiveren „Überwallung“ reagieren kann.

Grüße
Gerd

Und hier noch wenige "Mühsam zusammengsuchte" Links zum Thema:

http://www.agb.at/pictures/file_1238499 ... 5e7dde.pdf

http://www.mufv.rlp.de/fileadmin/img/in ... chnitt.pdf

http://www.llh-hessen.de/veranstaltunge ... 110107.pdf

http://www.neuried.de/export_download.php?id=1714

http://www.treedictionary.com/DICT2003/ ... index.html
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kurtjegle
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Gerd

Ich bin dabei, deine Links über Holzzersetzung durchzuarbeiten. Da habe ich mich an eine andere Eiche erinnert. Am sicht- und ertastbaren (durchgezogene Linie auf der Skizze) Teil ist die Überwallung perfekt gelungen. Glatte, völlig geschlossene Oberfläche. Den gestrichelten Teil im Innern konnte ich nicht ertasten, da das Totholz dort noch vorhanden ist.Das sichtbare Totholz ist komplett verrottet. Ich nehme an, dass das noch gesunde Holz die Form eines geschlitzten dickwandigen Rohres hat. Der Klopftest ergibt einen "hohlen" Klang. Nütze oder schade ich dem Baum, wenn ich das Totholz herauspuhle? Pilze sind keine zu sehen, die Verrottung hat wohl die finale Phase schon hinter sich. Ob die Absperrschicht im Inneren schon rundherum dicht ist?

Gruss
Kurt

Nachtrag:
Ich sehe gerade, dass du in einem Link schreibst: "Baum-Aushöhlung/-Versiegelung meist wirkungslos". Ich interpretiere das mal positiv, d.h. ich kann das Totholz herauskratzen. Ich darf ihn nur nicht zusätzlich verletzen (mit scharfem Werkzeug) und keine Tasche schaffen, in der sich Wasser ansammeln kann. Richtig?
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P1000758Überwallung Skizze.JPG (172.22 KiB) 3903 mal betrachtet
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Kurt,

kurtjegle hat geschrieben: Da habe ich mich an eine andere Eiche erinnert. Am sicht- und ertastbaren (durchgezogene Linie auf der Skizze) Teil ist die Überwallung perfekt gelungen. Glatte, völlig geschlossene Oberfläche. Den gestrichelten Teil im Innern konnte ich nicht ertasten, da das Totholz dort noch vorhanden ist.Das sichtbare Totholz ist komplett verrottet. Ich nehme an, dass das noch gesunde Holz die Form eines geschlitzten dickwandigen Rohres hat. Der Klopftest ergibt einen "hohlen" Klang.
Ich bin zwar kein „Fortpathologe und auch kein Baumpfleger“ (also kein Fachmann auf diesem Gebiet) und versuche meine Einschätzung (Literaturwissen) weiter zu geben:

- Deine Eiche wurde massiv (ich vermute einen Blitzeinschlag) geschädigt und das kann man auf deinem Bild (trotz fortschreitender Überwallung) gut (auch ohne Klopftest) erkennen. Eine derartig starke Schädigung wird ein Baum wohl kaum durch lokale Abschottung überwinden können.

- Zuerst die guten Nachrichten:
“[1, S.7 hat geschrieben:“]
Zu den effektiven Kompartimentierern (*) gehören u. a. Buche, Eiche, Hainbuche, Linde, Platane sowie Kiefer. Stiel-Eichen können auch relativ große Schäden effektiv abschotten, Rot-Eichen hingegen weniger.
(*) Anders ausgedrückt verfügen Stiel-Eichen über eine hohe „aktive Resistenz“ und können auch noch rel. große Schäden abschotten.
--------------

Sofern nur das „Kernholz“ zersetzt ist, wird der Baum in seinem Dickenwachstum nicht behindert und kann noch jahrelang weiterwachsen.

---> Ein Problem (die schlechte Nachricht!) ist, dass durch das fehlende Kernholz, die Stabilität des Baumes nicht mehr gewährleistet ist und der Baum durch Sturm, Schneelast etc.„zusammenbrechen“ kann.

Hierzu ein Beispiel aus meinem Fundus, was z.B. mit einer stark geschädigten Buche (Stammbruch häufig sogar im Sommer)passiert:
Zunderschwamm_Schadbild.jpg
Zunderschwamm_Schadbild.jpg (117.7 KiB) 3860 mal betrachtet
; Bild wurde mir von K. Müller, Dornstadt zur Verfügung gestellt.

kurtjegle hat geschrieben:
Pilze sind keine zu sehen, die Verrottung hat wohl die finale Phase schon hinter sich. Ob die Absperrschicht im Inneren schon rundherum dicht ist?
- Wenn der zersetzte Kern die „finale Phase“ schon hinter sich hat, dann kannst du m.E. davon ausgehen, dass die endgültige Zersetzung durch „Bakterien, Kleintiere, Humus bewohnende Pilze etc.“ erfolgt. Und die dürften das noch „vitale“ Holz (Kambium, Splintholz) eher nicht schädigen.

- Die massive Rindenschädigung (die wohl stark bis in’s „tote“ Kernholz vorgedrungen ist) liegt m.E. schon einige Jahre zurück. Mich wundert, dass du da noch nie Fruchtkörper gesehen hast.

- Klar ist mir, dass die „Sperrschichten“ vorrangig durch „Frühzellen“ und Abwehrreaktionen des noch nicht toten „Spintholzes“ erzeugt werden. Mich wundert deshalb nicht, dass bei einer derartig starken Schädigung der „vitalen“ Holzanteile das „tote Kernholz“ nicht rechtzeitig abgeschottet werden konnte.

---> Ob eine rundum dichte Abschottung der „jüngeren“ Jahresringe erfolgte, kann ich nicht beurteilen.
-------------------------------
kurtjegle hat geschrieben: Nachtrag:
Ich sehe gerade, dass du in einem Link schreibst: "Baum-Aushöhlung/-Versiegelung meist wirkungslos". Ich interpretiere das mal positiv, d.h. ich kann das Totholz herauskratzen. Ich darf ihn nur nicht zusätzlich verletzen (mit scharfem Werkzeug) und keine Tasche schaffen, in der sich Wasser ansammeln kann. Richtig?
- Ich würde dir ein „herauskratzen“ nicht empfehlen:

---> Du riskierst dabei m.E. (auch bei vorsichtigen Vorgehen) nur eine Beschädigung der Sperrschichten.
---> Übrigens wird es dir eh nicht gelingen, alle zersetzten Holzanteile zu entfernen und erst recht nicht alle evtl. noch vorhandenen Myzelien, die bereits in „scheinbar“ noch unzersetzte Holzbereiche vorgedrungen sind.

Fazit:
- Das „Herauskratzen“ des Schadholzes müsste rigoros auch noch lebende Bereiche umfassen und schädigt drastisch die Sperrschichten.
- Und eine anschließende Versiegelung (z.B. durch Zementkern) fördert zwar die Stabilität des Baumes aber schafft zusätzlich auch ein ideales „luftabgeschlossenes, windstilles“ Mikroklima für Myzelreste, die nicht herausgekratzt wurden.



Grüße
Gerd

Literatur:

[1] Das CODIT-Prinzip
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
kurtjegle
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Gerd
- Dass ich früher noch keine Reduzenten gesehen habe, liegt daran, dass ich früher nicht darauf geachtet habe. Von wegen Auskratzen bin ich voll auf deiner Linie. In meinem "Urwald" greife ich gründsätzlich nicht in den natürlichen Ablauf der Dinge ein. Also ganz sicher kein Zement. Ich will lernen, nicht beeinflussen oder zerstören. Leider bin ich schon 68, habe als Mann statistisch nur noch ca. 10 Jahre für meine Beobachtungen. Verkürzend wirkt noch der beträchtliche Konsum von Rotwein und Zigaretten. Aber es macht Spass. Nur eine kleine Abschweifung.

Gruss
Kurt
kurtjegle
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Gerd

Ich habe im Internet noch einen meiner Meinung nach guten Artikel gefunden. Schau mal rein.

Gruss
Kurt
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Gerd †
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Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von Gerd † »

Hallo Kurt,
kurtjegle hat geschrieben: Ich habe im Internet noch einen meiner Meinung nach guten Artikel gefunden. Schau mal rein.
- Meine Bewertung:

(1) Nicht schlecht: Ein Artikel aus der Praxis für die Praxis.

(2) Nur noch zwei Aussagen im Bericht, denen ich nicht zustimme:
-8: Piptoporus betulinus (Birkenporling)
(ganzjährig, mehrjährige Fruchtkörper.
Stamm / Krone)
---> Diese Pilzart ist "einjährig" und nicht "mehrjährig"!!! Die Fruchtkörper können bis weit in das Folgejahr am Baum bleiben und verrotten da immer stärker. Und eine "ganzjährige" Fruchtkörperbildung ist auch nicht korrekt.
-9: Fomes fomentarius (Echter Zunderschwamm)
(einjährig, das ganze Jahr über feststellbar.
Stamm / Krone)
---> Aber, dafür ist diese Art "mehrjährig" und kann bis zu 10 -15 Jahre alte Fruchtkörper bilden.


(3) Ok, der Bericht bringt vorrangig nur Kochrezepte, nach denen man die Statik/Verkehrsgefährdung von Bäumen beurteilen kann.
---> Ich hätte da noch auf "Frühsymptome" (z.B. Schleimfuss bei Buche, "untypisch starke Harzbildung") hingewiesen, die man als Abwehrreaktion des Baumes auf eine von außen evtl. noch nicht/nur schwer erkennbare Schädigung des Baumes deuten muss.
---> Und zusätzlich hätte ich bei den Pilzarten noch die Art der "Fäule" (Braun-, Weißfäule) angegeben.


Grüße
Gerd
Fomes_fomentarius_DSCN2059.jpg
Fomes_fomentarius_DSCN2059.jpg (110.63 KiB) 3868 mal betrachtet
- Beachte bei diesem Bild, dass hier mehrere Fruchtkörper zusammengewachsen sind. Also bei der Beurteilung nur die "Jahresringe" der Einzefruchtkörper zählen.
- Ich mache nur Bestimmungsvorschläge und keine Essensfreigabe.
kurtjegle
treues Mitglied
Beiträge: 488
Registriert: Mo 13. Jul 2009, 17:21

Re: Pilz auf verletzter Eiche

Ungelesener Beitrag von kurtjegle »

Hallo Gerd

Die ziegelroten Schwefelköpfe von Gruppe 0 und 2 sind einfach zu einer sehr dunklen, gallertartigen Masse in sich zusammengeschrumpft. Das (Zwischen?)stadium von Gruppe 1 haben sie nie gezeigt. Die Getrockneten von Gruppe 1 und 2 haben jetzt allerdings dieselbe dunkelbraun bis schwarze Farbe, ebenso wie das, was ich für Sporen halte. Schlussfolgerung daraus kann ich keine anbieten, ganz hinten im Kopf wollen die Zweifel einfach nicht zu nagen aufhören, dass es sich doch um verschiedene Pilze handeln könnte.

Gruss
Kurt
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